Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach
Verfasst: 01.04.2016, 19:32
Liebe Forumsteilnehmer!
Wenn man sich hier so im Forum umschaut, stellt man fest, dass sich bei der Kalenderproblematik hauptsächlich mit dem julianischen und dem gregorianischen (bzw. neujulianischen) Kalender beschäftigt wird. Ich möchte mit diesem Strang dazu beitragen, dass in die Debatte auch noch stärker der jüdische Kalender mit einbezogen wird, da er für die Wahl des Osterdatums unverzichtbar ist. Ich habe mich mal etwas genauer mit den verschiedenen Kalendersystemen beschäftigt und einige Überlegungen angestellt. Sollte ich irgendwo einen Denkfehler haben, möge man mich bitte berichtigen.
Zunächst einmal wichtige Zeitangaben:
astronomisches Jahr: 365,242191 Tage
neujulianisches Jahr: 365,242222 Tage
gregorianisches Jahr: 365,2425 Tage
jüdisches Jahr: 365,2468 Tage
julianisches Jahr: 365,25 Tage
Es steht ja bereits fest, dass beim Panorthodoxen Konzil die Kalenderfrage nicht behandelt werden soll. Ich persönlich bevorzuge den julianischen Kalender gegenüber dem Mischkalender und bin froh, dass sich die russische Kirche nach diesem richtet. Hauptgrund dafür ist, dass schon heute beim Mischkalender die ganze Apostelfastenzeit komplett verschwinden kann!
Langfristig wird der Mischkalender nicht haltbar sein, da in sehr weiter Zukunft (sofern die Menschheit auf diesem Planeten bis dahin überhaupt noch bestehen würde) Weihnachten in die Große Fastenzeit rutschen bzw. Ostern und Weihnachten am gleichen Tag gefeiert werden könnten.
Beim julianischen Kalender verschieben sich langfristig gesehen nur die Jahreszeiten. Irgendwann könnte Weihnachten im Sommer sein bzw. Ostern im Winter. Die durchschnittlichen Abstände zwischen den Festen blieben aber unverändert.
Langfristig gibt es für den Mischkalender viele Gegenargumente!
Trotzdem stellt sich ja weiterhin die Frage, ob die Kirche nicht komplett zum neujulianischen Kalender übergehen könnte (also inkl. Berechnung des Osterdatums), denn dann würde es ja all die genannten Probleme nicht geben und auch die Jahreszeiten würden sich nicht ändern. Die Dauer des durchschnittlichen neujulianischen Kalenderjahres würde dem astronomischen Kalenderjahr sehr genau entsprechen (sogar genauer als der gregorianische Kalender). Dabei gibt es jedoch ein kleines Problem. Und dieses steckt in der Regeln für das Osterdatum vom Ersten Konzil in Nicäa im Jahre 325. Und nun kommt der jüdische Kalender mit ins Spiel.
Die aus dem Schreiben von Kaiser Konstantin rekonstruierten Regeln für das Osterdatum besagen:
Ostern ist nach dem Frühlingsäquinoktium (dieser wurde später auf den 21. März festgelegt)
Ostern ist nach dem Frühlingsvollmond
Ostern ist nach dem jüdischen Pessachfest (14. Nisan)
Ostern ist an einem Sonntag
Aus diesen Regeln im Zusammenhang mit der Computusberechnung mit Goldener Zahl (1 bis 19) lässt sich zunächst einmal ableiten, dass Ostern immer zwischen dem 22. März und dem 25. April sein muss. Zur Bestimmung des Osterdatums in der Orthodoxen Kirche wird bis heute das Alexandrinisch-Dionysische Vorgehen vom Abt Dionysius Exiguus verwendet. Dabei wird der Mondzyklus von 19 Jahren verwendet. Somit kommt man auf einen Osterzyklus von 532 Jahren. Das bedeutet, dass sich nach 532 Jahren die Osterdaten wiederholen. Mithilfe der Computus-Tabellen kann man für jedes Jahr das Osterdatum bestimmen. Carl-Friedrich Gauß hat das Computusvorgehen in einen eleganten Algorithmus gepackt, mit dem man auch noch heute das orthodoxe (julianische) Osterdatum bestimmen kann.
Ich habe den Algorithmus ausprobiert und erwartungsgemäß funktioniert er auch:
a = Jahr mod 19
b = Jahr mod 4
c = Jahr mod 7
M = 15
d = (19a + M) mod 30
N = 6
e = (2b +4c + 6d + N) mod 7
Ostern = 22. März + d + e
An dieser Stelle sei angemerkt, dass man diesen einfachen Algorithmus auch in den Kalender von Orthpedia implementieren könnte. Dann könnte man dort auch schon die zukünftigen beweglichen Feiertage einsehen. Bis jetzt ist dies nämlich nur für die unbeweglichen Feiertage möglich.
Nun habe ich mich natürlich gefragt, wie genau das alexandrinische Vorgehen wirklich ist. Dass der julianische Kalender gegenüber dem gregorianischen ungenau ist, sollte uns allen ja bekannt sein. Also schon dadurch entsteht auf Dauer ein erheblicher Fehler! Aber hier spielt ja noch rein, dass man 19 (jüdische) Mondjahre von insgesamt 235 Monaten mit 19 (julianischen) Sonnenjahren gleichsetzt. Da der julianische Kalender mit einer durchschnittlichen Jahresdauer von 365,25 Tagen ungenauer und vor allem länger als die durchschnittliche Jahresdauer von 365,2468 Tagen des jüdischen Kalenders ist, wird er dem jüdischen Kalender in Zukunft immer mehr hinterherhinken.
Doch was hat das für Folgen? Um diese Frage auch an konkreten Zahlen zu beantworten, habe ich mich im Internet umgesehen und bin auch fündig geworden. Ich habe einen Algorithmus vom Freiherrn von Zach aus dem Jahre 1802 entdeckt. Mit diesem Algorithmus ist es möglich, ein ziemlich genaues julianisches Datum für das jüdische Pessachfest zu berechnen:
B = Jahr (julianisch)
a = (12B + 12) mod 19
b = B mod 4
M + m = 20 + 9415/98496 + (1 + 272953/492480)a + 1/4b - (313/98496)B
M...ganze Zahl
m...(Dezimal-)Bruch
c = (M + 3B + 5b + 1) mod 7
Fall 1: Wenn c = 2 oder c = 4 oder c = 6, dann Pessach = 1. März + M
Fall 2: Wenn c = 1 und a > 6 und m >= 1367/2160, dann Pessach = 2. März + M
Fall 3: Wenn c = 0 und a > 11 und m >= 23269/25920, dann Pessach = 1. März + M
Fall 4: Wenn sonstige Fälle, dann Pessach = M. März
Bei diesem Algorithmus geht man davon aus, dass Pessach am 15. Nisan ist. Wenn man davon ausgehen möchte, dass am 14. Nisan Pessach ist, zieht man einfach noch einen Tag ab.
Für dieses Jahr bekommt man also B = 2016; a = 17; b = 0; M + m = 40,11126543 und c = 6. Damit folgt Fall 1 und damit wird dieses Jahr Pessach am 10. April (julianisch) bzw. am 23. April (gregorianisch) sein.
Nun möchte ich das Ganze aber mal auf Langfristigkeit überprüfen. Nähmen wir doch einmal an, dass die Menschheit im Jahre 30.001 n. Chr. immer noch auf diesem Planeten existieren würde. Wenn wir den Gaußschen Algorithmus durchspielen, würde unser orthodoxes Ostern dann auf den 9. April 30.001 (julianisch) fallen. Im gregorianischen Kalender wäre das bereits der 18. November 30.001. Dies bedeutet, dass unser orthodoxes Ostern dann schon fast im Winter wäre. Gehen wir nun davon aus, dass auch die Juden bis zum Jahre 30.001 ihren Kalender nicht reformieren. Sie würden sich damit im Jahr 33.761 (jüdisch) befinden. Auf welches julianische Datum würde dann ihr Pessachfest am 15. Nisan fallen?
Für das Jahr 30.001 bekommt man B = 30001; a = 12; b = 1; M + m = -56,34050926 und c = 3. Damit würde Fall 4 folgen. Zu beachten ist nun, dass M negativ ist. Wir müssen also diesmal zurückrechnen. Wichtig dabei ist, dass man die 0 nicht einfach überspringt sondern mitzählt. Das jüdische Pessachfest würde damit am 3. Januar 30.001 (julianisch) bzw. am 14. August 30.001 (gregorianisch) sein.
Sollte der jüdische Kalender nicht reformiert werden, kann man daraus schlussfolgern, dass, wenn die Orthodoxe Kirche den julianischen Kalender beibehält, die Bedingung, dass Pessach vor Ostern sein muss, irgendwann sogar irrelevant werden würde, da durch die hohe Ungenauigkeit des julianischen Kalenders gegenüber dem jüdischen Kalender Pessach immer vor dem 22. März sein wird und man sich mit dieser Frage gar nicht mehr beschäftigen müsste. Theoretisch könnte man die Berechnung des Ostertermins dann sogar dahingehend anpassen, dass Ostern oftmals eine Woche früher sein könnte, da ein Zusammenfallen mit dem jüdischen Pessachfest auszuschließen wäre.
Außerdem kann man schlussfolgern, dass, wenn die Orthodoxe Kirche auf den neujulianischen Kalender umstellen würde, dies dann bedeuten würde, dass, sofern der jüdische Kalender nicht reformiert wird, das orthodoxe Ostern aufgrund der Ungenauigkeit des jüdischen Kalenders immer vor dem jüdischen Pessachfest sein würde! Das heißt, wenn wir den julianischen Kalender aufgeben würden, müssten irgendwann die Beschlüsse über das Osterdatum des Konzils von Nicäa geändert werden, sofern die Juden an ihrem bisherigen Kalender festhalten würden.
Mein Fazit:
Es gibt keinen ernsten Grund den julianischen Kalender aufzugeben. Er bietet viele Vorteile. Die Daten für die Feste werden sich im Zyklus von 532 Jahren nie ändern und auch die traditionellen Abstände zwischen den beweglichen und unbeweglichen Feiertagen bleiben immer erhalten. Auch müssten keine konziliaren Beschlüsse geändert werden. Es wird lediglich irgendwann mal Ostern im Winter bzw. Weihnachten im Sommer sein. Aber wo ist da das Problem? Wenn ich heute auf der anderen Seite des Äquators lebe, dann feiere ich auch schon heute Weihnachten im Sommer. Außerdem bedeutet das innerhalb einer Generation sowieso nur maximal einen Tag Unterschied. Diese Generation wäre es also dann von Kindheit an gewöhnt, Weihnachten z. B. im Sommer zu feiern und hätte damit überhaupt kein Problem. Für diese Generation wäre es gewohnheitsbedingt eher komisch, Weihnachten im Winter zu feiern.
Der neujulianische Kalender hätte das Problem, dass man die Bedingung, dass Pessach vor Ostern sein muss, irgendwann nicht mehr erfüllen könnte. Diese Bedingung müsste dann also zwangsläufig gestrichen werden, denn Ostern soll ja auch spätestens am 25. April sein. Warum sollte man diese alte und traditionelle Bedingung, welche ja auch theologisch gesehen eine Bedeutung hat, streichen?
Ich würde mir wünschen, dass bald wieder alle Orthodoxen zum julianischen Kalender zurückkehren. Denn der Mischkalender, den manche Orthodoxe benutzen, geht überhaupt nicht und erzeugt nur Probleme!
Liebe Grüße
Luka
IC
Wenn man sich hier so im Forum umschaut, stellt man fest, dass sich bei der Kalenderproblematik hauptsächlich mit dem julianischen und dem gregorianischen (bzw. neujulianischen) Kalender beschäftigt wird. Ich möchte mit diesem Strang dazu beitragen, dass in die Debatte auch noch stärker der jüdische Kalender mit einbezogen wird, da er für die Wahl des Osterdatums unverzichtbar ist. Ich habe mich mal etwas genauer mit den verschiedenen Kalendersystemen beschäftigt und einige Überlegungen angestellt. Sollte ich irgendwo einen Denkfehler haben, möge man mich bitte berichtigen.
Zunächst einmal wichtige Zeitangaben:
astronomisches Jahr: 365,242191 Tage
neujulianisches Jahr: 365,242222 Tage
gregorianisches Jahr: 365,2425 Tage
jüdisches Jahr: 365,2468 Tage
julianisches Jahr: 365,25 Tage
Es steht ja bereits fest, dass beim Panorthodoxen Konzil die Kalenderfrage nicht behandelt werden soll. Ich persönlich bevorzuge den julianischen Kalender gegenüber dem Mischkalender und bin froh, dass sich die russische Kirche nach diesem richtet. Hauptgrund dafür ist, dass schon heute beim Mischkalender die ganze Apostelfastenzeit komplett verschwinden kann!
Langfristig wird der Mischkalender nicht haltbar sein, da in sehr weiter Zukunft (sofern die Menschheit auf diesem Planeten bis dahin überhaupt noch bestehen würde) Weihnachten in die Große Fastenzeit rutschen bzw. Ostern und Weihnachten am gleichen Tag gefeiert werden könnten.
Beim julianischen Kalender verschieben sich langfristig gesehen nur die Jahreszeiten. Irgendwann könnte Weihnachten im Sommer sein bzw. Ostern im Winter. Die durchschnittlichen Abstände zwischen den Festen blieben aber unverändert.
Langfristig gibt es für den Mischkalender viele Gegenargumente!
Trotzdem stellt sich ja weiterhin die Frage, ob die Kirche nicht komplett zum neujulianischen Kalender übergehen könnte (also inkl. Berechnung des Osterdatums), denn dann würde es ja all die genannten Probleme nicht geben und auch die Jahreszeiten würden sich nicht ändern. Die Dauer des durchschnittlichen neujulianischen Kalenderjahres würde dem astronomischen Kalenderjahr sehr genau entsprechen (sogar genauer als der gregorianische Kalender). Dabei gibt es jedoch ein kleines Problem. Und dieses steckt in der Regeln für das Osterdatum vom Ersten Konzil in Nicäa im Jahre 325. Und nun kommt der jüdische Kalender mit ins Spiel.
Die aus dem Schreiben von Kaiser Konstantin rekonstruierten Regeln für das Osterdatum besagen:
Ostern ist nach dem Frühlingsäquinoktium (dieser wurde später auf den 21. März festgelegt)
Ostern ist nach dem Frühlingsvollmond
Ostern ist nach dem jüdischen Pessachfest (14. Nisan)
Ostern ist an einem Sonntag
Aus diesen Regeln im Zusammenhang mit der Computusberechnung mit Goldener Zahl (1 bis 19) lässt sich zunächst einmal ableiten, dass Ostern immer zwischen dem 22. März und dem 25. April sein muss. Zur Bestimmung des Osterdatums in der Orthodoxen Kirche wird bis heute das Alexandrinisch-Dionysische Vorgehen vom Abt Dionysius Exiguus verwendet. Dabei wird der Mondzyklus von 19 Jahren verwendet. Somit kommt man auf einen Osterzyklus von 532 Jahren. Das bedeutet, dass sich nach 532 Jahren die Osterdaten wiederholen. Mithilfe der Computus-Tabellen kann man für jedes Jahr das Osterdatum bestimmen. Carl-Friedrich Gauß hat das Computusvorgehen in einen eleganten Algorithmus gepackt, mit dem man auch noch heute das orthodoxe (julianische) Osterdatum bestimmen kann.
Ich habe den Algorithmus ausprobiert und erwartungsgemäß funktioniert er auch:
a = Jahr mod 19
b = Jahr mod 4
c = Jahr mod 7
M = 15
d = (19a + M) mod 30
N = 6
e = (2b +4c + 6d + N) mod 7
Ostern = 22. März + d + e
An dieser Stelle sei angemerkt, dass man diesen einfachen Algorithmus auch in den Kalender von Orthpedia implementieren könnte. Dann könnte man dort auch schon die zukünftigen beweglichen Feiertage einsehen. Bis jetzt ist dies nämlich nur für die unbeweglichen Feiertage möglich.
Nun habe ich mich natürlich gefragt, wie genau das alexandrinische Vorgehen wirklich ist. Dass der julianische Kalender gegenüber dem gregorianischen ungenau ist, sollte uns allen ja bekannt sein. Also schon dadurch entsteht auf Dauer ein erheblicher Fehler! Aber hier spielt ja noch rein, dass man 19 (jüdische) Mondjahre von insgesamt 235 Monaten mit 19 (julianischen) Sonnenjahren gleichsetzt. Da der julianische Kalender mit einer durchschnittlichen Jahresdauer von 365,25 Tagen ungenauer und vor allem länger als die durchschnittliche Jahresdauer von 365,2468 Tagen des jüdischen Kalenders ist, wird er dem jüdischen Kalender in Zukunft immer mehr hinterherhinken.
Doch was hat das für Folgen? Um diese Frage auch an konkreten Zahlen zu beantworten, habe ich mich im Internet umgesehen und bin auch fündig geworden. Ich habe einen Algorithmus vom Freiherrn von Zach aus dem Jahre 1802 entdeckt. Mit diesem Algorithmus ist es möglich, ein ziemlich genaues julianisches Datum für das jüdische Pessachfest zu berechnen:
B = Jahr (julianisch)
a = (12B + 12) mod 19
b = B mod 4
M + m = 20 + 9415/98496 + (1 + 272953/492480)a + 1/4b - (313/98496)B
M...ganze Zahl
m...(Dezimal-)Bruch
c = (M + 3B + 5b + 1) mod 7
Fall 1: Wenn c = 2 oder c = 4 oder c = 6, dann Pessach = 1. März + M
Fall 2: Wenn c = 1 und a > 6 und m >= 1367/2160, dann Pessach = 2. März + M
Fall 3: Wenn c = 0 und a > 11 und m >= 23269/25920, dann Pessach = 1. März + M
Fall 4: Wenn sonstige Fälle, dann Pessach = M. März
Bei diesem Algorithmus geht man davon aus, dass Pessach am 15. Nisan ist. Wenn man davon ausgehen möchte, dass am 14. Nisan Pessach ist, zieht man einfach noch einen Tag ab.
Für dieses Jahr bekommt man also B = 2016; a = 17; b = 0; M + m = 40,11126543 und c = 6. Damit folgt Fall 1 und damit wird dieses Jahr Pessach am 10. April (julianisch) bzw. am 23. April (gregorianisch) sein.
Nun möchte ich das Ganze aber mal auf Langfristigkeit überprüfen. Nähmen wir doch einmal an, dass die Menschheit im Jahre 30.001 n. Chr. immer noch auf diesem Planeten existieren würde. Wenn wir den Gaußschen Algorithmus durchspielen, würde unser orthodoxes Ostern dann auf den 9. April 30.001 (julianisch) fallen. Im gregorianischen Kalender wäre das bereits der 18. November 30.001. Dies bedeutet, dass unser orthodoxes Ostern dann schon fast im Winter wäre. Gehen wir nun davon aus, dass auch die Juden bis zum Jahre 30.001 ihren Kalender nicht reformieren. Sie würden sich damit im Jahr 33.761 (jüdisch) befinden. Auf welches julianische Datum würde dann ihr Pessachfest am 15. Nisan fallen?
Für das Jahr 30.001 bekommt man B = 30001; a = 12; b = 1; M + m = -56,34050926 und c = 3. Damit würde Fall 4 folgen. Zu beachten ist nun, dass M negativ ist. Wir müssen also diesmal zurückrechnen. Wichtig dabei ist, dass man die 0 nicht einfach überspringt sondern mitzählt. Das jüdische Pessachfest würde damit am 3. Januar 30.001 (julianisch) bzw. am 14. August 30.001 (gregorianisch) sein.
Sollte der jüdische Kalender nicht reformiert werden, kann man daraus schlussfolgern, dass, wenn die Orthodoxe Kirche den julianischen Kalender beibehält, die Bedingung, dass Pessach vor Ostern sein muss, irgendwann sogar irrelevant werden würde, da durch die hohe Ungenauigkeit des julianischen Kalenders gegenüber dem jüdischen Kalender Pessach immer vor dem 22. März sein wird und man sich mit dieser Frage gar nicht mehr beschäftigen müsste. Theoretisch könnte man die Berechnung des Ostertermins dann sogar dahingehend anpassen, dass Ostern oftmals eine Woche früher sein könnte, da ein Zusammenfallen mit dem jüdischen Pessachfest auszuschließen wäre.
Außerdem kann man schlussfolgern, dass, wenn die Orthodoxe Kirche auf den neujulianischen Kalender umstellen würde, dies dann bedeuten würde, dass, sofern der jüdische Kalender nicht reformiert wird, das orthodoxe Ostern aufgrund der Ungenauigkeit des jüdischen Kalenders immer vor dem jüdischen Pessachfest sein würde! Das heißt, wenn wir den julianischen Kalender aufgeben würden, müssten irgendwann die Beschlüsse über das Osterdatum des Konzils von Nicäa geändert werden, sofern die Juden an ihrem bisherigen Kalender festhalten würden.
Mein Fazit:
Es gibt keinen ernsten Grund den julianischen Kalender aufzugeben. Er bietet viele Vorteile. Die Daten für die Feste werden sich im Zyklus von 532 Jahren nie ändern und auch die traditionellen Abstände zwischen den beweglichen und unbeweglichen Feiertagen bleiben immer erhalten. Auch müssten keine konziliaren Beschlüsse geändert werden. Es wird lediglich irgendwann mal Ostern im Winter bzw. Weihnachten im Sommer sein. Aber wo ist da das Problem? Wenn ich heute auf der anderen Seite des Äquators lebe, dann feiere ich auch schon heute Weihnachten im Sommer. Außerdem bedeutet das innerhalb einer Generation sowieso nur maximal einen Tag Unterschied. Diese Generation wäre es also dann von Kindheit an gewöhnt, Weihnachten z. B. im Sommer zu feiern und hätte damit überhaupt kein Problem. Für diese Generation wäre es gewohnheitsbedingt eher komisch, Weihnachten im Winter zu feiern.
Der neujulianische Kalender hätte das Problem, dass man die Bedingung, dass Pessach vor Ostern sein muss, irgendwann nicht mehr erfüllen könnte. Diese Bedingung müsste dann also zwangsläufig gestrichen werden, denn Ostern soll ja auch spätestens am 25. April sein. Warum sollte man diese alte und traditionelle Bedingung, welche ja auch theologisch gesehen eine Bedeutung hat, streichen?
Ich würde mir wünschen, dass bald wieder alle Orthodoxen zum julianischen Kalender zurückkehren. Denn der Mischkalender, den manche Orthodoxe benutzen, geht überhaupt nicht und erzeugt nur Probleme!
Liebe Grüße
Luka
IC