songul hat geschrieben:Jetzt habt ihr wunderbar über Historie und Theorie oder eure Reflektionen diskutiert; aber wie stellt ihr euch eine fruchtbare Orthodoxie in deutschen Landen vor?
Hallo Elisabeth,
recht hast du, es muss Butter bei die Fische, sonst schmeckt's nicht. (Bin ausgebildeter Norddeutscher)
Nun, ich mag's mal mit dem anfangen, was ich NICHT für erfolgversprchend halte. Und das wären parallale 'deutsche' Strukturen, also noch eine 'nationale' Komponente.
Eine bekannte amerikanische Psychologin und Soziologin hat mal von der 20-60-20 Regel geschrieben, die sie als ein fast schon gesetzhaftes Auftreten in Gemeinschaften bezüglich fast aller Fragen, gefunden hat. Diese Regel besagt (als ein Beispiel, es könnte sich auch um politische Positionen handeln), dass 20 % in einer Gruppe sich nicht vorstellen können, ohne Fleisch zu leben, 60 % ist das nicht so wichtig und sie könnten sich mehr oder weniger anpassen und 20 % könnten sehr wohl vegetarisch leben.
Bezüglich unserer Frage heisst das: 20% können sich überhaupt nicht vorstellen, NICHT XXX-ethnisch zu sein, 60 % erleben das als eher etwas nicht zum eigentlichen Kern gehörig, könnten sich also vorstellen, 'auch' anderes zu sein, oder zuzulassen und 20% finden es wichtig, dass die Gemeinde DEUTSCH wird.
In der Regel sind die ersten 20% die lautesten und auch die im Kirchenvorstand, im Chor usw. Daher bekommt man ja auch den Eindruck 'die Gemeinde' sei XXX, obwohl es eigentlich nur 20% sind. die 60 % interessiert die Frage nicht so brennend als dass sie sich outen oder gar in eine Auseinandersetzung begeben würden, die letzten 20 % gibt's, aber das sind die, die gerne Starosta, Rechnungsprüfer oder so was wären.
Ich versuche hier in Schweden an die mittleren 60% ranzukommen. Ich finde dort mal mehr mal weniger Verständnis, nie aber Feindschaft. Die beiden Extrem 20%-er sind geradezu dazu geschaffen, Spaltung und Feindschaft in die Gemeinde zu bringen, daher halte ich mich ferne. Ich bin im 'inneren Kreis' der Gemeinde und versuche da (was in meiner jetzigen Gemeinde bedeutet, offene Türen einzurennen) Schwedisch 'hoffähig' zu machen. Auch früher habe ich mit Selbstverständlichkeit dafür geworben, dass Lesungen in verschiedenen Sprachen gesprochen werde, dass Gebete in Sprachen von Anwesenden (und nicht auf alle Fälle Koine oder Kirchenslawisch) gesprochen werden. Und ich habe Widerhall bei den Frommen gefunden, denn die konnten verstehen, worum es ging. Und mit denen zusamen war es dann auch leichter, die XXX zu besänftigen oder so was. Und Literatur über Orthodoxie muss natürlich AUCH in der Landessprache da sein. Das habe ich mit 2 andern Schweden übernommen, daür zu sorgen. Wir pflügen durchs internet und entsprechende Buchläden. Das Auftauchen solcher Bücher wird nicht nur hingenommen, sondern auch mit Zustimmung bedacht. Am Weitesten kommen wir im Kranken- oder Familienbesuchsdienst. Wenn Geschwister verstehen und erleben, dass sie und nicht das 'XXX' Gegenstnd unserer Zuneigung und brüderlichen Liebe sind. Und dabei hat es sich als gut erwiesen, ein Paar aus XXX/Nicht XXX zu sein. Der Priester uist nur allzugerne bereit, Kontakte zu vermittel, und 2 Besuche/Monat ist ein vernünftiges Mass. Immerhinn dauern die auch gerne mal bissel länger
Da es, nach meiner Ansicht, die Aufgabe der deutschsprachigen, oder besser sagen wir mal Einheimischen ist, sich Gehör und Platz zu verschaffen und zu erarbeiten (und nicht primär die der 'Ethnischen' sich abzuschaffen oder sofort anpassungswilligst 'Platz' zu machen), finde ich, sollen wir voran gehen im Aufgaben übernehmen, im Kirche putzen, im Umgang mit Behörden und im Verantwortung übernehmen usw. Russens müssen auch erleben, dass wir nicht wegen der schönen Musik oder des Weihrauchs wegen gekommen sind und Griechens müssen wissen, dass wir da wären auch ohne Strände und Urlaubserleben.
Nicht gegen unsere Geschwister, aber gewiss auch nicht 'unter' ihnen und auch nicht trotz ihrer. Ich bin genauso orthodox wie alle anderen auch!
Liebe Grüsse
Benedikt
D.h. Unsere ethnischen Geschwister müssen uns auch glauben, dass die Orthodoxie bei uns 'gut aufgehoben' ist, wir sie ebenso lieben und tragen, wie sie und ihre Väter/Mütter es getan haben. Und in der nächsten Generation (Janni ist einer) gibt es schon 'ethnisch orthodoxe Deutsche'.