Konversion

Die deutschsprachige Orthodoxie stellt sich vor
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MariaM
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Re: Konversion

Beitrag von MariaM »

Hallo nochmal!
Ich hatte ja weiter oben in dem längeren Beitrag geschrieben, dass ich das, was z.B. Quinni beschrieb, eben NICHT in erster Linie für ein Sprachproblem halte. Sondern eher eines der Mentalität (denn hilfsbereit und entgegenkommend sein kann man auch mit "Händen und Füssen") - und dann ging die Diskussion darum, worin diese "Mentalität" bei den Russen (die auch in anderen Bereichen zu beobachten ist) wohl bestehe und worin sie begründet sein könnte. Vater Alexejs Beitrag fand ich da sehr erhellend und interessant.

Aber zurück zur Kirche:
Wie gesagt, ich war in einem rumänischen orthodoxen Gottesdienst (Abendgottesdienst - Vesper), habe NIX verstanden, echt "Bahnhof" ;-) - aber die Atmosphäre war sehr schön und die Menschen, die da waren, wirkten nett und entspannt, ich kam mir überhaupt nicht "blöd" vor! Dazu die wirklich sehr schöne und dabei irgendwie auch "gemütliche" kleine Holzkirche mit vielen Ikonen... mein Grundgefühl war einfach erhebend und positiv - ich denke es ist etwas von dem, was die Orthodoxie ausmacht, bei mir angekommen, und zwar auf einem anderen als sprachlichen "Kanal"! Toll, dass das funktioniert! Das ist wahrscheinlich auch das, was oben jemand bzgl. der Kinder anführt, die erstmal auch wenig oder nichts verstehen.

Klar wäre es auf Dauer wohl nicht ganz das "Gelbe vom Ei", immer nur solche Gottesdienste zu erleben - denn irgendwie will man sprachlich doch AUCH was davon haben. Aber es ist trotzdem eine interessante Erfahrung... :-)
Andersrum gibt es hier eine orth.Kirche, wo die Gottesdienste auf Tschechisch (wahrscheinlich kombiniert mit Kirchenslawisch) sind, aber nach dem, was ich gehört habe, die Atmosphäre wohl nicht so toll sei...- was wohl irgendwe mit den internen Problemen der hiesigen Orth.Kirche und einigen darin involvierten Personen zu tun hat. OK, ich war nicht da - aber es wäre halt ein Beispiel dessen, dass das Sprachliche wirklich nicht alles ist.

Und es ist ja bei den Griechen übrigens auch so, dass sie nicht automatisch Altgriechisch können, die Kinder haben es zwar in der Schule, aber halt auch erst ab einem gewissen Alter. Vorher kann man halt das, was in der Kirche immer wiederholt wird.

Ich habe jetzt in Griechenland ein Büchlein geschenkt bekommen, wo die Liturgie des Hl.Chrysostomos auf Altgriechisch mit neugriechischer Übersetzung enthalten ist. Das finde ich sehr nützlich. Aber ich würde auch ohne hingehen. :-)
Lazzaro
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Re: Konversion

Beitrag von Lazzaro »

Thuja hat geschrieben:Grad' eben musste ich doch ein bisserl lächeln...
Wer des Russischen mächtig ist, lese diesen Artikel:
http://www.pravoslavie.ru/put/81473.htm
Da geht's genau um "unser" Problem... und die Erfahrungen der "Westler" mit den "unfreundlichen Russen" in der Kirche... trotzdem lassen sie sich nicht abhalten, letztendlich doch zu konvertieren...
Wie stark ist doch der Ruf des Herrn in die wirklich offenen "Westler-Herzen"!!!
Liebe Grüße
Thuja
Nachdem kräftig über andere Völker geredet wurde, fiel mir beim durchjagen des Textes durch die Übersetztungsmaschiene bei dieser Stelle eine Anekdote ein:
http://www.pravoslavie.ru schrieb:
.. тот широко улыбнулся ей и хотел было поздороваться, но она довольно ощутимо ударила его своей клюкой по ногам и сказала с резким русским акцентом: «Это мое место!»
Wir Handwerker hatten in einer unterfränkischen Dorfkirche die Empore belegt, als irgendwann die Frauen begannen zu Fragen, wann wir fertig sein würden, die Männer kämen nicht mehr in die Kirche.
Warum? Wir hatten deren Stammplätze blockiert.
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Hermann
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Re: Konversion

Beitrag von Hermann »

stephan hat geschrieben: Ich habe an anderer Stelle hier schon mal geschrieben, dass ich nie den Anspruch hatte, von den Gemeindemitgliedern mit offenen Armen und rotem Teppich aufgenommen zu werden. Ich will dort nicht reden, mich nicht zutexten lassen und keine Freundschaften schließen. Ich fahre mit diesem Minimalanspruch gut, ich habe nicht das Gefühl, dumm angeschaut und von oben herab betrachtet zu werden.
Das ist zum Teil auch meine Erfahrung und ich fahre auch gut so. Auch die Vorbereitung zur Konversion war in meinem Fall auch recht simpel: Ein Gespräch im Kaffeehaus mit dem Pfarrer und ansonsten ein paar kurze Wortwechsel wegen der konkreten Formalitäten - das war's dann auch. Auf Konvertiten aus dem westlichen Kulturkreis war man in der serbischen Gemeinde überhaupt nicht eingestellt. Das theoretische Wissen habe ich mir angelesen und für ein paar Tage bin ich nach Geilnau gefahren und habe dort mit Vater Basilios über meine Konversionspläne gesprochen. Heute bin ich in der Gemeinde eben "der Österreicher", wie es auch ein paar Georgier, Bulgaren oder Griechen gibt, die regelmäßig kommen. In weiterer Folge hat mich der Pfarrer aber immer wieder für gewisse Aufgaben eingesetzt, wo er der Ansicht war, dass ich als Österreicher oder wegen meines katholischen Theologiestudiums dafür prädestiniert sei - etwa für eine Lesung auf Deutsch oder den Ökumenischen Arbeitskreis.
Sucht zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch hinzugeschenkt.
Lazzaro
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Re: Konversion

Beitrag von Lazzaro »

Ich möchte das Thema gerne von einem anderen Punkt beleuchtet haben, deshalb einige Fragen an die Forumsmitglieder mit russ. Umgangssprache:

Was erwarten russ. Kirchenmitglieder, wenn Deutschsprachige in die Kirche kommen. -
- Sei es als orthodoxe Christen auf Durchreise, die einmal da sind und dann nie wieder?
Welche Verhaltensregeln / Etikette sollen sie Beachten? Ist es angemessen, eine russ. Frage zu beantworten, wenn man sein Gegeüber schweigend mit zusammengepreßten Lippen anschaut? Wen nicht, warum?

- Sei es als orth. neue Gemeindemitglieder oder als zukünftige Konvertiten? Muß ich in diesem Fall erst ein halbes - deiviertel Jahr warten bis mich jemand anspricht, wenn ich eine Information haben möchte und ein höfliches "GutenTag" bereits unerwünscht ist?
- Wie kommt man an eine Information, wenn sich die ältere Dame an der Kerzenkasse weigert deutsch zu reden, eine völlig alltägliche Situation.
- Was sind russ. Vorurteile gegenüber Westeuropäern?

Ganz nebenbei, ich kann in keiner russ. Kirche einen Zettel mit den Namen der zu gedenkenden abgeben, weil mir bis heute niemeand das Mysterium des russ. Prosphorenverkaufes erklärt hat und ich auch niemanden Fragen kann, erst recht nicht vor Ort.

Lazzaro
Nikolaj
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Re: Konversion

Beitrag von Nikolaj »

Lieber Lazzaro,
kannst gerne deinen Zettel bei uns in Trier abgeben. :) Oder auch per PN an mich schicken, dann gebe ich den Zettel bei uns ab.

Prosphorenverkaufen geht so, dass du eine gewisse Anzahl kaufst, deinen Zettel abgibst und die selbe Anzahl Prosphoren wieder mitnehmen kannst. Mancherorts bekommst du exakt die Prosphoren, mit denen der Personen auf dem Zettel gedacht wurde.
Was erwarten russ. Kirchenmitglieder, wenn Deutschsprachige in die Kirche kommen.
Geduld mit den eigensinnigen Russen?

Wenn die Damen kein Deutsch können, dann einfach den Priester oder jemandem aus dem Altar ansprechen. Meist sind die Altardiener ja recht jung und des Deutschen mächtig. Vorurteile gegen Westeuropäer: Sie können meist kein Russisch. :)
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MariaM
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Re: Konversion

Beitrag von MariaM »

Hallo Lazzaro,
das hab ich nicht verstanden - wie hängen denn die Zettel mit den Namen der zu Gedenkenden direkt mit den Prosphoren zusammen? Und welcher Verkauf???
Ich dachte, den Zettel gibt man einfach ab... oder? Warum kannst du das nicht einfach machen? Oder stehe ich irgendwie auf dem Schlauch...?

Apropos Prosforen - dazu würde mich mal interessieren, wie das in euren Kirchen so ist. Aber erst mal sicherheitshalber eine Definitionsfrage: Prosfora ist doch das Brot, aus dem das "Lamm" für die Hl.Kommunion herausgeschnitten und dann im Mysterium der Hl.Kommunion verwandelt wird, und von dem der Rest dann als geweihtes Antidoron verwendet wird. Oder?

Meine FRage dazu richtet sich an alle, Sprache/Nationalität egal. :-) Ich bin ja noch recht "neu" und unerfahren und weiss manches (noch) nicht... Also:
Aus verschiedenen Quellen habe ich den Eindruck gewonnen, dass z.B. in Griechenland viele Leute (v.a. Frauen, aber nicht nur) Prosforen selbst backen, mit dem nötigen Siegel/"Stempel" versehen (aber woher haben sie das???) und in die Kirche mitbringen. Und dieses Brot wird dann für die heiligen Gaben, also die Hl.Kommunion verwendet, und der nicht verwandelte Rest als Antidoron, also das was alle am Ende des Gottesdienstes bekommen.
Aber wie ist das praktisch? Spricht man das vorher ab? Ich meine, nicht dass an einem Tag x Brote zusammenkommen und an einem anderen kein einziges... Und gibt es eine bestimmte Rezeptur, nach der man vorgehen muss?

Ich frage demnächst mal meinen Geistlichen, wie das in "unserem" Kloster eigentlich so ist... Aber mich interessiert es auch allgemein.... danke! Gruss, M.
Nikolaj
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Re: Konversion

Beitrag von Nikolaj »

Liebe Maria,
in der russischen Tradition werden mehrere Prosforen gebacken. Das sind 5 große für die Liturgie: 1. für das Lamm, 2. - 5. für das Gedenken der Gottesmutter, der Heiligen, der Lebenden und der Verstorbenen. Bei den Griechen ist das eine sehr große Prosfore mit einem Siegel, das aus 5 Teilen besteht. Somit ergibt auch das 5 Brote. Dazu kommen aber bei den Russen noch die kleinen Prosforen die so 4 - 5 cm Durchmesser haben. Aus diesen werden beim Gedenken an die Lebenden und Toten kleine Teilchen entnommen und auf dem Diskos plaziert. Die Teilchen werden wie die aus den Prosforen 2 - 5 behandelt.
Diese kleinen Prosforen kann man in der Kirche kaufen und nachdem die Teilchen als entnommen wurden kann man diese dann als Antidoron wieder mitnehmen.
(Wir verkaufen in Trier keine Prosforen sondern nehmen die Zettel zum Gedächtnis entgegen. Die Prosforen werden bei uns alle als Antidoron verteilt.)

Die Griechen kaufen sich so ein Siegel, wenn Sie mit dem Backen beginnen und backen dann welche, wenn sie möchten. Entweder wird das abgesprochen oder es kommen eben mehrere Prosforen. Die beste wird dann für die Kommunion als Lamm genutzt und der Rest als Antidoron verteilt.

Gruß
Nikolaj
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MariaM
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Re: Konversion

Beitrag von MariaM »

Nikolaj - super, danke, jetzt bin ich wieder etwas schlauer! :-)

Jetzt interessiert mich ja umso mehr, wie es hier "bei uns" eigentlich ist - wir sind ja hier in Tschechien in so manchem quasi "dazwischen", verschiedene Traditionen mischen sich zum Teil... Ich werde es hoffentlich bald in Erfahrung bringen! Gruss, M.
Luka Filipp Kiriak
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Re: Konversion

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Apate Nyisfilia hat geschrieben:
Hallo Vater Alexej,

ich werde meine ersten Eindrücke, wenn ich in Dresden gewesen bin, wersuchen in diesem Forum zu schildern :) . Ich habe mich für den Samstaggottesdienst endschieden, welcher von 17:00 -19:00 Uhr geht. Vieleicht ist dann auch noch Zeit für ein Gespräch mit dem Erzpriester. Mein Gedanke war der September, um der russisch orthodoxen Kirche in Dresden ein Besuch abzustatten. Ich hoffe das es dann auch finaziell möglich ist. Ich weiß nur noch nicht ob ich Rock/Kleid oder Hose anziehen :roll: werde, das kommt auf die Witterung drauf an. Der Erzprister tat mir am Telefon sagen normal angezogen soll ich kommen. Ein Kopftuch habe ich parat.

Mit Gottes Segen
Apate
Hallo,
die in dieser Diskussion genannten Vorwürfe gegenüber der russischen Kirche, was die Integration von nicht russischsprachigen Gläubigen bzw. Neuaufzunehmenden betrifft, sind meiner Meinung nach nicht gerecht. Da es bei Apate konkret um die Dresdner Gemeinde geht, möchte ich dazu mal kurz meine Gedanken und Erfahrungen mitteilen. Zunächst muss ich bestätigen, dass in Dresden die Liturgie auf Kirchenslawisch und die Predigt auf Russisch gehalten werden. Lediglich das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser werden vom Diakon zusätzlich auch auf Deutsch gelesen, aber (leider) in einem Tempo, bei dem das aktive Mitsingen/-sprechen nicht mehr möglich ist. Das Evangelium wird nicht auf Deutsch gelesen. Jedoch daraus gleich ein unüberwindbares Problem zu machen bzw. sogar jemandem von dieser Gemeinde abzuraten, halte ich wirklich für überzogen!

Das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser kann man sich ja in geschriebener Form zur Liturgie mitbringen. Und, falls man der kyrillischen bzw. kirchenslawischen Schrift nicht mächtig ist, auch in transkribierter Schreibweise. Für alles andere kann man Übersetzungen (z. B. deutschsprachige Gebetsbücher) verwenden und natürlich während der Liturgie für sich auf Deutsch mitlesen. Wenn man Fragen hat, dann gibt es in der Gemeinde genügend deutschsprechende hilfsbereite Menschen. Nicht zuletzt der Diakon spricht Deutsch und Russisch als Muttersprache. Klar, die Russen gehören nicht gerade zu den Menschen, die gleich auf jemanden zukommen, wenn sie ihn das erste Mal in der Kirche sehen. Aber, wenn man regelmäßig zu den Nachtwachen und Liturgien kommt, wird es mit Sicherheit zu ersten Kontakten mit der Gemeinde kommen, davon bin ich überzeugt. Ich weiß, dass man da von einer Gemeinde durchaus mehr erwarten könnte. Diese Kritik mag also berechtigt sein, aber bei einer Gemeinde geht es letztendlich auch um einzelne Menschen und nicht in allen Belangen um die (russische) Kirche an sich. Und z. B. zur Gemeinde in Dresden gehören doch nicht nur Russen sondern auch Ukrainer, Griechen, Bulgaren, Rumänen, Deutsche usw. Natürlich würde auch ich mich über einen größeren Anteil der deutschen Sprache in den Gottesdiensten freuen. Aber ich bin dankbar, dass ich dazu gehören darf und ich durch diese Gemeinde überhaupt in die orthodoxe Kirche aufgenommen wurde! Durch diese Gemeinde habe ich die Orthodoxie bewusst entdeckt! Und es gibt doch so viele Möglichkeiten, sich mit deutschsprachigen Texten und Literatur einzudecken. Dies wird und wurde gerade auch durch die russische Kirche in Deutschland sehr gefördert! Und davon profitieren dann auch wieder die anderen orthodoxen Landeskirchen im deutschsprachigen Raum. In der Gemeinde in Dresden gibt es sehr herzliche Menschen. Um diese zu sehen, muss man aber auch selbst seine Augen öffnen, vielleicht auch einmal selbst den ersten Schritt machen. Barrieren, egal ob sprachlich oder mental, sollten immer von beiden Seiten überwunden werden! Z. B. mich persönlich motiviert diese Situation, mein sehr dürftiges Russisch zu verbessern. Bleibt nur zu hoffen, dass ich diese Motivation auch wirklich in Taten umsetzen werde. Aber das ist ein anderes Thema! ;)

Liebe Apate, fühl dich herzlich in unsere Gemeinde eingeladen. Sehr gern kannst du immer auf mich zukommen!

Luka
Nikolaj
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Registriert: 08.03.2011, 09:17

Re: Konversion

Beitrag von Nikolaj »

Lieber Luka, von meiner Seite vielen Dank für den Beitrag.

Mir fällt nun gerade etwas ein. Als ich vom Süden Deutschlands kommend ein Halbes Jahr in Hamburg gewohnt habe, schienen mir die Deutschen da oben auch nicht besonders herzlich. Und wenn man bedenkt, dass die Vorfahren der Russen Wikinger aus Skandinavien waren, ist es nicht mehr verwunderlich, wenn die Umgangsweise manchmal etwas rauer ist. :D
Christian
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Registriert: 02.01.2016, 10:35
Religionszugehörigkeit: orthodox

Re: Konversion

Beitrag von Christian »

Ein Gesundes Neues Jahr an alle, die das jetzt lesen werden!

Ich habe mir für dieses Jahr auch die Mitarbeit hier im Forum vorgenommen, obgleich natürlich meine Arbeit in orthpedia darunter leiden wird. Man hat nur begrenzte Kapazität frei.

Eigentlich wollte ich vergangenes Jahr schon zu der Frage von Apate Nyisfilia ("ich bin auch auf der Suche nach einer orthodoxen Kirchgemeinde in der nähe von Görlitz oder auch Niesky") etwas schreiben, aber der Thread war dann ja dann doch sehr schnell sehr voll.

Ein Mitglied unseres kleinen Dresdener orthodoxen Andachtskreises für Männer kommt regelmäßig aus Zittau, wir haben auch regelmäßige Verbindung zur Gemeinde in Rumburk:

http://www.pravoslavirumburk.cz/

In Rumburk ist man allerdings als deutscher Muttersprachler (ohne gute Englisch - , Russisch- oder eben Tschechischkenntnisse) vielleicht nicht ganz so gut aufgehoben, es geht aber irgendwie mit Händen und Füßen vielleicht doch - hatten wir alles auch schon).

Ich kann die Irritationen bezüglich der Russischen Gemeinde in Dresden als Hiesiger durchaus verstehen. Allerdings würde ich nicht so weit gehen wie Lazarro, der schrieb: "Also ich würde das auf keinen Fall empfehlen !!" (jeder muß da nach seiner Facon selig werden).

Leider kann und muß ich die Feststellung von Lazarro:

"Die Ex- Sovjets brauchen mehere Ewigkeiten bis sie auftauen und Ansätze von Höflichkeit zeigen. Wundere Dich also nicht, wenn man Dich erst mal nicht beachtet und niemand mit Dir Reden will. Häufig ist das Gespräch sofort beendet, wenn man kein Russisch kann."

im Wesentlichen bestätigen. Bereits 1979 - noch unter anderem politischen Vorzeichen - bin ich dort abgewiesen worden. Und auch in den letzten Jahren scheint sich da nicht allzuviel getan zu haben, so dass ich als deutscher Muttersprachler lieber die zweisprachigen Gottesdienste (sonntags) und Abendgebete (mittwochs und samstags) der rumänisch-orthodoxen Kirche hier in Dresden regelmäßig besuche. Mit der Zeit habe ich zwangsläufig auch ganz gut Rumänisch gelernt.

http://parohiadresden.weebly.com/

https://www.facebook.com/parohiaortodoxadresden/

Ich denke, dass auch die Gedanken von Mirjanin zur Willkommenskultur nicht von der Hand zu weisen sind. Natürlich müssen zumindest die Funktionsträger der russischen Kirche hier widersprechen - aber ich sehe da leider auch eine gewisse "Betriebsblindheit" (ohne jetzt das Etikett "orthodox Patrioten" verkleben zu wollen, es gibt nicht nur solche, aber diese agieren dann leider Gottes immer zuerst).

Es gibt anderenorts auch bessere Integrationserfahrungen, so habe ich dies von der russischen Auslandskirche in Nürnberg gehört (vielleicht gibt es da Unterschiede - (vormals) Auslandskirche oder Moskauer Patriarchat, vormals BRD oder vormals DDR... mir will es so scheinen).

Insgesamt ist die Bereitschaft und Fähigkeit orthodoxer Kirchen in Deutschland, deutsche Muttersprachler aufzunehmen (und nicht nur als Appendix eines russisch-, griechisch, serbisch-...orthodoxen Partners) doch noch nicht sehr weit entwickelt und läßt doch sehr, sehr zu wünschen übrig. In der Regel bekommt man da noch nicht einmal Antwort auf schriftliche Anfragen. Die Ausnahmen waren Vater Peter (russisch) und Bischof Hanna (rum-orthodox). Ansonsten waren meine deutschen Anfragen (auch bei weiteren Russen, Griechen, Serben, Bulgaren...) unbeantwortet geblieben. Die geringste Erfolgsquote (nämlich glatt Null Prozent) hatte ich bei Anfragen in Deutsch (und/oder Englisch) bei orthodoxen Klöstern (nicht nur in Deutschland).

Fazit: Ohne meine bulgarisch-orthodoxe Frau und ohne das zweisprachige Gottesdienst - und Seelsorgeangebot der Rumänen hier vor Ort würde ich den orthodoxen Glauben wohl kaum praktizieren können (der russische Priester hier vor Ort spricht jedenfalls kein Wort deutsch mit mir - und auch nicht mit anderen wie den rumänisch-orthodoxen Gläubigen, welche mal dorthin gehen - und: wie der Herre, so das Gescherre... ). Gruß Christian
Łukasz
Beiträge: 85
Registriert: 16.12.2015, 19:33

Re: Konversion

Beitrag von Łukasz »

Hallo Christian und Lazarro,

ich würde das alles nicht so furchtbar ernst nehmen. Natürlich haben viele russisch-sprachige Gemeinden so ihre Probleme, wenn es darum geht deutsche Konvertiten in ihre Gemeinschaft aufzunehmen - das gil wohl für alle orthodoxen Gemeinden in Deutschland. Dass viele sofort das Gespräch abbrechen, wenn sie merken, dass man kein Russisch kann, na ja, ich denke, es liegt eher daran, dass sich viele Russen einfach nicht trauen es mal in deutscher Sprache zu versuchen, auch dann nicht wenn sie es eigentlich schon recht gut können, weil sie sich in deutsch nicht blamieren wollen. In meiner russischen Gemeinde haben viele ältere Menschen auch so ihre Probleme mit der deutschen Sprache - die Jugend und junge Erwachsene hingegen überhaupt keine. Die Jugend und die jungen Erwachsenen in meiner Gemeinde, von denen viele ohnehin hier in Deutschland geboren sind, fangen meistens ohnehin das Gespräch zuerst auf deutsch an. Erst wenn sie merken, dass ihr Gegenüber sie nicht richtig versteht oder nur russisch kann, wechseln sie ins Russische. In meinem Fall verstehe ich oft auch so, was viele Ältere meinen, da das Russische dem Polnischen sehr ähnlich ist, was für mich zumindest die Sache etwas leichter macht. Gib den Menschen Zeit sich an dich zu gewöhnen - jeder Mensch ist wie er ist.
Christian
Beiträge: 86
Registriert: 02.01.2016, 10:35
Religionszugehörigkeit: orthodox

Re: Konversion

Beitrag von Christian »

@ Łukasz Vielen lieben Dank für Deine Replik. Du schriebest als eine Art Fazit: "Gib den Menschen Zeit sich an dich zu gewöhnen". Zeit ist ÜBERHAUPT NICHT das Problem.

Vielleicht habe ich mich etwas zu gerafft ausgedrückt, als ich ausführte: "ohne das zweisprachige Gottesdienst - und Seelsorgeangebot der Rumänen hier vor Ort würde ich den orthodoxen Glauben wohl kaum praktizieren können".

Es ist mitnichten so, daß ich nicht oft genug in der russisch-orthodoxen-Kirche hier in Dresden gewesen wäre. Der jetzige Erzpriester versieht seit 31 Jahren seinen Dienst hier in Dresden

(vgl. http://www.orthodox-dresden.de/stsimeon ... in-dresden)

- Putin kam erst ein Jahr später hier an!

(vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_ ... e_Karriere).

Ich kenne sogar noch zwei Vorgänger des jetzigen Erzpriesters.

Wenn ich am nächsten Sonntag zur Kommunion gehen wollte, dann müßte ich nächsten Samstag davor zur Beichte. Ohne genügend Russisch ein No Go. Und das wird sich wohl auch die nächsten 31 Jahre nicht bessern. Es gab von 1978 bis 2013 sogar den DEUTSCHEN Protodiakon Gottfried Reinhardt (was mich bewog, hier 1979 erstmalig vorstellig zu werden, als meine Eltern nach Dresden zogen). Können (Proto)Diakone die Beichte abnehmen? So bleibt es also Essig mit der vollen Teilnahme an der Eucharistie. Ein Mitglied unseres Andachtskreises wohnt nur wenige hundert Meter von der russisch-orthodoxen Kirche entfernt - fährt aber mit seiner Familie zur Eucharistie zum rumänischen Priester nach LEIPZIG (dieser hatte Dresden bis vor zwei Jahren als rumänisches Filial). An Zeit mangelt es nun wirklich nicht, meine erste Vorsprache liegt bald 37 Jahre zurück.

MfG Christian

P.S. Ich bin mit einer deutschen Muttersprachlerin (gebürtigen Dresdnerin) verheiratet, sie ist selbst Konvertit und wegen dieser Dresdener Problematik in einem Kloster getauft worden (bulgarisch-orthodox; wir müßten aber bei den Bulgaren bis zur nächsten Gemeinde nach BERLIN! - gut 200 km... eine Strecke... also eigentlich 400 km + die innerstädtischen vier Reisewege... im viel zu überteuerten ÖPNV - und auch zeitlich kaum machbar...). Keiner von uns beiden verfügt also über einen griechischen/slawischen/rumänischen Sprachhintergrund, so daß es sehr viele Jahre dauerte, bis wir in die Orthodoxie Aufnahme fanden (ohne Appendix eines Griechen/ Russen / Rumänen / Serben / Bulgaren etc. zu sein).
Łukasz
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Re: Konversion

Beitrag von Łukasz »

Hallo Christian,

ok, jetzt verstehe ich dich. In meiner Gemeinde ist das zum Glück nicht so "einsprachig". Unsere Priester können deutsch - vielleicht nicht perfekt, aber doch ziemlich gut. Wir haben sowohl russisch- als auch deutschsprachige Gottesdienste und auch die Beichten können in deutscher Sprache abgelegt werden. Ohne dir jetzt zu nahe treten zu wollen, aber schon mal versucht Russisch zu lernen? Ich weiß, es ist nicht einfach. Ich fange auch erst grad an, aber jeden Tag ein bisschen bringt schon eine Menge und wenn man mal erstmal die kyrillische Schrift richtig lesen und aussprechen kann, ist Russisch eine Sprache wie jede andere auch.
Nikolaj
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Re: Konversion

Beitrag von Nikolaj »

Wenn ein Priester kein deutsch kann, dann wäre doch die Möglichkeit, dass man mit einem deutsch-sprachigen Priester eine telefonische Beichte (oder auch per Skype/Video-Call) ablegt und der Priester vor Ort spricht nur noch die Absolution. Klar, dass es nicht wirklich dem Ritus entspricht, aber ein Ausweg ist es.

Oder, man nimmt einen anderen Kleriker (Diakon, Lektor,...) als Übersetzer in die Beichte mit. :)
Łukasz hat geschrieben:Ohne dir jetzt zu nahe treten zu wollen, aber schon mal versucht Russisch zu lernen?
Vielleicht sollte der Priester, der in Deutschland seinen Dienst tut auch die deutsche Sprache soweit lernen, dass er seinen Dienst so tun kann wie er sollte? Warum will man von einem Deutschen in Deutschland fordern Russisch/Griechisch/... zu lernen, wenn er der christlichen Kirche angehören will?
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