Konversion

Die deutschsprachige Orthodoxie stellt sich vor
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Łukasz
Beiträge: 85
Registriert: 16.12.2015, 19:33

Re: Konversion

Beitrag von Łukasz »

Nikolaj hat geschrieben: Vielleicht sollte der Priester, der in Deutschland seinen Dienst tut auch die deutsche Sprache soweit lernen, dass er seinen Dienst so tun kann wie er sollte? Warum will man von einem Deutschen in Deutschland fordern Russisch/Griechisch/... zu lernen, wenn er der christlichen Kirche angehören will?
Hallo Nikolaj,

an sich hast du ja schon Recht. Bei den besagten Priestern aus Dresden, von denen Christian erzählt hat, scheint das aber irgendwie über Jahrzehnte nicht geklappt zu haben, und ich bezweifle stark, dass es an mangelnder Intelligenz lag. Ich sehe das Problem eher darin, dass diesen Priestern keine Methode aufgezeigt wurde, wie sie am besten eine neue Sprache erlernen könnten.

Ich selbst kann persönlich nur das PC-Programm "Rosetta Stone" empfehlen. Mit diesem Programm erlernt man jede (angebotene) Fremdsprache wie man als kleines Kind die eigene Muttersprache in sich aufgesogen hat. Man muss dabei keine Grammatik oder Vokabeln pauken, sondern man wird vom Programm quasi dazu "gezwungen" nonstop über einen bestimmten Zeitraum, 4 x pro Woche, in der neuen Sprache zu reden, denken, hören, schreiben und selber eigenständige Sätze zu bilden. Dabei werden fast alle Sinne angesprochen, ganz genauso wie man halt auch als Kind seine Muttersprache erlernt hat. "Rosetta Stone" benutzen z.B. die so genannten Simultanübersetzer, die z.B. im EU-Parlament oder in der UNO sitzen, für ihre Ausbildung, um schnell und sofort zwischen zwei Sprachen übersetzen zu können. Ein kompletter Kurs für eine Sprache kostet zwar bei Rosetta Stone ca. 300 €, aber dafür kann man nach einem halben Jahr fließend eine neue Sprache sprechen. Ich benutze es zur Zeit, um Italienisch und Russisch zu lernen und kann es nur empfehlen. Rosetta Stone bietet auch "Deutsch für Ausländer" an. Es ist tausendmal besser als all die Sprachlernbücher da draußen. Wenn es interessiert, hier der LINK.


Ich glaube, wenn alle orthodoxen Priester, egal welcher Muttersprache, einigermaßen gutes Deutsch sprechen und so auch regelmäßige orthodoxe Gottesdienste und Beichten für interessierte Deutsche und (potentielle) Konvertiten in ihren Gemeinden anbieten würden, wären die verschiedenen orthodoxen Kirchen in Deutschland eine echte Alternative für viele enttäusche Christen, die von der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) oder der Römisch-Katholischen Kirche (zumindest der deutschen Version davon) genug haben.
Luka Filipp Kiriak
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Re: Konversion

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Hallo,
nun halte ich es, obwohl ich es nicht vorhatte, doch für sinnvoll, auch etwas zu den hier kürzlich angesprochenen Punkten zu sagen.
Christian hat geschrieben:Wenn ich am nächsten Sonntag zur Kommunion gehen wollte, dann müßte ich nächsten Samstag davor zur Beichte. Ohne genügend Russisch ein No Go.
Das stimmt doch nicht. Ich beichte bei Vater Georgi immer auf Deutsch! Und er versteht mich. Außerdem versuche ich, mich verständlich und in einfachen Worten auszudrücken. Rücksicht muss doch von beiden Seiten kommen. Wenn z. B. ein sehr einfach gebildeter Mensch zur Beichte kommt, sollte der Priester diesem gegenüber doch auch angemessene Worte verwenden und nicht mit griechischen Fachbegriffen so um sich schmettern. Sowohl der Beichtende als auch der Beichtvater sollten sich immer aufeinander einstellen.
Nikolaj hat geschrieben:Vielleicht sollte der Priester, der in Deutschland seinen Dienst tut auch die deutsche Sprache soweit lernen, dass er seinen Dienst so tun kann wie er sollte? Warum will man von einem Deutschen in Deutschland fordern Russisch/Griechisch/... zu lernen, wenn er der christlichen Kirche angehören will?
Die Sprachprobleme in den einzelnen Gemeinden müssen schon im zeitlichen und kausalen Kontext betrachtet werden. Wir dürfen nämlich Eines nie vergessen: Ein Großteil der Priester wurde nicht nach Deutschland gesendet, um die "vielen orthodoxen Deutschen" zu betreuen sondern um den Migranten hier eine ihrem Glauben entsprechende geistliche Heimat zu ermöglichen. Die Orthodoxe Kirche in Deutschland ist ursprünglich eine Migrationskirche, die sich selbstverständlich nach und nach auch dem hier lebendem Volk anpassen und öffnen sollte. Und da sollte der deutschen Sprache natürlich eine hohe Priorität eingeräumt werden. Was Vater Georgi betrifft, wurde mir erzählt, dass er einige Jahre teilweise allein mit Protodiakon Gottfried Reinhardt in einer leeren Kirche Gottesdienste zelebriert hatte, weil es zu DDR-Zeiten an stetigen Gottesdienstbesuchern mangelte. Erst mit der großen Migrationswelle in den 90ern wuchs die Gemeinde zu ihrer beträchtlichen Größe heran. Und es ist nun mal so, dass es größtenteils Russisch sprechende Gläubige waren und bis heute auch sind. Wir sollten den Migranten also dankbar sein, dass durch sie die Orthodoxie (wieder zurück) nach Deutschland gelangt ist und somit auch den nach Wahrheit suchenden Deutschen ermöglicht, "mit aufs Boot Christi zu steigen". In den kommenden Generationen verlagert sich natürlich der Schwerpunkt immer mehr zur deutschen Sprache, sodass jede Gemeinde bereit sein sollte, sich diesen Veränderungen allmählich anzupassen. Das erfordert von allen aber auch etwas Geduld und gegenseitiges Verständnis.

Wie Nikolaj schon gesagt hat: Wenn man etwas sehr Kompliziertes auf dem Herzen hat und meint, man könne es dem Priester vor Ort in deutscher Sprache nicht verständlich machen, dann bleibt immer noch die Möglichkeit, sich sprachliche Unterstützung zu suchen. In Dresden spricht z. B. der Diakon Roman Deutsch und Russisch als Muttersprache. Oder man sucht sich einen Beichtvater, der deutscher Muttersprachler ist bzw. sehr gutes Deutsch spricht und den man bei sehr schwierigen Fragen und Beichtangelegenheiten aufsuchen kann, auch wenn man dazu eventuell mal einen etwas längeren Weg in Kauf nehmen muss. Unabhängig davon ist es natürlich wichtig, dass der Beichtvater auch geistlich Nutz bringend zu einem passt.

Luka
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Igor
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Re: Konversion

Beitrag von Igor »

Grüß Gott!
Luka Filipp Kiriak hat geschrieben:nun halte ich es, obwohl ich es nicht vorhatte, doch für sinnvoll, auch etwas zu den hier kürzlich angesprochenen Punkten zu sagen.
Danke, Luka, für die Klarstellung "aus erster Hand"!

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PS Ich war selbst eine zeitlang kurz nach 1990 in der Dresdener Gemeinde, bis es mich dann berufsbedingt nach NRW verschlug - Grüße an Vr. Georgi!
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Als der Höchste hernieder fuhr, verwirrte Er die Sprachen, zerteilte Er die Völker, nun, da Er Feuerzungen ausgeteilt, ruft Er alle zur Einheit: Einmütig preisen wir deshalb den Heiligen Geist. (Pfingstkondakion im 8. Ton)
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Re: Konversion

Beitrag von Igor »

Grüß Gott!
Christian hat geschrieben:Es gibt anderenorts auch bessere Integrationserfahrungen, [...]
Ja, mit Sicherheit! Die können gern :arrow: in diesem Strang aufgeführt werden, dann sind sie gesammelt auch leichter zu finden.

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Re: Konversion

Beitrag von Nikolaj »

Lieber Luka Filipp Kiriak, auch von mir Danke für die Klarstellung.

Nun, es ist klar, dass einige Priester zur Betreuung der Diaspora-Orthodoxen entsandt wurden, aber nach vielen Jahren Leben und Dienst in Deutschland muss man doch so gut Deutsch können, dass man die "alltägliche" Beichte abnehmen kann - wie es ja wohl auch der Fall ist (wie du geschrieben hast).
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Re: Konversion

Beitrag von Christian »

Zuvörderst ganz allgemein: ich verstehe das orthodoxe Prinzip der Autokephalie auch so, dass es einem berechtigten Interesse der Gläubigen auf muttersprachlichen Gottesdienst und muttersprachlischer Seelsorge entspricht.

Ich zitiere hier nur kurz aus der Kanonisationsakte für den heiligen Anthim den Iberer (dessen 300-jähriges Martyrium dieses Jahr begangen wird): "Nach kurzem Aufenthalt und Tätigkeit als Mönch und Hegumenos im Kloster Snagov zeigte sich dieser Bischof von Râmnic und spätere Metropolit der Walachei in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts neben dem heiligen Märtyrer-Woiwoden Konstantin Brancovan als Schatz von großem Wert für unsere Kirche. Indem er die von Gott geschenkten Talente vermehrte, machte sich der heilige Hierarch Anthim von Iberien zum Meister der rechten Anbetung Gottes, zum Ruhm der Bischöfe der Walachei, zum Juwel der Intellektuellen, zum süßen Prediger der Weisheit in der wunderschönen rumänischen Sprache und zum Barmherzigen gegen die Bedürftigen."

Dieser Heilige trug mit seinen extra gegründeten Druckereien entscheidend zu einem Gottesdienst in der rumänischen Sprache bei.

Ich sehe auch für mich dieses spätestens seit Kyrillos und Methodios erkämpfte Recht auf Muttersprachlichkeit in der Kirche als gegeben an und hoffe, dass sich das in Bälde anberaumte Konzil hier etwas Grundsätzliches für deutsch-, englisch-, französich-, spanisch-, italienisch-... orthodoxe Gläubige einfallen lässt. Es ist ja sehr schön, dass es nun bald zwei Millionen Orthodoxe in Deutschland gibt -wohingegen die "Volkskirchen" hier schrumpfen - aber man sollte sich dann auch um so mehr der Konsequenzen und der Verantwortung, die daraus erwächst, bewußt werden.

Ich möchte auch Vater Konstantin Lindberg (ehedem Hamburg) zitieren (über die deutsche Sprache als Liturgiesprache): "Wir Leben in Deutschland. Ich habe gehört, dass in Deutschland deutsch gesprochen wird." Vater Konstantin war ein überzeugter Vertreter des deutschsprachigen orthodoxen Gottesdienstes, für den er beständig gekämpft hat. Der verstorbene Starez Nikolai Gurjanov (Salita-Insel) gab ihm den Segen dazu ("Deutsch predigen!").

Speziell hier in Dresden sind mir sehr viele Orthodoxe (Griechen, Serben, Rumänen, Bulgaren, Engländer, Franzosen, Italiener, Spanier/Lateinamerikaner und eben auch Deutsche) bekannt, welche ob der Sprachproblematik nicht zur russischen Kirche hier gehen und zT nun auf das zweisprachige Angebot der rumänischen Kirche zurückgreifen - anderenfalls sich nach Leipzig (besonders die Griechen) oder gar Berlin (besonders die Bulgaren) wenden (müssen). Ich stehe da mit meiner Entscheidung beileibe nicht allein da. Andererseits kenne ich natürlich auch einige verhältnismäßig wenige deutsche Orthodoxe, welche sich an die russische Kirche halten - schon aus unserem Andachtskreis, der ja ursprünglich dort beheimatet war - und der auch jetzt noch neben uns Deutschsprachigen von einem sprachbegabten russischen Muttersprachler besucht wird.

Im übrigen verstehe ich Russisch und kann es auch lesen (als Hochbegabter mußte ich es obligatorisch ab der 3. Klasse lernen) - habe es aber wegen der Zwangsrussifizierung in der DDR abgelehnt, diese Sprache zu benutzen - mit allen daraus folgenden Konsequenzen (Studienverbot, Berufsverbot, Haft, "politisch-operative" Zwangs-Ausbürgerung aus dem Ostblock...). Warum sollte ich nun heute noch im Ruhestand mit Russisch beginnen, wo ich das alles unter sehr großen Opfern durchgestanden habe? Ich bin Deutscher und war kein Sowjetide und bin jetzt auch nicht russisch-orthodox geworden. Und ich insistiere auf mein Recht der muttersprachlichen Kirchlichkeit.

Gott befohlen

Christian
Luka Filipp Kiriak
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Re: Konversion

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Lieber Christian!

Ich kann natürlich auch deinen Standpunkt gut nachvollziehen. Und es ist nicht so, dass ich mir nicht auch einen größeren Anteil der deutschen Sprache in der Liturgie wünschen würde. Aber dennoch übe ich mich in Geduld, auch in Bezug auf die Gemeindeglieder, denen das Kirchenslawische wiederum sehr wichtig ist. Und ich denke, dass die Zeit das schon richten wird. Viele der Kinder in der Kirche sprechen schon heute bevorzugt deutsch. Von daher wird sich da bestimmt in den kommenden Jahren ein Wandel vollziehen bzw. vollziehen müssen. Halten wir fest: Es ist gut, dass es in Dresden bereits auch ein zweisprachiges Angebot in der rumänischen Kirche gibt, sodass zumindest niemand "auf der Strecke bleiben" muss.

Luka
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