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Orthodoxe Kirche und Gesellschaft, Theologie
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Ludwig Martin
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Beitrag von Ludwig Martin »

Nun, in gewisser Weise beruht die Sache ja auf Gegenseitigkeit. Denn wir landen an dieser Stelle bei der heiklen Frage des Proselytismus.

Die katholische Kirche macht in Russland oder Griechenland nicht mehr oder weniger als die orthodoxe Kirche in Deutschland - sie kümmert sich in erster Linie um die (wenigen) Gläubigen, die sie im jeweiligen Land hat, um ihnen die Möglichkeit des Sakramentenempfangs und eines kirchlichen Lebens zu ermöglichen.

In all diesen Ländern kommt es natürlich auch zu Konversionen (in die eine, wie die andere Richtung) - aber dabei handelt es sich ebenfalls überall eher um Randerscheinungen, die deshalb nicht weiter für Aufruhr sorgen.

Nun - was den apostolischen Auftrag angeht, müssen wir zunächst festhalten, dass der Zustand der Spaltung nicht dem Willen Christi entspricht. (vgl. Joh 17,21ff)

Es geht also um die Frage, wie wir damit umgehen, da dieser Zustand nunmal besteht. Ist es wirklich das Ideal, wenn wir uns gegenseitig in unseren Kernländern massiv abwerben, oder ist die Sache nicht am Ende kontraproduktiv, weil das Christentum das Bild eines sich-zerfleischenden Haufens präsentiert?

Men bedenke: Jesus sagt nicht etwa "dass alle EINS sein, damit sich alle vertragen", sondern er sagt, "dass alle EINS seien, DAMIT DIE WELT GLAUBT, dass du mich gesandt hast" - es geht also um eine Frage der Glaubwürdigkeit des Christentums, und nicht um bloßen Friede, Freude, Eierkuchen...

Massive Unionsversuche unter Christen hat die katholische Kirche genug provoziert - das Bild heute bietet ein entsetzliches Chaos, aber es zeigt sehr plakativ, wohin diese Sache führen kann...
Täglich eine halbe Stunde auf Gott zu horchen ist wichtig, außer wenn man sehr viel zu tun hat. Dann ist eine ganze Stunde nötig. - Franz von Sales
Mops
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Beitrag von Mops »

wenn ich mir gestatten darf kurz auf einen Hinweis von unserem Vater Theodor zu verweisen, einer Einrichtung der RKK, um Russand zu "katholisieren". Unser Vater Nikolai kommt wohl aus dieser Einrichtung...
Also ganz so sanft ist das ja wohl nicht.
So lange uns die Lateiner durch ihr Vatikanum mit dem Banne belegen, ist jegliche Debatte eh nur Augenwischerei.
l.G. Rene
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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

Hallo Ludwig,
Ludwig Martin hat geschrieben:Die katholische Kirche macht in Russland oder Griechenland nicht mehr oder weniger als die orthodoxe Kirche in Deutschland - sie kümmert sich in erster Linie um die (wenigen) Gläubigen, die sie im jeweiligen Land hat[...]


Das ist ja gerade nicht so! Oder wie erklärst Du Dir die Gründungen verschiedenster latainischer Bistümer in Russland. :wink:
Ludwig hat geschrieben:In all diesen Ländern kommt es natürlich auch zu Konversionen (in die eine, wie die andere Richtung) - aber dabei handelt es sich ebenfalls überall eher um Randerscheinungen, die deshalb nicht weiter für Aufruhr sorgen.
Das mag noch für Deutschland der Fall sein. In den Niederlanden oder in Frankreich sieht es da schon anders aus.
Nun - was den apostolischen Auftrag angeht, müssen wir zunächst festhalten, dass der Zustand der Spaltung nicht dem Willen Christi entspricht. (vgl. Joh 17,21ff)
Das ist natürlich richtig, hat aber mit meiner Aussage, dass die Orthodoxie den röm. Katholizismus eben nicht als Gleichwertig betrachtet wenig zu tun. Also doch warten?
Es geht also um die Frage, wie wir damit umgehen, da dieser Zustand nunmal besteht. Ist es wirklich das Ideal, wenn wir uns gegenseitig in unseren Kernländern massiv abwerben, oder ist die Sache nicht am Ende kontraproduktiv, weil das Christentum das Bild eines sich-zerfleischenden Haufens präsentiert?
Na das ist jetzt aber bissle martialisch. Erstens zerfleischt die Orthodoxe Kirche niemanden, sondern bringt das Heil in Christum Jesum. Zweitens, wenn sich jemand zerfleischt, dann die unzähligen christlichen Denominationen selbst. Schau, was bspw. ein Kardinal Lehmann, oder Walter Kasper uvm in der "römischen Kirche" veranstalten. Sie lehren, besser gesagt sie leugnen die Heilsverbindlichkeit der Taufe ("Juden bedürfen der Taufe nicht"), oder glatt die Auferstehung unseres Herrn. Im Christentum, und das ist evident, gibt es nur einen "Fels in der Brandung", nur einen authentischen Glauben und dies ist der orthodoxe.

Wünsche Dir einen schönen Tag!
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Ludwig Martin
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Beitrag von Ludwig Martin »

Um Welchen Bann geht es da? Mir ist keiner bekannt.

Es gab tatsächlich Programme, die für Unionsbestrebungen in Russland ins Leben gerufen wurden. Doch die katholische Kirche hat mittlerweile längst ziemlich eindringlich darauf hingewiesen und unterstrichen, dass der Uniatismus an sich keine geeignete Form ist, eine Kircheneinheit zu erstellen.

Das heißt: Die katholische Kirche spricht den bestehenden Unias nicht ihr Existenzrecht ab, sondern sorgt hier genauso, wie für alle anderen Katholiken auch, dafür, dass sie leben und Existieren können, aber sie unterstreicht ganz klar, dass erneute Unionsbestrebungen absolut nicht in Frage kommen.

Wenn heute derartige Phänomene in der Welt herumspuken, sind das private Spinnereien, aber keine Handlungen im Namen der katholischen Kirche oder des Vatikans.

Einzig allein die mittlerweile berühmt-berüchtigte Piusbruderschaft, die NICHT in Union mit dem römischen Stuhl steht, bastelt an einigen Ecken der Ukraine mit einer Parallelbruderschaft im byzantinischen Ritus herum - aber selbst das hat nichts mit Rom zutun.
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Ludwig Martin
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Beitrag von Ludwig Martin »

Die lateinischen Bistümer in Russland (meiner Information nach sind es 2 - ich kann mich aber auch täuschen) sind keine neue Erfindung. Das einzig neue ist vielleicht, dass sie sich jetzt "Bistum" nennen und jeweils einen Bischof haben.

Ich persönlich muss gestehen, dass es sich mir nicht erschließt, warum eine Hand voll katholischer Bischöfe in so einem riesen großen Land wie Russland ein Stein des Anstoßes sind. Auch bei der Diaspora-Seelsorge braucht man eine gewisse Zahl an Bischöfen.

Wir müssen nur nach Deutschland schauen, da fallen mir spontan allein 8 orthodoxe Bischöfe ein, die teilweise sogar identische Titel tragen. Während man in Russland der katholischen Kirche die 2 Bischöfe, die permanent durch das ganze Land irren müssen, absprechen will, was soll man dann dazu sagen, dass Deutschland von mindestens 6 orthodoxen Diözesen AUF GLEICHER FLÄCHE verwaltet wird?

In Russland ist das Land in zwei Diözesen geteilt - in Deutschland teilen sich 6 Diözesen ein Land, welches nur ein Bruchteil so groß ist (!)

Nun, was die beiden Kardinäle angeht, hat KEINER DER BEIDEN die Heilsverbindlichkeit der Taufe oder glatt die Auferstehung geleugnet. Es gab ein Dokument einer katholischen Bewegung, woraufhin die deutschen Bischöfe die Leute umgehend zurückgepfiffen haben.
Sinaitis
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Beitrag von Sinaitis »

Liebe orthodoxe Geschwister,
wieso diskutieren wir darüber, was irgendwelche Kardinäle glauben? Uns ist das gleichgültig.

Die vier katholischen Diözesen in Rußland sind eine geographische Aufteilung des russischen Territoriums ohne konkreten Bezug auf eventuell vorhandene oder erst noch zu schaffende Gemeinden und Klerus. Einige Bischöfe haben nicht einmal 20 Priester, übrigens fast alles Ausländer.

Zur Doppelhierarchie:
Der historisch erste Bischof von Berlin war ein Russe. Mittlerweile gibt es auch einen katholischen Erzbischof von Berlin. Wer hat die Doppelhierarchie in Deutschland erfunden?

Proselytismus:
Man sollte mal die triumphalistischen Jahresberichte der Moskauer katholischen Gemeinde lesen, wo jährlich genaue Statistiken und Steigerungsraten veröffentlicht werden. "Und wieder haben wir die Zahl der Konvertiten um 27% steigern können".
In Palästina werden Christen in katholischen oder unierten Krankenhäusern manchmal nicht behandelt, wenn sie nicht schriftlich zur katholischen Kirche übertreten, dasselbe kann passieren, wenn Kinder in die katholischen Schulen wollen. Eine rumänische Putzfrau in Würzburg wurde vor die Alternative gestellt, katholisch zu werden oder ihren Job zu verlieren (in einer Firma, nicht in kirchlicher Anstellung!). In Bischofsheim bedrängte ein katholischer Pfarrer ein orthodoxes russisches Ehepaar, nicht den Fehler zu machen, ihr Kind orthodox zu taufen, weil es sonst keine Zukunftsmöglichkeiten in Deutschland hat, weder in der Schule noch im Beruf. Den Einwanderern aus Rußland, die orthodox sind, wird von den Beratungsbehörden erklärt, daß sie keinen Anspruch auf Rente haben, wenn sie nicht konvertieren.
Das mögen ja immer noch angebliche Einzelfälle sein. Aber in der orthodoxen Kirche von Deutschland gibt es nicht einmal solche Einzelfälle.

Dies ist ein orthodoxes Forum. Uns interessieren nicht die Fehler der anderen Kirchen, wir richten auch nicht darüber, wir reden aber auch nicht darüber. Wir sprechen über uns. Gäste sind immer herzlich willkommen, aber auch für sie gelten die Forenregeln, die schriftlich niedergelegt sind. Unser Thema ist unsere Orthodoxe Kirche.
Zuletzt geändert von Sinaitis am 05.06.2009, 15:29, insgesamt 1-mal geändert.
Mops
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Beitrag von Mops »

Lieber Vater Martinos,

das sehe ich auch so. Ich muss aber gestehen, dass es mich nicht gleichgültig läßt, wenn hier behauptet wird die RKK mache nicht mehr oder weniger als die OK in D.
Andererseits dieses Katholikon dennoch eigens für diesen Zweck gegründet worden ist, wie mir Vater Theodor mal u.a. erklärte.

Zum Bann nochmal kurz, lieber Ludwig.

Das erste vatikanische Konzil (8. Dezember 1869 bis 20. Oktober 1870 a.D.) hat beschlossen:

"Indem Wir Uns deshalb der vom Anfang des christlichen Glaubens an empfangenen Ueberlieferung getreu anschliessen, lehren Wir mit Zustimmung des heiligen Konzils zur Ehre Gottes, unseres Erloesers, zur Erhoehung der katholischen Religion und zum Heile der christlichen Voelker und entscheiden, dass es ein von Gott geoffenbartes Dogma ist:

Wenn der Roemische Bischof "ex cathedra" spricht, das heisst, wenn er in Ausuebung seines Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen kraft seiner hoechsten Apostolischen Autoritaet entscheidet, dass eine Glaubens- oder Sittenlehre von der gesamten Kirche festzuhalten ist, dann besitzt er mittels des ihm im seligen Petrus verheissenen goettlichen Beistands jene Unfehlbarkeit, mit der der goettliche Erloeser seine Kirche bei der Definition der Glaubens- oder Sittenlehre ausgestattet sehen wollte; und daher sind solche Definitionen des Roemischen Bischofs aus sich, nicht aber aufgrund der Zustimmung der Kirche unabaenderlich. Wer sich aber - was Gott verhuete - unterstehen sollte, dieser Unserer Definition zu widersprechen: der sei mit dem Anathema belegt."

Dieses Anathema haben sie nicht aufgehoben. Auch nicht das von der unbefleckten Emfaengnis...

Kleiner Trost, es sind nicht nur wir Orthodoxe betroffen, die nicht glauben was Rom vorschreibt... dennoch wurde erst kürzlich die OK von Rom als mit Mängeln behaftet tituliert. Fragt sich nur, wo der Mangel besteht...
Aber gut, da kommen wir hier eh nicht weiter.
Vater Martinos hat ganz Recht, was andere glauben kann uns nicht tangieren, auch wenn selbst in unseren Schulen den Kindern die verfälschte Geschichte beigebracht wird, dass die OK sich von Rom getrennt hat und nicht, wie es den Tatsachen entspricht umgekehrt.
l.G. Rene
Loukia
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Beitrag von Loukia »

Sinaitis hat geschrieben:
Proselytismus:
Man sollte mal die triumphalistischen Jahresberichte der Moskauer katholischen Gemeinde lesen, wo jährlich genaue Statistiken und Steigerungsraten veröffentlicht werden. "Und wieder haben wir die Zahl der Konvertiten um 27% steigern können".
In Palästina werden Christen in Krankenhäusern manchmal nicht behandelt, wenn sie nicht schriftlich zur katholischen Kirche übertreten, dasselbe kann passieren, wenn Kinder in die katholischen Schulen wollen. Eine rumänische Putzfrau in Würzburg wurde vor die Alternative gestellt, katholisch zu werden oder ihren Job zu verlieren (in einer Firma, nicht in kirchlicher Anstellung!). In Bischofsheim bedrängte ein katholischer Bischof ein orthodoxes russisches Ehepaar, nicht den Fehler zu machen, ihr Kind orthodox zu taufen, weil es sonst keine Zukunftsmöglichkeiten in Deutschland hat, weder in der Schule noch im Beruf. Den Einwanderern aus Rußland, die orthodox sind, wird von den Beratungsbehörden erklärt, daß sie keinen Anspruch auf Rente haben, wenn sie nicht konvertieren.
Das mögen ja immer noch angebliche Einzelfälle sein. Aber in der orthodoxen Kirche von Deutschland gibt es nicht einmal solche Einzelfälle.

:shock: Unglaublich, das sich einige Sekten und andere Religionsgemeinschaften dann so ausbreiten können, das da niemand Konversionen zu erzwingen wagt... einige wissen vielleicht, was ich genauer meine...
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Elias
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Beitrag von Elias »

Jo und einer von den Moskauer konvertiten ist Viktor aus der katholisch-orthodoxen Freundschaft!!!
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Ludwig Martin
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Beitrag von Ludwig Martin »

Viktor "aus der katholisch-orthodoxen Freundschaft" hat mit diesem Projekt genau so viel zutun, dass er Moderator in einer russisch-sprachigen Gruppe zu dieser Thematik ist und als solcher unter den Mitgliedern genannt wurde.

Was dort besprochen wird, kann ich nicht sagen, da ich kein Russisch kann - daher habe ich auch mit besagter Gruppe zunächst mal nichts zutun.

Ich hatte mit Viktor in meinem ganzen Leben vielleicht 5 - 10 ICQ-Korrespondenzen in denen ich mich hauptsächlich nach dem Verlauf dieser Gruppe erkundigt habe.

Von seinem Konversionsgedanken habe ich etwa vor einem halben Jahr erfahren und ihm ziemlich eindeutig meine Meinung dazu gesagt. Mein nächstes Gespräch mit Viktor war bereits nach seiner Konversion - und auch da habe ich mein großes Missfallen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.

Die Protokolle sind bei Bedarf gerne nachlesbar.

Daher unterstreiche ich an dieser Stelle ausdrücklich, dass die Konversion in keinem Zusammenhang mit dem Projekt "Katholisch-orthodoxe Freundschaft" steht und in diesen auch nicht zu stellen ist.

In diesem Sinne hoffe ich, dass diese Sache hier geklärt ist, denn eigentlich hat sie hier im Orthodoxen Forum nichts zu suchen. (siehe Forenregeln, auf die Vater Martinos dankenswerterweise aufmerksam gemacht hat)
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Nassos
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Beitrag von Nassos »

Hallo,

bitte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Deutschland hat die Gastarbeiter in das Land geholt, und wie Vater Martinos sagt, gibt es entsprechende Gemeinden. Da die Struktur der orthodoxen Kirche nun mal Autokephalien kennt, ergibt sich diese Anzahl.
Und: das Verhältnis zur Gesamtbevölkerung wird hier wohl ein ganz anderes sein, als das der Katholiken in Russland.

Und soviel ich weiß, kümmern sich die Bischöfe/Kleriker der orthodoxen Kirche um ihre eigenen Schäfchen. Zumindest sind mir hier - nicht mal gerüchteweise - irgendwelche Aktionen mit Geldern an arme Bauern zu Ohren gekommen, die dafür konvertieren sollten.

Das macht meiner Ansicht nach eine Kirche, die sich für die Wahrheit hält, nicht.

Nassos
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Ludwig Martin
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Beitrag von Ludwig Martin »

Egal, wo wir uns auf der Erde befinden, egal, ob im Christentum oder in anderen Religionen, ja, sogar jenseits der Religionen werden massenweise Fehler gemacht, in zahlreichen Betrieben machen Abteilungsleiter Dummheiten und entsprechen nicht der Vorgabe ihres Chefs oder ihres Betriebes.

Das ist kein Phänomen, welches man auf eine spezielle Gruppe oder meinetwegen Konfession reduzieren kann.

Schwarze Schafe gibt es überall! Ich behaupte sogar, zwar scheinbar innerhalb, aber de facto außerhalb ihrer "Organisation" handeln, denn sie widersprechen ja den Grundsätzen Dieser.

Zwangskonversionen oder Druckausübung sind in keinerlei Kirchenrechtstexten verankert - ganz egal in welcher Konfession, damit sind auch solche Handlungen eigentlich GEGEN die entspr. Kirche, aber sicherlich nicht im Auftrag oder Einklang dieser.

Was die orthodoxe Kirche in der Diaspora angeht, ist an sich klar, dass die Diasporagebiete vom Ökumenischen Patriarchat verwaltet werden. Das heißt, nicht die entsprechenden Landesgemeinden (rumänische, griechische, serbische, russische, bulgarische, georigsche Gemeinden) sind fragwürdig, auch nicht der Klerus, der diese betreut, sondern die zahlreichen Bischöfe, die auf gleichem Gebiet für verschiedene Gemeinden agieren.

Natürlich kommt der Situationen der zahlreichen Gastarbeiterfamilien aus verschiedenen orthodoxen Ländern eine besondere Aufgabe zu - niemand sagt, dass es dafür ein Patentrezept gibt, aber dennoch ist klar, dass die derzeitige Situation eher suboptimal ist...

Wenn z.B. 4 Priester verschiedener Nationen an einen Ort einmal im Monat kommen, bleiben die Gläubigen der anderen 3 Nationen zuhause - statt zum "Ausländer" zu gehen...da läuft was schief - aber wie gesagt, ich behaupte nicht, dass es hier ein Patentrezept gibt und habe auch keine bessere Lösung in der Tasche...
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Nassos
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Beitrag von Nassos »

Die am Ende genannte Situation kenne ich nicht, ich bin ortsgebunden, und habe das im Ländle noch nicht beobachten können.

Ich maße mir deshalb nicht, darüber weiter reden zu können. Ich dachte, das basiert auf der Autokephalie.
Ich frage mich aber: selbst wenn so viele Bischöfe auf gleicher Fläche kommen, was hat das mit Mission zu tun?

Natürlich werden überall Fehler und Dummheiten gemacht, immerhin ist niemand unfehlbar, nicht wahr? Vielleicht habe ich selber das Thema hier falsch verstanden.
Aber dort, wo einer allein entscheidet, weil er keinen "Quer-Feedback" erfahren will, da kann das ziemlich in die Hose gehen und es ist dann schwer bis unmöglich, dies Fehler zu beheben.

...
Nassos
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songul
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Beitrag von songul »

Sinaitis hat geschrieben:Lieber Rene,
Danke, Du hast sehr recht. Dieses Gerede über deutsche Liturgie geht mir auf die Nerven. In München, in Stuttgart, in Mainz, in Düsseldorf, in Berlin, in Frankfurt, in Bischofsheim in Geilnau, in ... in ...in ... was weiß ich, wo, gibt es deutsche Gemeinden und deutschsprachige Gottesdienste. Die sind fast Familienbetriebe, weil kaum Interesse besteht. Mag ja sein, daß der Gesang gräßlich ist, die Uhrzeiten schrecklich und und und. Aber wegzubleiben statt mitzumachen ist nicht missionarisch.
Es tut mir leid, wenn Ihnen das Gerede zum Thema "Deutsche Liturgie" auf die Nerven geht; es war von mir nicht beabsichtigt.
Sie haben ja recht, es gibt deutsche Liturgien und kaum einer geht hin.
In meiner Stadt ist sogar so, dass, anstatt in die deutschen Liturgien hinzugehen, die von verschiedenen Kirchen angeboten werden, es Leute gibt die nur in "ihre" Kirche gehen und keinesfalls in eine Kirche einer anderen Nationalität.
Das es um die Feier der Göttlichen Liturgie in deutsch geht, spielt keine Rolle.
Manche fahren zig Kilometer für "byzantinische" Liturgien a la Niederalteich, aber die deutschen orthodoxen Liturgien bleiben leer.
Falls ich damit gemeint sein sollte, wie gesagt, ich habe dort jemand besucht, abgesehen von einer Preisverleihung, die mich auch interessiert hat.
Falls andere damit gemeint sein sollten, es sind in der Regel nicht-orthodoxe Christen, die "zig Kilometer" fahren.
Was die nationalgeprägten Kirchen angeht, so haben die Bischöfe Recht, wenn sie feststellen, daß die Zeit für das Deutsche noch nicht reif ist. Es gibt weder genügend Übersetzungen noch gute ausgereifte Musik. Und immer nur von der Catholica unio oder von Niederalteich zu kopieren, bringt uns auch nicht weiter.
Für deutsche Orthodoxe, und ich betone jetzt mal das "deutsch" in diesem Kontext besonders, ist diese Arbeit wirklich wertvoll, denn sie ermöglicht uns die promte Singen in einem Chor; Schwierigkeiten macht das meist nur denen, die auf eine rein byzantinische Choralversion bestehen. Der Mehrheit jedoch, und das ist jetzt mein Erfahrungswert, ist der mehrstimmige meist aus dem Russischen stammenden Gesang am vertrautesten.
Sicher auch eine kulturelle Frage.
Die nationalgeprägten Gemeinden suchen in der Kirche ein Stück Heimat, vielleicht ihre verlorene Heimat. Und Kirche ist Heimat. Deutsche Fremde haben die Menschen 6 Tage in der Woche. Wegen 0,5 % Konvertiten in einer Gemeinde kann nicht die ganze Gemeinde umgekrempelt (germanisiert) werden, zumal die fremdsprachigen Liturgien eine gewachsene großartige Tradition und Einheit von Musik Hymnik und Poesie sind. Das läßt sich nicht über Nacht eindeutschen.
Wer würde denn auf eine solche Idee kommen, solche Gemeinde "eindeutschen" zu wollen?
Ich spreche nicht gegen Deutsche Liturgie, ich will nur Grenzen aufzeigen und für die Traditionen der Kirche werben. Nur wenn wir ganz in der Tradition der Kirche aufgegangen sind, können wir uns auch an die authentische Umsetzung ins Deutsche machen.....

Ich kenne genügend Chorleiter und Sänger und sogar Kleriker von "byzantinischen" Chören, die so gut wie noch nie einen orthodoxen Gottesdienst erlebt haben, aber glauben, genau zu wissen, wie es gehen muß. So kann keine deutsche Orthodoxie entstehen.
Sie haben vollkommen recht.
Das habe ich die Leute dort auch gefragt; die meisten (es gab auch solche, die schon orth. Gottesdienste besucht haben) hatten doch eine gewisse Hemmschwelle, in eine "ausländische" Kirche zu gehen.
Konfessionelle Bedenken hatte keiner.
Sonst produzieren wir nur bunt schillernde Fragmente und Plagiate (so wie Niederalteich und andere).
Ich finde es ziemlich unangemessen von Plagiaten ((vom lat. Wort plagium, „Menschenraub“ abgeleitet, ist die Vorlage fremden geistigen Eigentums bzw. eines fremden Werkes als eigenes oder Teil eines eigenen Werkes. Dieses kann sowohl eine exakte Kopie, eine Bearbeitung (Umstellung von Wörtern oder Sätzen), eine Nacherzählung (Strukturübernahme) oder eine Übersetzung sein.) zu reden, denn in der röm. Kirche ist die Vielfallt von Riten erlaubt. Es geht hier weder um Uniatentum, noch um eine Folkloreveranstaltung, sondern es sind meist röm. kath. Christen, die eben in der byz. Liturgie die Eucharistie feiern möchten.
Das das nicht mit der Orthodoxie zu vergleichen ist, versteht sich von selbst.
Es steht uns nicht an den Glauben oder die Andacht anderer Christen zu diskreditieren.

Nur so nebenbei; Es gibt - es kam hier an anderer Stelle schon zur Sprache - in einigen orth. Gemeinden des angelsächsischen Raumes die Feier der Sarum-Liturgie, in Gemeinden die zur russisch-orthodoxen Kirche gehören. Ich hab mich mal damit beschäftigt und es ist doch so, dass diese Liturgie wohl eine Vorform der heutigen römischen Messform ist.
Es gibt eine grosse Ähnlichkeit mit der tridentinischen Messe.
Ich will damit sagen, es gibt auch in der orthodoxen Kirche die Möglichkeit der verschiedenen Riten. Weder produzieren diese Gläubigen ein Plagiat, noch macht es sie insgeheim zu Katholiken.
Allerdings wäre das für mich keine Option. Ich liebe "meine" Göttliche Liturgie über alles.
Umgekehrt lieben viele Deutsche Orthodoxe die orthodoxen Gemeinden so wie sie sind. Und das ist gut so. So können sie hineinwachsen in eine authentische Tradition - wie kleine Kinder.
Da ich in der Erwachsenenbildung zu tun habe, sollte man sich nicht wundern, wie schnell solche "kleine Kinder" erwachsen werden. :wink:
Sie verstehen zwar nicht die Texte, aber was ist an "Kyrie eleison" auch zu verstehen. Und wir ein Cherubikon auf deutsch verständlicher als wenn es auf russisch gesungen wird? Wenn in der Katechese die Liturgie erklärt und im Schema verstanden wird, dann kann man auch einer fremdsprachigen Liturgie mit ganzem Herzen folgen. Bei den Gesängen der Liturgie hilft die deutsche Sprache auch nicht viel weiter.
Nein lieber V. Martinos, das mag vielleicht für Sie als Priester zutreffen, der Sie nicht nur Kirchensprachen verstehen, sondern auch eine ganz andere Ausbildung genossen haben.
Für uns einfache Gläubige macht es schon einen Unterschied, ob ein, z. B. Cherubikon, in der Muttersprache zu hören ist oder in einer anderen.
Wohlgemerkt, ich fühle mich in jeder Kirche eines Landes wohl - ich bin ohnehin in mehreren Kulturen gross geworden - und ich kann die Abläufe der Gottesdienste immer nachvollziehen, egal in welcher Sprache.
Das wurde mir damals bewusst, als ich eine Zeitlang den georgischen Gottesdienst besucht habe, und es wirklich darauf ankam, den Ablauf genau zu kennen, denn verstehen tut man rein gar nix.
Dennoch, Muttersprache bleibt Muttersprache, dazu sollten auch deutsche Orthodoxe stehen können, ohne gleich als Nationalisten zu gelten.
Etwas anderes ist das Stundengebet. Aber da fehlt es ja an den Texten. Ohne Textbasis und eine Musikadaption ist jede Diskussion über das Deutsche überflüssig.
Was Musikadaptionen betrifft, trifft es auf jeden Fall zu, aber an Texten ist inzwischen doch schon einiges da:

Da ist zum einem das kleine Gebet(Stunden)buch aus dem Kloster in Chania/Griechenland; es eignet sich hervorragend für jene, die auch zu Hause das eine oder andere Stundengebet lesen möchte.
Ich nehme das sehr gerne zur Kompet oder auch zum Mitternachtsgebet (Mesoniktikon) her und man muss als Laie auch nicht jedes Troparion wissen welches gerade ansteht; es ist in diesem Büchlein alles vorhanden, um Töne, Wochen und Hochfeste zu gedenken.

Und es gibt die Ausgaben des Verlages Fluhegg aus der Schweiz, die sich an den Texten der mal'cev'schen Ausgabe halten (immerhin ein wahrer Schatz der orth. Texte in Deutsch), allerdings in einem etwas heutigerem Deutsch.

Auch das pochaever Kloster zu München, bietet hervorragende Texte für bestimmte Hoch-Zeiten an.

Die göttinger Gemeinde ist sehr angagiert in der Sache.

Alles in allem, es gibt mehr als man denkt.

LG Songul
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songul
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Beitrag von songul »

Den Einwanderern aus Rußland, die orthodox sind, wird von den Beratungsbehörden erklärt, daß sie keinen Anspruch auf Rente haben, wenn sie nicht konvertieren.
Behörden in Deutschland haben die Anweisung strikt auf keinerlei Konfession, Religionzugehörigkeit, Rasse oder Partei zu achten.
Und wer unser Grundgesetz kennt, weiss warum das so ist.
Es ist sogar strafbar.
Komisch, eine solche Geschichte anzuführen oder gar Glauben zu schenken.

Deutschland ist, so glaube ich, mittlerweile eines der sekulärsten Länder der Erde und wenn man die hiesige röm. kath. Kirche betrachtet, ist die doch eine der am meisten "protestantisierten" der Welt; allen voran die Mehrheit der deutschen Bischöfe.

Ich will aber jetzt nicht so tun, als wären solche Geschichten nur gelogen.

LG Songul
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