100 Fragen an die Orthodoxie

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Nassos
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100 Fragen an die Orthodoxie

Beitrag von Nassos »

Habe mir vor kurzem das Buch von Anastasios Kallis "100 Fragen zur Orthodoxie" geholt.
Kennt ihr den Mann bzw. seine Bücher? Was ist Eure Meinung hierzu?

Bitte sachlich.

Danke.

Nassos
Loukia
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Beitrag von Loukia »

Ich habe gelesen, da soll oft eher seine Meinung stehen als die Aussagen der Kirche aber ich weiß es ehrlich gesagt nicht...
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Nassos
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Beitrag von Nassos »

Hey Loukia,

danke!

BTW: dat war jetzt Dein 700er Beitrag. :silvester2_biggrin:

Drinks für alle!

Nassos :prost:
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Deki
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Beitrag von Deki »

Guten Abend zusammen!

Ich rate strengstens davon ab! Herr Kallis war bereits zeit seiner akademischen Tätigkeit in Münster ein Ökumenist, der bis heute eine "Orthodoxie light" vertritt - mit allen entsprechenden Auswirkungen.
In keinem Fall steht er für eine authentische - auf das Erbe der Kirchenväter gestützte - Theologie

Protestantismus mit Ikonen.

MfG
Anastasis+
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Re: 100 Fragen an die Orthodoxie

Beitrag von Anastasis+ »

Nassos hat geschrieben:Habe mir vor kurzem das Buch von Anastasios Kallis "100 Fragen zur Orthodoxie" geholt.
Kennt ihr den Mann bzw. seine Bücher? Was ist Eure Meinung hierzu?

Bitte sachlich.

Danke.

Nassos
Ich kenne das Buch "Gott ist lebendig" - ein Katechismus für Kinder von orthodoxen Franzosen verfasst und von Prof. Kallis Verlag auf Deutsch herausgegeben. Hat mir sehr gut gefallen.

Zu dem von dir angesprochenen Buch, welches ich auch kenne, kann ich dir sagen, dass ich über einige Antworten überrascht war. Was ist denn dein Eindruck, lieber Nassos, du hast ja wahrscheinlich schon hineingeblättert?
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holzi
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Beitrag von holzi »

Deki hat geschrieben:Ich rate strengstens davon ab! Herr Kallis war bereits zeit seiner akademischen Tätigkeit in Münster ein Ökumenist, der bis heute eine "Orthodoxie light" vertritt - mit allen entsprechenden Auswirkungen.
Aha, in Münster, dort kann man übrigens auf der katholischen Theologischen Fakultät auch das "kleine Häretikum" machen. Und in Tübingen dann das Große! ;)
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Nassos
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Beitrag von Nassos »

Durchgeblättert ja. Aber noch nicht richtig gelesen.
Ich habe einmal kurz gestutzt. Aber ich werde mich später hierzu äußern, ich möchte dies nochmal nachlesen, damit ich das nicht falsch verstanden habe.

Hier eine spezifischere Frage: spiegelt sich die o.g. Meinung (Ökumenist) in dem Buch der 100 Fragen wieder? - Ist ja auch Wurscht, ich les es mal durch und mach mir mein eigenes Bild.
Nassos
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Beitrag von Nassos »

Bin nicht durch, habe aber bisher nicht krummes finden können.

Hier mal ein Punkt, denn diese Frage beschäftigt uns ja: Orthodoxie in der Diaspora.

"...Darin sind sich alle autokephalen orthodoxen Kirchen einig, nicht jedoch im Hinblick auf eine konkrete organisatorische Struktur. Während die einen unter Berufung auf die Kanones 2 und 3 des II. Ökumenischen Konzils (381) und auf Kanon 28 des IV. Ökumenischen Konzils (451) meinen, allein dem Ökumenischen Patriarchat, das in der Familie der orthodoxen Kirchen einen Vorrang der Würde innehat, stehe die Jurisdiktion über orthodoxe Diözesen außerhalb der Grenzen der anderen Patriarchate bzw. autokephalen Kirchen zu, akzeptieren die anderen diese Interpretation der Kanones nicht und favorisieren das Nationalitäts- und Missionskriterium, nach dem die jeweilige autokephale Mutterkirche die Verantwortung in der Diaspora trage. Diese gegensätzlichen Positionen können durch das pastorale Kriterium überwunden werden, das die kanonische Überlieferung unter dem Aspekt der pastoralen Einheit der Ortskirche betrachtet..."

"...Eine reele Chance, die gegenwärtige, der orthodoxen Ekklesiologie nicht konforme Situation der orthodoxen Kirche in den genannten Regionen in eine kanonische Ordnung zu bringen, könnte die Orientierung auf das Metropolitansystem der alten Kirche bieten. Unter der Leitung eines Metropoliten als primus inter pares schileßen sich alle Bischöfe der Region in einer Synode zusammen, die das oberste Organ der Ortskirche bildet..."

"...Dies setzt allerdings eine gewisse Eigenständigkeit der Metropolitanverbände entsprechend ihrer Reife und pastoralen Notwendigkeit voraus. Autonomie bzw. Autokephalie wäre perspektivisch der kanonische Status, wie es auch die strukturelle Entwicklung der orthodoxen Ortskirchen zeigt. Insofern erscheint es uneinsichtig, dass z.B. die orthodoxe Kirche in den USA nicht den Status einer autokephalen Kirche erhalten hat. Dieser Prozeß des Mündigwerdens ist allerdings ohne die gemeinsame Mitwirkung der autokephalen orthodoxen Kirchen, vor allem der direkt betroffenen, auf normalem, friedlichem Weg nicht möglich."


Ich habe zwar nicht alles begriffe, weil ich mich nicht top auskenne in der Struktur und den Kanones, aber ich glaube verstanden zu haben, dass hier ein guter Weg zu einer guten Lösung vorgestellt wurde.

Ich werde hin und wieder mal was reinstellen, das mir wichtig genug erscheint.

Ach ja, worin sich die autokephalen orthodoxen Kirchen einig sind, ist, dass die Bezeichnung Diaspora für die Zeit der Errichtung der Diözesen zutrifft, aber nicht mehr für die Mehrzahl der gemeinten Orthoxen, denn die Einwanderungsländer ihrer Eltern und Großeltern sind ihre Heimat geworden.

Wie seht ihr das?

Gruß,
Nassos
Anastasis+
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Beitrag von Anastasis+ »

"...Eine reele Chance, die gegenwärtige, der orthodoxen Ekklesiologie nicht konforme Situation der orthodoxen Kirche in den genannten Regionen in eine kanonische Ordnung zu bringen, könnte die Orientierung auf das Metropolitansystem der alten Kirche bieten. Unter der Leitung eines Metropoliten als primus inter pares schileßen sich alle Bischöfe der Region in einer Synode zusammen, die das oberste Organ der Ortskirche bildet..."
Ich denke, so in etwa wurde das dieses Frühjahr in Chambesey beschlossen. Dabei sollen sich die verschiedenen Bischöfe unter der Leitung des im Ehrenrang an erster Stelle stehenden Bischof zu einer Synode zusammenschließen. Die Regionen in denen die sogenannte Diaspora unterteilt wird, wurde dabei auch schon veröffentlicht. So wird etwa beispielsweise Deutschland eine Region mit gemeinsamer Bischofsynode, ebenso wie Österreich und Nordamerika.

So weit ich weiß ist noch diesen Herbst ein panorthodoxes Treffen anberaumt in dem es über die Autokephalie und die Wege in diese gehen soll. Vielleicht weiß aber jemand von euch mehr? Joseph z.B. ;) ?
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Nassos
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Beitrag von Nassos »

Meine Gedanken waren u.a. auch bei brother Joseph, als ich dies las.
Anastasis, danke für die Hinweise, ich selber wusste davon nichts... :oops:

Gruß,
Nassos
Nassos
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Beitrag von Nassos »

holzi hat geschrieben:"kleine Häretikum" machen. Und in Tübingen dann das Große!
Hallo Holzi,

was genau ist damit gemeint? Hört sich ja fast an, wie ein Göthe-Sprachdiplom...;-)

Gruß,
Nassos
holzi
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Beitrag von holzi »

Nassos hat geschrieben:
holzi hat geschrieben:"kleine Häretikum" machen. Und in Tübingen dann das Große!
Hallo Holzi,

was genau ist damit gemeint? Hört sich ja fast an, wie ein Göthe-Sprachdiplom...;-)
Das Häretikum ist ein Theologie-Diplom. Der Scherz vom "Häreticum", das man in Tübingen und Münster ablegen könne, bezieht sich auf die zum Teil katastrophale Lehre, die an diesen beiden Universitäten in der Theologie getrieben wird:
http://kreuzgang.org/viewtopic.php?f=3& ... um#p120470
http://kreuzgang.org/viewtopic.php?f=1& ... um#p179020
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Joseph
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Beitrag von Joseph »

Anastasis+ hat geschrieben: ....So weit ich weiß ist noch diesen Herbst ein panorthodoxes Treffen anberaumt in dem es über die Autokephalie und die Wege in diese gehen soll. Vielleicht weiß aber jemand von euch mehr? Joseph z.B. ;) ?
Ja der Joseph weiß darüber einiges aber nicht alles. Darüberhinaus hat er ziemlich drastische z.T. negative, Ansichten, welche er mit einem großen Teil der NA Orthodoxen teilt, was eine Lösung "von draußen" in NA anzurichten versucht.

Ich habe im Moment wenig Zeit, versuche aber Euch auf dem laufenden zu halten was sich in dieser Sache tut (ich werde im Englischen Teil Artikel posten). Denn wie NA ergeht so wird es auch Europa ergehen...

Noch etwas, es gibt, besonders von Constantinople aber auch anderen OK der alten Welt, Versuche eine Einigung der OK in NA mit allen Mitteln zu verhindern. Was immer die Argumente sind die vorgebracht werden, es geht alles leider auf das liebe Geld zurück. Die Ethnarchen in NA sind zu Bankangestellten degradiert worden die das "grüne" Futter in die alten Länder liefern müssen.

Wie ihr wißt bin ich in der OCA (Orthodox Church in America, seit 1796 in NA) welche 1970 von Moskau die Autocephalie erhalten hat. Alle anderen OK in NA sind aus diesem Grund schon von fragwürdiger jusrisdiktioneller Existence. So wie die Sache aussieht sind wir nicht erpicht mit einer anderen SCOBA (Standing Conference of Canonical Orthodox Bishops) vertröstet zu werden. Die bestehende SCOBA wurde schon mehrmals vom EP torpediert (Google Ligonier) und eine neue ähnliche Versammlung unter dem EP wird hier keine Akzeptanz finden...

Wie ich es sehe gibt es nur einen Weg zur OEinheit in NA und die ist das sich OCA und Antioch zusammenschließen und die GOA (Greek Orthodox Archdiocese) sich, wann immer auch sie vom EP dazu Erlaubnis erhält oder willens ist ihr ethnisches Ghetto zu verlassen, sich der OK in NA anschließt. Sollte dies jemals geschehen dann wäre der Jubel groß, aber es sieht eher danach aus, daß es ein Zustand werden wird in welchem die Vergreisung der ethnischen Kirchen sie zum Aussterben bringt während die missionierende konvertiten Kirche im Ende übrig sein wird....

Das ist alles sehr unerfreulich, aber leider haben manche der Patriarchen und Bischöfe in den alten OLändern mehr Interesse an Kirchenpolitik und dem ununterbrochenen Fluß von Geld aus der Neuen Welt als an einer vereinigten OK in NA oder gar der Verbreitung der Frohen Botschaft dortselbst...

Wie ihr seht habe ich eine, ziemlich erregte und hitzige, Meinung in der Sache....

Gruß
Joseph

PS: Es brauchte fast 500 Jahre bis Moscow's Autocephalie vom EP anerkannt wurde. So wir, die OCA, haben schon 213 Jahre davon abgesessen... So wie die Dinge aber liegen gibt es in 500 Jahren sicher kein EP mehr. Das wäre bedauerlich, aber bei der wirklich dummen Politik des Phanars wundert mich nichts mehr....
Wenn die Menschen gottlos werden, sind die Regierungen ratlos, die Lügen grenzenlos, die Schulden zahllos, die Besprechungen ergebnislos, die Aufklärung hirnlos, die Politiker charakterlos, die Christen gebetslos, die Kirche kraftlos, die Völker friedlos, die Verbrechen maßlos
(Antoine de Saint-Exupery)
Nassos
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Beitrag von Nassos »

Ich habe das Buch durch. Teils hochinteressant, teils ermüdend (die Sprache sollte einen Tick einfacher sein).

Ich kann jetzt die Bedenken einiger hier besser verstehen. Nun, manche Punkte sind sicher mutig. Ich möchte jetzt nicht auf die schwierigen Fragen eingehen.

Aber was mich nachdenklich gemacht hat ist die Aussage, dass die Tradition sich nicht selber blockieren darf. Bestimmt hätten die Hll. Väter dies auch so gesehen (der Tradition wegen das Wesentliche nicht zu übersehen).

Könnte man das eine oder andere hier SACHLICH diskutieren, ohne dass mir gleich daraus ein Strick gedreht wird? Ich würde mich sehr freuen konstruktive Für- und Gegenargumente zu hören.
Wenn es Euch interessieren sollte.

Vielen Dank und Gruß,
Nassos
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Evagrios Pontikos
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Registriert: 29.12.2009, 16:09

Re: 100 Fragen an die Orthodoxie

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Kallis' Buch "100 Fragen" habe ich vor vielleicht zwei, drei Jahren gekauft und gelesen, weil ich als evang.-luth. Pfarrer Genaueres über die Orthodoxie erfahren wollte. Ich war erstaunt, wie liberal-durchwässert auch orthodoxe Theologen sein können. Als Beispiel sei genannt: Kallis' Positionen zu den Fragen von Homosexualität und Frauenordination. Da muss es doch jedem Christen, der in der Tradition der Kirche verwurzelt sein will, mulmig werden. Andererseits unterscheidet Kallis deutlich, was die Position der Kirche ist und wie er unter den heutigen Bedingungen der Moderne zu besagter Frage antworten würde. Dadurch habe ich das Buch unterm Strich mit Gewinn gelesen, wenn ich auch die persönliche Meinung von Kallis nicht immer teilen kann. Natürlich erweckt er dadurch zwischen den Zeilen den Eindruck, dass es in der Orthodoxen Kirche auf der einen Seite die konservativen Bischöfe, die sich gegen Reformen sperren, gäbe und auf der anderen Seite die weltoffeneren Theologen und Laien, die gerne Reformen einleiten würden. Er sagt das zwar nicht explizit, aber man hat den Eindruck, dass er das denkt.

Wo das Buch für mich ein großer Gewinn war: Kalllis machte sehr konkret deutlich, wo die Unterschiede in der Entwicklung von Ost- und Westkirche liegen, z.B. das stärker juristisch geprägte Denken der Westkirche von Augustin und Anselm von Canterbury her, das dann in der Rechtfertigungslehre des Mittelalters zu unüberbrückbaren Fronten geführt hat mit den unheilvollen Folgen der Kirchenspaltung zwischen reformatorischen Kirchen und römisch-katholischer Kirche. Hier hat das Buch meiner Meinung nach eine große Stärke, da es ja auch bewusst für deutsche Leser geschrieben worden ist.

Noch zum Vorwurf "Protestantismus mit Ikonen". Es gibt auch ein bekenntnistreues Luthertum, das sich aufrichtig darum bemüht, Glied der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche zu sein. Von daher würde ich den Begriff "Protestantismus" nicht so pauschal verwendet sehen wollen... :wink:
Zuletzt geändert von Evagrios Pontikos am 11.01.2010, 09:41, insgesamt 1-mal geändert.
Pax et bonum!

Evagrios Pontikos

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