In Russland ist zur Zeit ein Film Gesprächsthema, der besonders junge Leute scharenweise in die Kinos treibt und von Patriarch Alexij II. als "echten orthodoxen Film" gelobt wird. Ich hoffe daher, dass er auch bald bei uns zu sehen sein wird.
Die WELT hat geschrieben:Russlands Jugend entdeckt die Sühne
Der Film "Die Insel" handelt von einem asketischen Mönch und nimmt Glauben und Kirche wieder ernst. Er zieht in Russland vor allem junges Publikum in die Kinos. Der Inhalt: Der junge Matrose Anatoli erschießt im Zweiten Weltkrieg unter dem Zwang deutscher Soldaten seinen Offizier. Hilfe erfährt er später durch orthodoxen Mönche.
Von Marina Anselm
Mit entschlossenem Blick rudert Vater Anatoli auf einen Inselvorsprung zu. Der Wind zerrt an seiner Mütze, den Filzhandschuhen, an seinem langen, dunklen Gewand. Vater Anatoli bemerkt es nicht. "Vergib mir, Vater", murmelt er durch seinen ergrauten Stoppelbart, steigt aus dem Boot und stolpert über die Disteln, die unter der Schneedecke hervorlugen.
"Vergib mir, sei mir Sünder gnädig." Mit großen Schritten geht Vater Anatoli über die karge Insel. "Ich bin ein Sünder", sagt er und lässt sich fallen. Mit dem Gesicht nach unten, die Arme ausgestreckt bleibt er liegen. Er atmet schwer.
Sühne - das ist eines der zentralen Themen in dem neuen Film "Die Insel" des russischen Regisseurs Pawel Lungin. Das Drama, das seit Wochen in Russlands Kinos läuft, beginnt im Zweiten Weltkrieg, auf dem Weißen Meer. Deutsche Soldaten zwingen den jungen Matrosen Anatoli, seinen Offizier zu erschießen. Danach sprengen sie den Kohlefrachter.
Anatoli wird an eine Insel gespült und von orthodoxen Mönchen gerettet. 30 Jahre später, Mitte der Siebzigerjahre, ist er selber Mönch geworden. Vater Anatoli, wie er nun genannt wird, sucht immer noch Vergebung für seine Sünde. Trotz seiner seelischen Qualen hat er heilende Fähigkeiten. Von überall her kommen Menschen zu dem wunderlichen Mönch, der asketisch in einer Holzhütte lebt. Erst in der Schlussszene findet Vater Anatoli Frieden: In einem Hilfesuchenden erkennt er den Offizier, der den Schuss damals überlebt hat.
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