Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Neu in der orthodoxen Kirche - Wie lebe ich als orthodoxer Christ? Alle allgemeinen Fragen rund um die Orthodoxie.
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protopeter
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Beitrag von protopeter »

Liebe Mary !

In der Orthodoxen Kirche gibt es kein Verfahren, das dem im römischen Katholizismus üblichen Heiligsprechungsprozeß gleichzusetzen wäre; das entscheidende Kriterium der Heiligenverehrung ergibt sich daraus, daß der Betreffende im Gedächtnis der Kirche gegenwärtig ist.

Konkret bedeutet dies nach orthodoxem Verständnis: Gemäß der Grundanlage des Menschen, in Abbild und Ähnlichkeit Gottes geschaffen und durch das Erlösungswirken des Gottmenschen Jesus Christus zur spezifischen Würde der Gotteskindschaft erhoben zu sein, ist der gleichsam naturgemäße Weg des Christen die Erlangung der Heiligkeit. Wenn nun eine Person aufgrund diverser charismata als heilig erkannt ist, kann als einzig wesentliches Kriterium gelten, in welcher Weise er dieser seiner Berufung nachzukommen vermochte.

Einzig mögliche Erweise der Heiligkeit sind in der Bezeugung von Leben und Wirken des Betreffenden möglich - hier bedarf es beispielsweise aber auch nicht des verpflichtenden Nachweises von Wunderheilungen. In der orthodoxen Tradition wird etwa auch die Unverweslichkeit der sterblichen Überreste als ein Hinweis auf die persönliche Heiligkeit betrachtet; darüberhinaus ist das authentisch überlieferte Blutzeugnis für Christus ein Anlaß, diese Person als Heiligen anzuerkennen.

Die entsprechenden synodalen Kanonisationsdekrete enthalten dann auch zumeist Formulierungen, die darauf hinweisen, daß der Eintrag in den kirchlichen Festkalender aufgrund der allgemeinen Verehrung der betreffenden Person erfolgte; somit zeigt sich, daß auch die (zumindest indirekte) Teilhabe des Kirchenvolkes eine nicht zu unterschätzende Rolle bei diesen Ereignissen spielt.

In der Liebe Unseres Herrn grüßt
Erzpr. Peter
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Zu diesem Thema werde ich eine Übersetzung aus dem griechisch-spachigen Teil von oodegr.com bereitstellen. Ich fand sie sehr interessant, weil sie die Geschichte um die Ermordung und schlussendlich die Verherrlichung der Zarenfamilie aus einer geistlichen Sicht betrachtet.

Ich werde das in mehreren Beiträgen machen, da es sich um einen sehr langen Text handelt und ich die Kapitel beitragsweisen reinstellen werde.

Ich erlaube mir, diesen Strang während dieser Zeit zu sperren, um die Beiträge aufeinanderfolgen zu lassen. Dies erscheint mir ganz gut, so dass am Ende - wenn erwünscht - der Beitrag als Ganzes diskutiert werden kann, und hoffe natürlich sehr dass das so akzeptiert werden kann.

Der Verfasser des Textes (in der Ich-Form geschrieben) ist Theodor Riginiotis. Der Artikel wurde im Juni 2010 in der Zeitschrift Trito Mati (Drittes Auge), Ausgabe 180, veröffentlicht.
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Sind die Romanovs Heilige?

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Als die Russisch Orthodoxe Kirche der Diaspora (ROKA) 1981 den letzten Zaren Russlands Nikolaus II Romanov und seine Familie (die am 17. Juli 1918 von den Bolschewisten ermordet wurden) als Märtyrer und Heilige anerkannte, waren viele Gläubige vor den Kopf gestoßen, während die „Ungläubigen“ sich darüber lustig machten, denn sie glaubten, dass „schon wieder“ der Konservatismus und die kryptofaschistischen (in diesem Fall philomonarchischen) Tendenzen der orthodoxen Christen und unserer Priester festzustellen war. Wir wären – so denken sie – nicht mehr als eine Masse ungebildeter Religionsfanatiker, voller psychopathologischer Probleme jeder Art…

Im Jahr 2000 wurde die Heiligkeit der Zarenfamilie auch vom „höchsten offiziellen Verkünder“ der russischen Orthodoxie, dem Moskauer Patriarchat, verkündet. Dies verursachte wieder die gleichen Probleme, da in unserer Zeit (einer Zeit, in der jeder leichthin glaubt, er sei weiser als die anderen) die Entscheidungen einer Patriarchensynode keinerlei Geltung hätten, auch wenn sie eine ganze Ortskirche vertritt.

Damals wunderte ich mich auch und war traurig, nicht in der Lage (wegen meiner Unkenntnis) zu verstehen, warum meine russischen Brüder die Eigenschaft des Märtyrers in den Mitgliedern der Zarenfamilie sahen. Ich glaubte damals – geführt durch die Massenmedien – dass es bei ihnen (den russischen Brüdern) um eine Gruppe konservativer handelte, die ihre philomonarchischen (kaisertreuen) Tendenzen zum Ausdruck bringen.

Nun sind einige Jahre seitdem vergangen, und obwohl ich ethisch gesehen immer noch ein Anfänger bin, haben sich meine Kenntnisse vermehrt. Jetzt verstehe ich, wie die russischen Brüder dachten und ich verstehe auch, wie ich damals gedacht hatte, als ich zweifelte und mich fragte: ich dachte als verängstigter Weltlicher, der die Geschichte der Menschheit nur auf westlichen Erklärungsmodellen basierend deutet und den geistlichen Sinn der Menschheitsgeschichte nicht erfasst.

Deshalb werde ich hier versuchen – mit Gottes Hilfe – in wenigen Worten die Denkweise hinter der Heiligsprechung der letzten der Romanovs zu erklären. Es ist klar, dass jeder, der nicht einmal an Heiligkeit als einen tatsächlichen Zustand des Menschen glaubt, diese Denkweise als idiotisch und übertrieben religiös bezeichnen wird. Wer glaubt, das „Heiliger“ nur ein menschlicher Titel ist, den Menschen ehrenhalber jemandem verleihen, den sie ehren wollen, der wird keinen Grund sehen, diesen Titel den letzten der Romanovs zu verleihen. Ich hoffe trotzdem, dass derjenige die Denkweise der orthodoxen Russen nachvollziehen kann und ihnen etwas Raum gibt, „auch auf dieser Welt zu existieren“. Insbesondere in unserem postmodernen Zeitalter, in der die Tendenz herrscht mit Begeisterung bis hin zur Verherrlichung die Kultur jedes Volkes – inzwischen auch die primitive Götzenanbetung (Idolatrie) – anzunehmen, hoffe ich, dass sich für Euer Bewusstsein etwas Luft zum Atmen finden lässt und eine orthodoxe christliche Kultur, auch wenn Ihr mit ihrer Sichtweise anderer Meinung seid.

Wer aber den geistlichen Sinn der Geschichte erfasst, der wird – und nur wenn es im Herzen ist – spüren, was die Wahrheit ist.
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Starben die Romanovs für ihren Glauben?

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Die letzten Mitglieder der Zarenfamilie waren:

Zar Nikolaus II Romanov,

seine Gemahlin, die Zarin Alexandra- Fjodorovna,

ihre Töchter Olga-, Tatjana, Maria und Anastasia-,

ihr Sohn Zarewitsch Alexei (bluterkrank).

Mit ihnen wurden der Leibarzt Botkin und die Mitglieder des Personals der Zarenfamilie, der Koch Iwan Charitonov, Diener Alexej Trupp und Kammerzofe Anna Demidova getötet.

Anna Demidova und die kleine Prinzessin Anastasia wurden durch Bajonetthiebe und nicht durch Erschießen getötet.

Nach der Ermordung, die nachts in einem Keller in Jekaterinenburg stattfand, wurden die Leiber der Toten in die Zeche von Verkh Isetsk gebracht, wo sie zerstückelt und verbrannt wurden, um sie verschwinden zu lassen. Die Details der Ereignisse hat später der Anführer der Mörder, Jankel Jurowski, enthüllt.
Ein christliches Begräbnis erhielten sie erst 1998, denn erst 1991 wurden ihre spärlichen Überbleibsel gefunden und nach einer erschöpfenden wissenschaftlichen Untersuchung (DANN) identifiziert.

Die minderjährigen Kinder des Zaren können sicherlich leicht als Märtyrer anerkannt werden. Jedes unschuldige Opfer hat eine Heiligkeit, nicht nur für uns Christen, sondern sogar auch für humanistische „Atheisten“ jeglicher Couleur. Es ist also nur recht, diese Kinder als Märtyrer zu ehren, so wie alle Kinder Märtyrer sind, die durch die Bosheit der Erwachsenen zu allen Zeiten und auf der ganzen Welt getötet werden.
Wer von diesen Kindern wegen der christlichen Eigenschaft umgebracht wird, wird als Heiliger geehrte (man nennt sie „Kinderheilige – Pädomärtyrer“). Der anderen gedenkt man während der großen Synaxeis (Mehrzahl von Synaxis, Zusammenkunft) der Orthodoxen, in denen aller Seelen der Entschlafenen gedacht wird (z.B. die Psychosabbata, Seelensamstage).

Auch bei der Zarin handelt es sich um ein unschuldiges Opfer. Sie mag einen Fehler begangen haben, als sie den Scharlatan und Pseudoaltvater und –heiligen Grigori Rasputin an den Zarenhof brachte. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass niemand ohne Sünde ist. Jeder kann irregeführt werden – ihre Irreführung beweist mitnichten, dass sie selber ein „böser Mensche“ war. Darüberhinaus hat sie den durchaus sehr mildernden Umstand, dass Rasputin mit seiner angeblich „wunderlichen Gabe“, den im Sterben liegenden Zarewitsch heilte, der an der unheilbaren Krankheit der Hämophilie (Bluterkrankheit) litt. Wie kann einen Mutter den Retter ihres todkranken Kindes nicht als Heiligen betrachten?
Somit ist auch die Zarin ein Opfer, dass ohne Schuld starb. Wenn man die Kinder als Märtyrer anerkennen kann, so kann man dies für die Zarin zumindest dulden.

Aber was ist mit Nikolai selber? War dies nicht der Kaiser, der zumindest unfähig gewesen war, Russland von der gesellschaftlichen Ungerechtigkeit und moralischem Verfall zu retten? War sein Tod nicht eine gerechte Strafe für seine Taten und Versäumnisse? Was hat sein Leben mit einer Heiligenvita zu tun und sein Tod mit einem religiösen Martyrium?

Und trotzdem, zumindest im Bewusstsein unserer russischen Brüder (unabhängig davon ob das ein zeitgemäßer „Rationalist“ dulden kann oder nicht) hat letzteres (religiöses Martyrium) eine große Relevanz. Ich werde versuchen, das im Folgenden zu erklären.
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Der geistliche Sinn der Geschichte

Das wichtigste Ereignis in der Geschichte der Menschheit ist die Rettung des Menschen. Nicht aus der Armut oder der Ungerechtigkeit usw. sondern die ewige Errettung vom Tod, also die Errettung der Seele. Das, nach dem jeder Mensch berufen ist zu streben, wie es zumindest jeder Christ weiß.

Somit liegt hinter jeder Wahl der Menschen (unbedeutende oder prominente), die die kleinen oder die großen Ereignisse der Geschichte verursachen (seien sie gesellschaftlich, wirtschaftlich, politisch, militärisch usw) ein anderes, größeres Ereignis, stets das selbe: die Einladung Gottes in Christo an jeden Menschen, sich Ihm zu nähern und errettet zu werden, der blindwütige Versuch des Widersachers den Menschen irrezuführen und ihn von Gott zu entfernen und letztendlich die Entscheidung des Menschen dem einen oder dem anderen Pfad zu folgen.

Und somit ist jedes Ereignis der Geschichte nicht nur politisch, gesellschaftlich etc. sondern hauptsächlich ein Ereignis, dessengemäß (und durch welches) Menschen das Paradies erlangen oder in der Hölle verloren gehen. Und das ist das beste und richtige Kriterium (das einzig wirklich richtige), mit dem ein Christ die historischen Ereignisse bewerten kann.

Zum Beispiel ist die Wendung eines Königs zum Christentum (wie des Hl. Konstantin, Chlodwigs des Franken, des Heiligen Vladimir von Kiew usw.) nicht nur eine politische Entscheidung, wie wir es beeinflusst durch die fremden Kriterien der Aufklärung (die uns wiederum als die einzig richtigen und wissenschaftlichen eingetrichtert wurden) gelernt haben, sondern zu allererst eine gottgefällige Tat, denn durch sie erlangen Millionen Seelen das Paradies.

Auf der anderen Seite ist z.B. die Französische Revolution nicht nur ein politisches und gesellschaftliches Ereignis, sondern eine Sünde. Natürlich nicht weil sie die angeblich „durch Gottes Gnade“ französische Monarchie (wir Orthodoxen glauben sowieso nicht an solche Märchen) stürzte, sondern weil sie gewaltsam den Atheismus auferlegte. Also kostete sie unzähligen Seelen, die irregeführt wuden, die Errettung und vernichtete zehntausende von Menschen im Namen angeblichen „Demokratie“.

Das selbe gilt auch für die Oktoberrevolution. So sehr die Ausbeutung des russischen Volkes durch die Feudarchen und ihre Herren eine unverhohlene Sünde war, so sehr war es auch die Oktoberrevolution, denn sie führte gewaltsam den Atheismus ein (was wiederum unzähligen Seelen die Errettung kostete) und löschte Millionen von Menschenleben aus im Namen ein angeblichen „Laokratie“.

Mehr als Frankreich, war Russland ein orthodoxes Land, voller gläbiger orthodoxer Christen, Erben der antiken und authentischen christlichen Geistlichkeit, mit geheiligten Klöstern (keine Lehen und Machtzentren, sondern große geistliche Zentren, wie die Klöster von Optina, Sarov, die Kiewer Höhlen, Valaam usw) und vieler Heiliger, die während der Oktoberrevolution lebten und das Volk mit ihrer Weisheit und ihrer Heiligkeit stützten. Aber all dies wurde von den Bolschewiken vernichtet und all jene nannten sie „Feinde des Volkes“. Sie verhafteten sie, prangerten sie an, folterten sie, schickten sie ins Exil, töteten sie!... Nach eigenen Worten „reinigten sie die Gesellschaft vom Müll“.

Die letzten Starzen von Optina (z.B. Nektar und Nikon), die Heilige Elisabet Fjodorowna mit ihrem großen gesellschaftlichen Werk in Moskau (sie wurde nur deshalb hingerichtet, weil sie die Schwägerin des Zarenfamilie war) und letztendlich die vielen Bischöfe und unzähligen Geistlichen, Mönche und Laien, die umgebracht wuden, weil sie darauf bestanden und ihren christlichen Glauben bekannten, waren „Volksfeinde“ (und "Müll").

Ich kann somit als orthodoxer Christ die Oktoberrevolution als nichts anderes als eien Falle des Teufels bezeichnen, mit dem Ziel der Zerstörung der Orthodoxie in Russland und den Verlust der Seelen unserer russischen Brüder auf die eine oder andere Wiese (durch Gewalt oder Propaganda).

Während die Ideologie der Oktoberrevolution wie ein Fackel in andere Länder weitergetragen wurden, wurden dorthin auch die unmenschlichen Praktiken weitergetragen: Verfolgung, Folter und Tod für die Christen! Die Oktoberrevolution gebar also außerhalb Russlands weitere Diokletiane, Neros (siehe auch über die Rumänischen Neomärtyrer), so dass der Teufel sich freuen konnte.
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Der Tod der Zarenfamilie

Es sei bemerkt, dass der Zar und seine Familie überhaupt nicht nach einem Prozess hingerichtet wurden, sondern im Geheimen und herzlos ermordet und ihre Ermordung wurde erst sehr viel später enthüllt. Abgesehen davon würde kein echtes Gericht die Ehefrau und die minderjährigen Kinder eines Kaisers, egal wie „böse“ er selber war, zum Tode verurteilen.

Auch sei bemerkt, dass Nikolai im März 1917 auf den Thron verzichtet hatte, nach dem blutigen Aufstand im Februar desselben Jahres, und er verzichtete auch auf das Recht, dass ihm sein Sohn und rechtmäßiger Erbe Alexei auf dem Thron folgte, denn der Prinz war krank und konnte nicht von seiner Familie getrennt überleben. Somit bestimmte er als nächsten Zaren seinen Bruder, den Großherzog Michail Alexandrowitsch (der nicht annahm) und schrieb unter anderem:

…In diesen so kritischen Stunden für Russland, dachten wir es sei unsere gewissenhafte Pflicht, eine Vereinigung aller nationaler Kräfte mit dem Ziel des schnellen Sieges (Anm. d. Ü.: gemeint ist im Ersten Weltkrieg) zu erreichen. In Übereinstimmung mit der Kaiserlichen Duma dachten wir sehr gründlich darüber nach, auf den Thron des Russischen Reiches zu verzichten. Zumal wir es nicht wünschen, uns von unserem geliebten Sohn zu trennen, übertragen wir die Macht an unseren Bruder, den Großherzog Michail Alexandrowitsch und geben ihm unseren Segen den Thron des Russischen Reiches zu besteigen. Unsere Anweisung an ihn ist es sich um die Staatsangelegenheiten zu kümmern in vollkommener Harmonie mit den Volksvertretern mittels der gesetzgebenden Organe und gemäß derjenigen Prinzipien, die durch das Volk bestimmt werden und auf welche unser Bruder einen unverletzbaren Eid schwören wird."

Zar Nikolai wurde also nicht ermordet weil er „ein Verbrecher“ war, denn wäre dies die Denkweise seiner Henker, wäre ihm der Prozess gemacht worden und er wäre durch ein ehrbares Gericht zum Tode verurteilt worden; wobei er natürlich auch das Recht auf Verteidigung gehabt hätte. Er wurde ermordet, weil er das Symbol der Einheit der orthodoxen Russen war, ihr Regent, der – bliebe er am Leben – ihnen Präsenz den Mut und die Vision der Befreiung von den unmenschlichen Verfolgungen des neuen Regimes hätte geben können.

Diese orthodoxe Russen waren keinerlei Plutokraten, Feudarchen und ihre Handlanger, oder irgendwelche Faschisten, sondern Million einfacher Leute, arm, aber gläubige Christen, die durch das zaristische Regime zwar nicht begünstigt oder privilegiert waren, aber die sich im neuen Regime überhaupt nicht frei fühlten. Sie widersetzten sich, und aus ihren Reihen gingen in den nächsten Jahrzehnten die unzähligen russischen Neumärtyrer des 20. Jahrhunderts hervor.
Gleichermaßen wurden die Gattin und die Kinder des Zaren ermordet, da – blieben sie am Leben – die orthodoxen Russen sowohl in Russland (wo sie sich verstecken mussten) wie auch in der Diaspora (wo sie zu Tausenden flüchteten), weiterhin fühlen würden, dass sie Regenten hätten und das Regime wäre in Gefahr. Somit wäre der Plan des Widersachers, die Orthodoxie in Russland auszumerzen (ein Plan, dem die Bolschewisten mit ihren blutigen Verfolgungen der Christen naiverweise dienten – vielleicht sogar unwillentlich, weil sie tatsächlich glaubten, sie würden dem Volk dienen). Deshalb wurden auch die Mitglieder ihres Personals umgebracht sowie alle Mitglieder der Zarenfamilie, deren man habbar werden konnte, verhaftet und getötet, so z.B. die Heilige Neumärtyrerin Elisabet Fjodorowna, Schwester der Zarin und Gattin des Großherzogs Sergius Romanov (der 1905 mit einer Bombe ermordet wurde), Onkel des Zaren. Und das trotz der Tatsache, dass die demütige und sensible Heilige Elisabet, die Nonne war, mit dem armen Volk zusammen litt und mit dem Kloster-Krankenhaus, das sie zu Ehren der Hll. Martha und Maria gegründet hatte, Moskau ein gigantisches philanthropisches Werk schenkte.

Das ist der Grund, warum die Russen denken, dass die Zarenfamilie wegen des orthodoxen Glaubens und nicht aus politischen Gründen ermordet wurde: damit es keine Führung geben konnte, die die orthodoxen Russen stützen und beseelen konnte. Es handelt sich also um eine religiös motivierte Ermordung, eine Ermordung wegen der Eigenschaften der Opfer als Führer eines orthodoxen Volkes. Und gemäß dieser Denkweise ist die Zarenfamilie eine Familie von Neumärtyrern.

Dies führt auch der Vorsitzende der ROKA, der Hl. Filaret († 1985) im Schreiben der Heiligsprechung an: „...Wir dürfen nicht vergessen, dass die kommunistischen Verbrecher duch die Tötung der Zarenfamilie darauf abzielten, das Gedächtnis selbst, wie Russland in so vielen Jahrhunderten seiner Existenz gelebt hat, auszuwischen. Sie versuchten jenen strahlenden Geist des russischen Volkes, der im Heiligen Orthodoxen Russland vorherrschte, abzulösen, zu vernichten, zu entwurzeln – den Geist einer orthodoxen Lebensweise, und an seiner statt den gräßlichen Geist der Gottesbekämpfung (Theomachie) und des brudertötenden Kommunismus einzupflanzen. Die verbrecherische Ermordung der Zarenfamilie war nicht nur eine Tat des Hasses und der Rache. Es war nicht nur eine Tat der politischen Revanche, aber es war hauptsächlich eine geistliche Tat, die auf die Auslöschung der Orthodoxie des russischen Volkes abzielte und ihrer Ersetzung durch den perversen und bösen kommunistischen Geist.[…]

Wir sollten nicht übersehen, dass die Russen das königliche Amt viel mehr im Kirchenleben integriert sahen als z.B. die Byzantiner. Das verstärkt vielleicht das Gefühl, dass ein Regent des Orthodoxen Russlands ermordet wurde und nicht einfach ein Staatsoberhaupt, so sehr, dass wir (Nichtrussen) das gar nicht nachempfinden können. Es ist kein Zufall, dass die Zaren genau wie die Priester im Altarraum kommunizierten, und nicht außerhalb wie z.B. der byzantinische Kaiser. Deshalb konnte z.B. der Hl. Johannes Maximowitsch ehrlich und ohne zu politisieren behaupten das der „von Gott Gesalbte“ ermordet wurde und dass die atheistischen Mächte gegen die königliche Krone aufwiegelten, die mit dem Kreuze geschmückt ist, um die Beziehung zwischen der Königsmacht und dem Kreuz auszudrücken (das Kreuz als Symbol der Selbstaufopferung)

Wir dürfen uns nicht irreführen lassen. Das oben genannte bedeutet nämlich überhaupt nicht, dass jedem Zar die Macht vom russischen Volk oder der russischen Kirche als Blankoscheck zum unmenschlichen und unmoralischen Handeln gegeben wurde, weil er „von Gott gesalbt ist“. Ganz im Gegenteil, diese besondere christliche Eigenschaft der kaiserlichen Institution verstärkt die Verantwortung des Zaren nach christlichem Ethos zu handeln. Niemand behauptete „der Zar war ein Lump, aber er ist heilig weil er ein König war und getötet wurde“. Alle Berichte über seine Heiligkeit, auch innerhalb der Prophezeiungen (siehe weiter unten), betonen, dass es sich bei ihm um einen Menschen mit reiner Seele handelte, und dass er sich um sein Volk kümmerte. „Der, der seine ganze Kraft widmet, um Russland im Namen Gottes zu dienen“ (Hl. Johannes Maximowitsch). Wäre dies nicht der Eindruck der orthodoxen Russen bezüglich des Ethos Nikolai des II, dann können wir mit Sicherheit davon ausgehen, dass ihm die Anerkennung eines Heiligen nicht gezollt worden wäre.

Wir müssen hier auch berichten, dass das Moskauer Patriarchat die Zarenfamilie als „Leidensträger“ (passion bearers, Pathophoren) bezeichnet hat, und nicht als Märtyrer. Das bedeutet, dass sie aufgrund ihres orthodoxen Glaubens gestorben sind, aber nicht weil sie es ablehnten ihrem Glauben abzuschwören, wie es bei den Märtyrern passiert ist. Diese Bezeichnung tragen auch andere russische Heilige, wie die Prinzen Boris und Gleb, die sich 1015 freiwillig ihrem Bruder Swjatopolk ergaben, wissend dass sie sterben würden. Sie ergaben sich, weil sie es als mit ihrem christlichem Glauben nicht vereinbar sahen, von ihren Soldaten ihre persönliche Verteidigung zu verlangen.

Wer die davon ausgeht, dass Geschichte der Menschheit im Grunde politisch, gesellschaftlich oder wirtschaftlich sei, wird sicherlich nicht mit oben erwähnter Denkweise übereinstimmen.

Das macht aber nichts aus. Sinn des Artikels ist es nicht, dass der Leser zustimmt, sondern dass er versteht!
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Die Russische Auslandskirche

Die Russisch-Orthodoxe Kirche der Diaspora bildete sich hauptsächlich aus russischen „geistlichen Flüchtlingen“, die aus der UdSSR entkommen waren, weil sie nicht mehr unter dem atheistischen Regime leben konnten. Es bestand keine Kommunion mit dem Moskauer Patriarchat, da letzteres, nach der Entschlafung des Heiligen Patriarchen Tichon und nach fürchterlichen und blutigen Ereignissen, unter die Vormundschaft des Regimes gekommen war. Somit war die einzige Orthodoxe Kirche auf russischem Boden, die von der ROKA anerkannt wurde, die geheime und außer Gesetz stehende Kirche, die Patriarch Sergius (einem Menschen des Regimes) nicht anerkannt hatte und im Westen als „Katakombenkirche“ bekannt war. Die Katakombenkirche hatte geheime Bischöfe, Priester und Mönche sowie geheime Klöster. Unzählige ihrer Mitglieder wurden als Regimefeinde gefoltert und getötet, obwohl es sich hierbei überhaupt nicht um eine politsche, sondern eine rein geistliche Bewegung handelte (einen griechischsprachigen Text zur Katakombenkirche gibt es hier: http://churchsynaxarion.blogspot.com/2009/04/1.html).

Über die ROKA schrieb der amerikanische orthodoxe Hieromönch, Vater Damaskin Christensen von der Bruder des Hl. Herman in Alaska:

Diese Kirche, die 1920 auf dringende Anweisung des Patriarchen Tichon von Moskau gegründet wurde, entschied im selben Jahr, verwaltungstechnisch von der Kirche von Russland getrennt zu bleiben, bis letztere sich von den Fesseln des gottlosen sowjetischen Regimes befreien würde. Parallel dazu bezeichnete sich die ROKA selber als ‚unzertrennlichen, geistlich einheitlichen Zweig‘ der Mutter Kirche Russlands“ (Hieromönch Damaskin in seinem Buch, der Biographie Vt. Seraphim Roses)

Weiter: „Die Resolution der Bischofskonferenz der russischen Auslandskirche, die im September 1927 ausgegeben wurde, besagte: ‚Der Teil der panrussischen Kirche, die sich im Ausland befindet, muss unbedingt jegliche verwaltungstechnische Beziehung mit der kirchlichen Verwaltung in Moskau abbrechen, bis sich die normalen Beziehungen mit Russland wieder einstellen und bis zur Befreiung unserer Kirche von den Verfolgungen, die sie unter der gottlosen sowjetischen Führung erleidet… Der Teil der russischen Kirche, die sich im Ausland befindet, bezeichnet sich selber als unzertrennlichen und geistlich einheitlichen Zweig der Großen Russischen Kirche. Sie separiert sich nicht von der Mutter Kirche bestimmt sich selber nicht als autokephal‘“.

Wir schreiben dies, damit klar wird, dass die ROKA ein ehrbarer Versuch war, bezeichnet durch Demut und Liebe, nicht durch Arroganz und Fanatismus. Ihre Mitglieder waren neben anderen heiligen Männern mit umfassenden Geist und Sehnsucht nach der Einheit der Orthodoxen, der Hl. Ioann Maximowitsch, Erzbischof von Shanghai und San Franzisko der Wundertäter, wie auch der Hieromönch Seraphim Rose.

So weit wir wissen konnten, hatte die russische Auslandskirche den Segen in ihrem Schoß die berühmtesten Vertreter des Heiligen Russland zu umfassen, die damals in der Diaspora lebten; wundertätige Altväter, Propheten, reine Theologen und Philosophen“ (Hieromönch Damaskin, im selben Buch). Deshalb stellte sie nach dem Fall des Sowjetregimes die kirchliche Kommunion mit dem Moskauer Patriarchat wieder her, sehr zur Enttäuschung der schismatischen „Zeloten“ (Altkalendarier) in Griechenland und anderswo.
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Ein kleiner Zusatz: Die Positinierung des Patriarchen von Jerusalem

Im Mai 1982, während der Überführung der Reliquien der heiligen Neumärtyrer Elisabet Fjodorowna und Barbara Jakowlewa (http://en.wikipedia.org/wiki/Varvara_Yakovleva) nach Jerusalem, besuchte die Vertretung der ROKA den damaligen Patriarchen Jerusalems Diodorus, der unter anderem sagte: „Die Verherrlichung war stets eine Pflicht der Kirche und somit hat die Politik keinen Platz in ihr, denn selten genügt die Politik dem Wort der Wahrheit. Die Kirche hat ihre eigene politische Basis, die sich auf den Kanones der Heiligen Väter stützt. Der Apostel Paulus lehrt uns, dass wir uns jenen unterwerfen sollen, die an der Macht sind, aber nur wenn das Wesen unseres Glaubens verletzt wird.[…](Die ROKA) befindet sich aus verschiedenen Gründen außerhalb des Mutterbodens und der Kirche von Russland, die uns täglich neue Märtyrer offenbart und Millionen folgen dem Beispiel der Heiligen Neumärtyrer: des Zaren und der Großherzogin Elisabet.

Unabhängig davon, welchem Pfad Patriarch Diodorus Jahre später folgte, seine Positionierung zeigt, dass die ROKA nicht willkürlich gehandelt hatte, ohne die Gesamtheit der Orthodoxen Kirche, und sie war auch nicht alleine in ihrer Entscheidung bzgl. der Heiligsprechung der Zarenfamilie. Der Patriarch positionierte sich nicht so, weil er ethisch tadelbar war, sondern weil er verstanden hatte, dass die Heiligsprechung des Zaren mit den anderen russischen Neumärtyrern eine kirchlich korrekte Handlung war.

Dies mag jemanden, der eine Abneigung gegenüber Priestern verspürt, ob atheistisch oder gläubig, eventuell gleichgültig lassen oder sogar brüskieren. Aber für einen nüchternen Christen, wie mich, bildet dies eine Art zusätzlicher kanonischer Bestätigung dieser Entscheidung.
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Frühe Hinweise auf die Heiligkeit des Zaren

Über die Heiligkeit des Zaren sagten die orthodoxen Russen:

1) Der Heilige Johannes von Kronstadt hatte im Januar 1901 eine schreckliche Vision, in der der Heilige Seraphim von Sarov ihm eine Reihe furchtbarer Katastrophen zeigt, die in der Schau des Antichristen gipfelten, seines Aufstieges und Falls. Während der Vision sah der Heilige die Qual seiner Heimat unter dem Joch der Bolschewisten. Unter anderem:

…Ich sah einen kaiserlichen Palast, um den Hunde rannten. Wilde Bestien und Skorpione brüllten und griffen mit gefletschten Zähnen an. Und ich sah den zaren auf einem Thron sitzen. Er sprach das Jesusgebet.
Plötzlich fiel er wie tot um. Seine Krone fiel. Die wilden Ungeheuer, die Hunde und die Skorpione zertraten den König. Ich hatte Angst und weinte bitter. Der Altvater nahm mich an der rechten Schulter. Ich sah eine Gestalt in ein weißes Leichentuch gehüllt – es war Nikolaus II. Auf seinem Kopf war ein Kranz aus grünen Blättern und sein Gesicht war weiß und irgendwie blutig. Er trug ein goldenes Kreuz um seinen Hals und flüsterte ruhig ein Gebet. Und dann sagte er mir unter Tränen: ‚Bete für mich, Vater Johannes. Sag allen orthodoxen Christen, dass ich, der Zar-Märtyrer, für meinen Glauben an Christus und die Orthodoxe Kirche gestorben bin. Sag den Heiligen Vätern, dass wir eine Pannichida für mich Sündigen halten müssen, aber für mich wird es kein Grab geben!‘ Bald verschwand alles in einem Nebel. Ich weinte bitterlich, für den Zaren-Märtyrer betend…
“ (Quelle [griechisch] http://proskynitis.blogspot.com/2009/12 ... _6759.html).

2) Der Heilige Nektar von Optina (1853-1928) prophezeite 1917, vor der Oktoberrevolution:

Schwierige Zeiten kommen bald. In der Welt wird die Zahl vorbei sein und die Zahl sieben naht… seid schweigsam, geduldig. Das Jahr 1918 wird noch schlimmer. Der Zar und seine ganze Familie werden gefoltert und ermordet. Eine fromme Seele sah einen apokalyptischen Traum: unser Herr Jesus Christus saß auf einem Thron und um Ihn waren die zwölf Apostel. Inzwischen vernahm man schreckliche Qual und Wehklagen von der Erde. […] Plötzlich erschien der Zar vor dem Thron des Herrn mit einem Kranz des Großmärtyrers… Jawohl! Jener Zar wird ein Großmärtyrer.
Wenn wir nicht bereuen und nicht zu Gott zurückkehren, dann wird nicht nur Russland, sondern die ganze Welt zusammenbrechen. Die Zeit des Gebets ist gekommen.


Folgendes sagte W. Sustin, geistliches Kind des Hl. Nektar, aus, und sind in seiner Biographie (Seliger Nektar, der letzte große Starez von Optina)
3) Die Heiligkeit des Hl. Seraphim von Sarov wurde während der Tage des Zaren Nikolaus, 1903, verkündet. „Es ist bemerkenswert und überraschend, dass der Selige Seraphim einen Brief geschrieben hatte, und die Anweisung gegeben hatte, diesen dem dritten Zaren nach seiner Zeit zu übergeben, wenn er Sarov besuchen würde. Tatsächlich, als Nikolaus Sarov während der Heiligsprechung des Heiligen besuchte, wurde ihm der Brief übergeben, der im Kloster Diwejewo aufbewahrt wurde. Er las sie, aber er sagte nie zu irgendjemanden etwas über den Inhalt; das wahrscheinlichste ist, dass dort sein Martyrium niedergeschrieben war“ (etwas hierzu auf griechisch: http://www.synodinresistance.org/Theolo ... nuary.html ).

Darüberhinaus lässt ein anderes erschütterndes Ereignis am Tage der Verkündigung des Hl. Seraphim von Sarov (19.7.1903), keinen Raum für Zweifel. Als das königliche Ehepaar das Frauenkloster von Diwejewo besuchte, sprach es persönlich mit der Seligen Paraskewi von Sarov (Passa Sarovskaja, † 22.9.1915), eine bekannte Närrin in Christo mit der Gabe des Weitblicks. Die Passa hatte die Angewohnheit ihren Besuchern Tee anzubieten. Sie ‚tröstete‘ jene, auf die ein Unglück wartete,indem sie ihnen sehr viel Zucker in die Tasse gab. Als das Zarenpaar nun aus ihrer Zelle herauskamen, war ihre Begleitung überrascht über die veränderten Züge im Gesicht des Zaren und der Blässe in seinem Gesicht. Er offenbarte niemandem, was ihm diese ‚Närrin‘ gesagt hatte.

Später offenbarte die Untergeordnete der Seligen Paraskewi, dass die Gerontissa dem Zaren das Schicksal Russlands offenbart hatte, sein Martyrium und die Zerstörung der Kirche; sie hatte ihn auch ermuntern freiwillig auf den Thron zu verzichten übergab ihm ein Päckchen mit viel Zucker, da er ‚eine große Reise antreten‘ würde…

Die oben angeführten Prophezeiungen nennen drei der wichtigsten geistlichen Väter des russischen Volkes des 19. und 20. Jahrhunderts, die Hll. Seraphim von Sarov, Johannes von Kronstadt und Nektar von Optina, wie auch die Heilige Paraskewi von Diwejewo (ein Frauenkloster, das unter der geistlichen Anleitung des Hl. Seraphim von Sarov gegründet wurde).

Selbst wenn wir davon ausgehen, dass es sich hierbei um Mythen handelt, nach der Ermordung des Zaren erdacht, müssen wir anerkennen, dass ein Volk keine Mythen schafft, die eine Tyrannen heiligen, also seinen Feind.

Nun gebe ich jenen etwas Rechtfertigung, die glauben, dass ein Volk jemanden aufgrund von Mythen als Heiligen verehren kann und nicht aufgrund realer Ereignisse, die seine Heiligkeit bezeugen. Auch in solch einem hypothetischen Fall, ist das geringste was wir akzeptieren müssen, dass ein Volk diesen Menschen aus einer harten Tyrannei in ein Symbol der Freiheit umgewandelt hat. Wiederum also handelt es sich um eine „Heiligsprechung“, die aus dem Volk kommt und nicht von oben herab verordnet wird.

Diese Prophezeiungen, wenn sie denn echt sind (hochwahrscheinlich), bilden doch ernste Bestätigungen der Heiligkeit der Zarenfamilie, aber wenn es sich hierbei um Mythen handelt, dann sind sie ein ernster Indiz der intensiven Idee, die die orthodoxen Russen über ihren letzten Zaren als Märtyrer hatten.

Dasselbe gilt für die folgende Prophezeiung:
4) Im Jahr 1917, sah der Moskauer Metropolit Makarios, Vorgänger des Hl. Tichon, aufeinanderfolgend diese prophetischen Träume:
Ich sah einen Acker. Unser Erlöser (gemeint ist Christus) wandelte auf einem Pfad. Ich folgte ihm, ‚Herr, ich folge Dir‘ sagend. Er wandte sich zu mir und sagte: ‚Folge mir‘. Letztendlich kamen wir vor einem mächtigen Bogen, der mit Sternen geschmückt war. An der Schwelle wandte sich der Erlöser wieder zu mir und wiederholte: ‚Folge mir‘. Und trat in einen wunderbaren Garten ein. Ich hielt an der Schwelle an. Dann wachte ich auf. Kurz darauf schlief ich wieder ein und sah, dass ich im Bogen stand und vor mir der Erlöser mit Zar Nikolaus, zu dem er sagte: ‚Du siehst in meinen Händen zwei Becher. Der eine ist bitter, für dein Volk, der andere für dich.‘ Der Zar kniete nieder und lange Zeit bat er den Herrn ihm zu erlauben, den bitteren Becher mit seinem Volk zu leeren. Anfänglich stimmte der Herr nicht zu, aber der Zar bat Ihn um so mehr. Endlich zog der Erlöser aus dem bitteren Becher eine große glühende Kohle und legte sie in die Hand des Zaren. Daraufhin begann dieser die Kohle von einer Hand in die andere zu bewegen und gleichzeitig begann sein Körper zu strahlen, um dann ganz leuchtend zu werden.
Dann wachte ich wieder auf. Ich schlief erneut ein und sah einen großen Acker, mit Blüten bedeckt. In der Mitte stand der Zar und um ihn herum eine Menge, dem er mit seiner Hand Manna reichte. Dann hörte man eine Stimme: ‚Der Zar nahm die Schuld des russischen Volkes auf sich und dem Volk wird vergeben!...


5) Im Dezember 1916 besuchte Zarin Alexandra die Militärkrankenhäuser und Klöster Nowgorods. Im Kloster Desanity besuchte sie die selige Asketin Maria Michailowna in ihrer kleinen Zelle. Sobald sie eintrat öffnete die Heilige ihre Arme und sagte: ‚Die Märtyrerin Königin Alexandra kommt!‘ Sie umarmte sie und segnete sie. Wenige Tage später entschlief die Heilige. Das (kommt von den Memoiren der Anna Wyrobowa) zusammen mit dem Brief des Heiligen Seraphim und die Aussage der Heiligen Paraskewi von Diwejewo, drückt aus, dass die Zarenfamilie auf ihren Tod wartete.
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

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Frühe Verehrung des Zaren in Serbien

Die Serben waren die ersten, als sie 1930 von ihrer Heiligen Synode um die Heiligsprechung Zar Nikolaus baten, denn sie waren überzeugt von seiner Heiligkeit nach einer Reihe von Wundern, von denen eins wie folgt geschah.
Im Jahr 1927 dachte der Maler S.F. Kolesnikow – der in einer Kirche des Hl. Klosters des Hl. Naoum bei Ochrid arbeitete – die Gestalten fünfzehn Heiliger als Fresken (Wandikonen) zu malen. Er malte vierzehn von ihnen, aber ein geheimnisvolles Gefühl hinderte ihn daran, sein Werk zu vollenden. So wartete er einige Zeit.
Eines Tages, während der Abenddämmerung, trat er in die Kirche ein, wo ein wunderbares Licht vom Sonnenuntergang herrschte. Dann sah er im Kreis, der für die Erstellung des fünfzehnten Heiligen leer war, das betrübte Gesicht Zar Nikolaus‘!
Voller Überraschung und Rührung blieb der Hagiograph wie gelähmt stehen. Dannach kam ihm ein großer Wunsch das Gesicht zu schreiben, das er eben gesehen hatte. Sofort fing er an die Farben aufzutragen, ohne vorher geplant zu haben. Die ganze nächste Nacht war es ihm unmöglich zu schlafen. Am Morgen vollendete er sein Werk mit solch einem Eifer, den er nie zuvor in seinem Leben verspürt hatte: ‚Ich malte ohne Photographie. Das Gesicht des Zaren war in mein Gedächtnis graviert‘!
“ (Aus dem Buch „Die Russischen Heiligen Neumärtyrer“, wo auch ein Foto der Ikone dargestellt ist).

Ein weiteres Wunder, das im selben Buch angeführt wird, ist das Erscheinen des Zaren im Traum einer betagten Serbin, 1925, die von ihren drei Söhnen zwei im Krieg verloren hatte und der dritte verschwunden war. Der Zar sagte ihr, dass sich der Sohn wohlbehalten in Russland befände, und dass sie selber nicht stürbe bevor sie ihn wiedersähe – und tatsächlich kehrte ein paar Monate später ihr Sohn heim.
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Frühe Verehrung des Zaren von den Russen

Ich setzte fort, aus derselben Studie, Drittel Teil:
Die Frömmigkeit der Gläubigen vor den Heiligen Russischen Neumärtyrern, insbesondere des Zaren, war spontan und groß, sofort nach ihrem Martyrium. Das Haus in Jekaterinenburg, in dem die Zarenfamilie bestialisch umgebracht wurde, wurde sofort ein Volkswallfahrtort. Aus diesem Grund rissen es die Bolschewisten nieder!
Aber auch während des atheistischen Regimes, wurden in Russland die Neumärtyrer sehr verehrt. Ein bezeichnender Brief aus Moskau, die damals im Westen publiziert wurde, besagte: ‚Ich erfuhr, dass sie den Gottesdienst (Akolouthie) der Neumärtyrer in einem Kloster zelebrieren. Mir sind sogar einige Priester bekannt, die offen die Fürbitten an die Neumärtyrer in ihren Kirchen abhalten. Aber sie befinden sich in schwerzugänglichen Orten. Solch ein Priester überrascht mich: er hat eine große Gemeinde, aber er bitte nie für die Führung. In den Fürbitten gedenkt er des Hl. Johannes von Kronstadt und namentlich der Neumärtyrer…‘
[…]
Gerontissa (Altmutter) Ariadna http://www.roca.org/OA/141/141e.htm , die Äbtissin des Hl. Kloster der Allheiligen von Vladimir in San Franciso/USA war, erzählte, als sich ihr Kloster noch in Shanghai/China befand, war sie eines Tages des Jahres 1948 auf dem Weg zur Kirche um Öllampen anzuzünden. Plötzlich erblickte sie Zar Nikolai, der aus einem Gebäude herauskam und ihr sagte, dass die Bruderschaft nach Amerika umziehen musste, da die Kommunisten die Stadt einnehmen würden.
Tatsächlich entwickelten sich die Ereignisse, wie es der Zar Heiliger Nikolai vorhergesagt hatte. Es sei vermerkt, dass als der Zar die Zukunft prophezeite, es noch überhaupt keinen Verdacht dahingehend gab, dass China von den Kommunisten regiert werden würde!!


Mutter Ariadna ist eine bedeutende geistliche Mutter der orthodoxen Russen in den USA, wie auch im Buch des Hieromönchs Damaskenos über das Leben Seraphim Roses vermerkt ist.

Noch einer der größten Heiligen des russischen Volkes, der vorher schon erwähnte Heilige Ioann Maximowitsch (1896-1966), Erzbischof von Shanghai und San Francisco, der Gigant der Philanthropie und „barfüßige Heilige“ der Pariser Straßen, schrieb über den Zar schon sehr lange vor dessen offiziellen Heiligsprechung:

… als es ihm unmöglich war, nach seinem Gewissen seine Pflicht als Zar auszuüben, übergab er das kaiserliche Diadem, wie einst der Heilige [Leidensträger/Pathophore] Prinz Boris, den er wollte nicht der Anlass der Zwietracht und des Blutvergießens in Russland werden. Mit dieser Tat zeigte er Großmut analog dessen des Gerechten Job. Aber er war immer noch eine Gefahr für seine Feinde, denn er war der Träger des Bewusstseins, dass die höchste Macht Gott gehorsam bleiben und Seinen Geboten folgen muss. Er war eine lebende Inkarnation des Glaubens und der Göttlichen Vorsehung, die das Schicksal der Nationen und der Völker lenkt, und die gläubigen Machthaber zu guten und nützlichen Taten führt. Aus diesem Grund war er (der Zar) den Feinden des Glaubens unerträglich, genau wie jenen, die versuchen die menschliche Logik und menschlichen Fähigkeit über alles zu stellen.
Zar Nikolaus II war ein Knecht Gottes in seiner Art, in seiner Überzeugung, in seinen Taten. Und so war er es im Angesicht des ganzen orthodoxen Volkes. Der Kampf gegen ihn ist eng verknüpft mit dem Kampf gegen Gott und den Glauben. In einem Wort, er wurde Märtyrer, weil er dem Herrn der Herren treu blieb und den Tod annahm, wie ihn die Märtyrer annahmen.“ („Die Russischen Heiligen Neumärtyrer…“, Fünfter Teil)
Über den Zaren sagte der Heilige Ioann auch: „Alles erhob sich gegen den schlechthin sanften, reinen und äußerst liebevollen Zaren, in solchem Maße, dass er in jener schrecklichen Stunde des Kampfes gegen ihn alleine blieb. Niederträchtige Verleumdungen wurden von vornherein gegen den Zaren und seiner Familie verbreitet, so dass das Volk seiner Person gegenüber Unverschämtheit zeigte. […] Der Zar blieb ganz allein, umgeben nur von Verrat, Vulgarität und Feigheit. […] In den Märztagen wurde Pskov das Gethsemane des Zaren und Jekaterinenburg sein Golgatha. Der Zar starb als Märtyrer, mit unerschütterlichen Glauben und Geduld, den Kelch der Pein bis zum Grund ausgeleert habend.
“ (Aus „Der Mensch Gottes – Heiliger Ioann Maximowitsch“)

Die Verehrung des Zaren von den orthodoxen Russen Amerikas zeigt sich im „Zarenzimmer“, das 1974 im Kloster des Hl. Hermann von Alaska in Platina/Kalifornien (einige Jahre vor der Heiligsprechung) von den Gründern der Bruderschaft des Hl. Hermann, den Hieromönchen Seraphim Rose und Gleb Podmoshensky, zwei der wichtigsten relativ frühen Ausdrückern der Orthodoxie in Amerika, errichtet wurde.
Es war „ein Zimmer tatsächlich dem Zaren Nikolaus II und seiner Familie gewidmet. Am 4/17 Juli, dem Gedenktag der königlichen Märtyrer Russlands, besprengten die Väter den Ort des zukünftigen Gebäudes mit Weihwasser. […] Bis zum November war das Zimmer vollendet und seltene Fotos des Zaren und der königlichen Familie wurden an die Wände gehangen.
Erkennend, wie seltsam das einem normalen Besucher erscheinen konnte, schrieb Vater Seraphim: ‚die Aufstellung des Rahmens des Zarenporträts wurde vollendet und das Zimmer wurde blau gestrichen, rechtzeitig für eine triumphale Feier im Zarenzimmer. Einige von uns sind von diesen Feierlichkeiten in der Wüste inspiriert – und von dieser Idee eine Zarenzimmers im Wald. Wir müssen auch weiterhin „Narren“ für die Welt sein, um Inspiration zu erlangen und Früchte zu tragen‘ (Hieromonach Damaskin in seiner Biographie Vater Seraphim Roses).

Es ist überflüssig zu vermerken, dass die Väter Seraphim und Hermann rein geistliche und überhaupt keine politische Interessen und Motive hatten, etwas, dass sich außerdem in ihrem ganzen Leben und in ihrem Werk zeigte.

Schließen wir diese Einheit mit den Worten Vater Dmitry Dubkos. Dieser heldenhafte Priester des Moskauer Patriarchats und Bekenner, der aus religiösen Gründen langjährig vom Sowjetregime inhaftiert und gefoltert wurde (und nicht etwa aus strafrechtlichen Gründen), sprach sofort offen über Zar Nikolai als Heiligen und Märtyrer, während der Zeitdauer des Kommunismus, und bezeichnete ihn sogar als den größten Heiligen des russischen Volkes.
Im folgenden Text zeigt sich nicht nur die Verehrung für den Zaren als Heiligen lange vor seiner Heiligsprechung, aber auch (wie im o.g. Ausschnitt aus der Rede des Hl. Ioann Maximowitsch) die Idee über ihn als einen guten und frommen Menschen, der sich um die Seinen und das Volk viel mehr sorgte, als um sein eigenes Schicksal, aber auch über dessen Güte, die „wohltätig auf seine Wächter wirkte“ (als er gefangen gehalten wurde). Deshalb tauschte man die Wärter oft aus, damit sie nicht dazu kamen, Zuneigung zu entwickeln. Das alles führt Vater Dmitry als allbekannt an, nicht als „geheim“ jetzt wo er es offenbart.
Dies offenbart das Bild, dass das russische Herz von ihm hatte, und die institutionelle Russische Kirche - sowohl im Westen wie auch in Russland – schritt zur Heiligsprechung voran, dem Willen des russischen Herzens hörend.

Vt. Dmitry schreibt:

All jene, die von den Atheisten gefoltert wurden, sind Heilige. Aus diesem Grund spreche ich für das heilige Russland. Zar Nikolai II hat seinen Platz in der ersten Reihe der russischen Märtyrer. Leider, wenn jemand über ihn spricht, beziehen sich alle (und keiner weiß den Grund hierfür) auf den politischen Führer. Ich möchte hier nicht über sein Kaisertum sprechen, obwohl ich im Vergleich zu anderen Königtümern sehr viel sagen könnte. Ich möchte aber nur über ihn als Christen sprechen, als Märtyrer Christi, und letztendlich als Oberbefehlshaber Christi Armee.

Lest doch das Buch Gilliards [Der Schweizer Peter Gilliard war von 1905 als Französischlehrer der Zarenkinder tätig und lebte mit ihnen bis kurz vor ihrem Tod zusammen. 1921 veröffentlichte er das Buch „Dreizehn Jahre am Russischen Hof – ein persönlicher Bericht der letzten Jahre und des Todes Zar Nikolaus II und seiner Familie“]: Gilliard war nicht russischer Herkunft und wir können ihn nicht der Befangenheit verdächtigen. Hingegen ist das, was er geschrieben hat, nichts anderes als eine Heiligenvita und in diesem Buch gibt es nichts fiktives. Ich kenen Personen, die eine befangene Meinung über den Zaren hatten, und als sie das Buch lasen, errangen sie Ehrfurcht zu einem Heiligen.

Was mich angeht, kann ich nichts anderes sagen. Für mich ist es ein Heiliger, sogar ein sehr großer Heiliger.

Wenn ihr das Buch Gilliards lest, denkt an die Weise wie er betet und vergleicht mal mit der Art, wie wir beten. Denkt darüber nach, dass er sich und die Seinen dem Willen Gottes übergab. Denkt über den wohltätigen Einfluss nach, den er auf seine Wärter ausübte, so dass man sie oft austauschen musste. Denkt darüber nach, was er erlitt, als ihm alles genommen wurde. Der erste wurde Letzter. Denkt darüber nach, wie er litt, als er die Gewehre gegen sich gerichtet sah.
Sein Kummer wäre kleiner gewesen, wenn er alleine gewesen wäre, aber er hatte seine Frau neben sich, den kranken Erben, seine Töchter, seine Diener – ja! – auch das ganze russische Volk. Die Gewehre der Tschekisten http://de.wikipedia.org/wiki/Tschekist (der terrorisierenden Staatsorgane) waren gegen das ganze russische Volk gerichtet und nicht nur gegen ihn. Ich bin der Meinung, dass er in diesem Moment um das russische Volk besorgt war, vielleicht sogar um die ganze Welt, denn die Gewehre der Atheisten bedrohen jetzt die ganze Welt.

Nach alledem, wie kann jemand zögern ihn als Heiligen zu betrachten? Großer Russisher Heiliger Großmärtyrer Nikolai, bitte für uns zu Gott!

Ich schäme mich überhaupt nicht diese Worte auszusprechen. Man sagt mir, dass jene, die ihn in ihren Gebeten anrufen, erhört werden. (Die Atheisten) wollen mich verurteilen, denn ich vergesse nicht, dass sie den russischen Zaren mit seinen Kindern und seiner Frau erschossen. Sie können mir nicht verzeihen, dass ich für ihn bete. Aber jetzt bete ich nicht nur für ihn, sondern ich rufe ihn an für mich zu beten.

Oh, großer Heiliger des russischen Landes, Großmärtyrer Nikolai, mit deiner leidgeprüften Familie, bitte zu Gott für uns!
" („Die Russischen Heiligen Neumärtyrer…“, Fünfter Teil)

Es gibt auber auch eine wertvolle Ausgabe über Wunder, des Zaren nach seinem Tod, das in Russland unter dem Titel „Mit dem Segen des Heiligen Zaren“ im Umlauf ist: ‚von frommen Orthodoxen jedes Alters und Ranges von fast allen Gegenden des grenzenlosen Russlands, mit der warmen Bitte an das Moskauer Patriarchat, dass es auch zur Proklamation der Neuen Märtyrer, insbesondere der Königlichen Familie, schreitet

Fortsetzung folgt...
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

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Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Nassos »

Der Charakter (Moral) des Zaren

Außer dem Zeugnis Gilliards, auf das sich Vater Dupko beruf, ist auch der Fall des Engländers Charles Sydney Gibbes sehr interessant. Er war ab 1908 der Englischlehrer der Kinder des Zaren und war bis zum Exil der Zarenfamilie 1917 mit ihnen zusammen. „Gibbes war so sehr angetan vom Leben und Martyrium der Zarenfamilie, dass er 1934 zur Orthodoxie konvertierte! Danach wurde er Mönch mit mit dem Namen Alexios (Alexei) und später Priestermönch (Hieromönch) mit den Namen Nikolaus. Dieses zwei Namen, Alexios und Nikolaos, erhielt er zu Ehren des Thronerben und des Zaren.“ (aus dem Sechsten Teil des Buches, wo es auch entsprechende Fotos gibt)

Vielleicht ist es von Wert hier anzumerken, dass der Zar um 1910 dem Ministerpräsidenten Pjotr Stolypin (1862-1911) gesagt haben soll: „Russland braucht ein Sühneopfer, und dieses Opfer werde ich sein“ (im selben Buch, Vierter Teil). Diese Worte sind nicht absurd, wenn wir sie auf den oben angeführten Brief des Hl. Seraphim von Sarov und der Prophezeiung der Hl. Paraskewi von Diwejewo beziehen.

Das Bild Nikolaos‘ II als ein Mensch der von Güte, Einfachheit und aufrechter Frömmigkeit charakterisiert wird, wiederholt sich in anderen Bezeugnissen, abgesehen von denen Gilliards und Gibbes‘ (die aber wichtig sind, denn als sie geschrieben wurden hatten diese nicht dabei zu gewinnen – insbesondere letzterer, dessen Glaubwürdigkeit nicht nur durch seine Konversion bestärkt wird, sondern auch dass er Mönch wurde).

So auch in den Memoiren der Anna Vyrobova, Freundin der Zarin, die nach den Ereignissen in Finnland erschienen (Anna Vyrubova, 1884-1964, wurde als Geliebte Rasputins verleumdet, aber eine Revolutionskommission, die sie verhaftete und untersuchte, stellte ihre Jungfräulichkeit fest). Man kann natürlich behaupten, dass solche Zeugnisse aus den Freundeskreisen des Zaren kommen und somit parteiisch sind, aber es sind immer noch Aussagen von jenen, die den Zaren persönlich gekannt haben. Darüberhinaus gilt auch für die gegensätzlichen Aussagen, die ihn als Träger der Tyrannei betrachten und seine aufeinander folgenden politischen Fehler anprangern, dass sie aus Kreisen mit feindlichem Idealismus kommen, und sogar aus dem Flügel seiner Mörder. Sind sind somit auch parteiisch.

Es ist ein Brief seiner Tochter Olga erhalten, in dem die junge Prinzessin anführt: „Vater bittet darum all jenen, die ihm treu bleiben und jenen die sich noch widersetzen können, zu sagen, sie sollen ihn nicht rächen, denn er hat ihnen allen schon vergeben und betet für sie. Sie sollen auch nicht sich rächen. Sie sollen daran denken, dass das Böse, das jetzt in der Welt ist, stärker werden wird, aber das Böse wird nicht durch das Böse bekämpft, sondern nur durch Liebe…“ (Siebter Teil des Buches)

Diesen Brief habe ich natürlich nicht gesehen, ich habe nur über ihn gelesen. Doch allein die Bestätigung seiner Existenz lässt mich jeglichen Zweifel über die hohe christliche Moral des Zaren – zumindest während seiner Gefangenschaft – fallen.

Auch wenn Nikolaus ohne Zweifel als Kaiser versagt hat und seine ganze Amtszeit auf dem Thron eine Aufeinanderfolge politischer Fehler war, schließt dies nicht aus, dass er ein Mensch hoher moralischer Qualität war. So sehr er auch danebengriff, schien er zumindest keinen persönlichen Vorteil aus seinem kaiserlichen Amt anzustreben. Als der schlechte soziale und politische Zustand des Landes (der sich über mehrere Generationen anhäufte) ausweglos wurde, verzichtete er für sein Land auf den Thron und auf das Thronerbrecht seines Sohnes, und wies seinen Bruder an zu schwören, dass er entsprechend dem Volkswillen regieren würde. Es sei angemerkt, dass man nicht davon ausgehen kann, dass ein mächtiger und fähiger Zar ein volksliebender Reformer wäre – ganz im Gegenteil! Es wäre extrem schwer, dass er die Macht verlöre.

Zusatz aus dem Artikel G. Alexandrou „Kann also Zar Nikolaus ein Heiliger sein“: „Es gibt viele Zeugnisse über die Gutmütigkeit der Persönlichkeit des Zaren und es ist wichtig, dies nicht zu verschweigen. Charakteristisch ist die Erzählung des Metropoliten Nestor Anisimov Nikolai Alexandrowitsch (1881-1962), des Missionars der Völker Ostsibiriens . Als er auf jenem sibirischen Boden ankam und insbesondere in Kamchatka, traf er die Eskimos, die Sibirier und die Tschuktschen,die auf einem neusteinzeitlichen Niveau lebten […] Diese Menschen wurden durch eine schreckliche Unterdrückung zerdrückt und standen vor dem Völkermord (Genoktonie). Der russische Missionar fühlte seine geistliche Pflicht, diese Menschen gegen die Willkür der örtlichen Machthaber zu verteidigen. Niemand aber achtete auf seine Beschwerden über die Unterdrückung Einheimischen. Er ging also bis nach St. Petersburg. Dort traf er höhere Verwaltungsbeamte, Unternehmensverantwortliche, die in der Gegend tätig waren, Metropoliten und sogar die Heilige Synode. Alle begegneten ihm überrascht und manchmal auch mit Ignoranz und Verachtung. Er betete ständig zu Gott, jemand möge sich seiner Probleme annehmen, bis er es durch einen glücklichen Zufall schaffte, vor dem Zaren zu erscheinen.
Er selber bekundet in seinen Memoiren, dass Zar Nikolai der einzige war, der ihm in St. Petersburg aufmerksam zuhörte und all seine Anliegen erfüllte. Der Missionar fand in der Person des Zaren einen Gesprächspartner, als er unter den Metropoliten und den Menschen seiner Zeit keinen finden konnte.


Wenn Nikolaus solch ein Mensch war, gütig, einfach und fromm, unabhängig davon ob er ein gescheiterter Regent war, dann gibt es keinen einzigen moralischen Grund, der gegen seine Heiligkeit spricht.
Nassos
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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

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Epilog

Ich rechne hauptsächlich von drei Seiten mit Reaktionen auf diesen Artikel.

=> Von den Rationalisten, gläubigen und ungläubigen, die das geistliche Verständnis der Menschheitsgeschichte, das hier dargestellt wird, als primitiv und verachtenswert betrachten werden. Die wahrscheinlich davon brüskiert sein werden, und sich darüber aufregen werden, dass es jemanden in der heutigen Zeit gibt, der über Sachen spricht, die nur für den Müll geeignet sind.

=> Von Linken jeglicher Couleur, die die Bezeichnung der Oktoberrevolution als Falle des Teufels in diesem Artikel als Blasphemie sehen werden, unter dem Vorwand der sozialen Probleme und dem tatsächlichen Ziel des Verlustes von Seelen (ja! Genau das habe ich gesagt!)

=> Von griechischen Landsleuten, höchstwahrscheinlich gläubig, die beunruhigt sein werden, dass durch die Anführung eines solch russischen kirchlichen Themas wir den Russen Raum gaben, so dass sie uns den Vorsitz der globalen Orthodoxie oder sogar den Titel des Ökumenischen Patriarchats für das Moskauer Patriarchat nehmen könnten.

Unseren ersten der oben erwähnten Brüdern anworte ich, dass die große Diskussion, dass durch die Gültigkeit der o.a. Auslegung beurteilt wird, eine Frage nach der Existenz Gottes und der Wahrheit der (orthodoxen) Darstellung der Errettung der Menschheit betreffend (Vereinigung mit den dreifaltigen Gott in Christo) ist. Diese Frage wurde schon häufig analysiert und ihre Behandlung liegt außerhalb des Rahmens dieses Artikels. Wenn die Antwort auf diese Frage positiv ausfällt, dann ist das richtige Verständnis des Geschichte die geistliche und nicht die politische, wirtschaftliche usw. Letztendlich wiederhole ich jetzt das, was ich schon eingangs sagte, dass in unserer Zeit in der Regel die Kultur jedes Volkes mit Begeisterung bis hin zur Verherrlichung angenommen wird und nicht mal die inzwischen primitive Götzenanbetung als „geistlichen Müll“ bezeichnet. Somit hoffe ich, dass die orthodoxe Sicht der Geschichte erträglich ist, denn sie drückt auch eine Kultur aus und wenn auch sonst nichts zumindest einen Anspruch auf Respekt hat, auch von denen, die ihr widersprechen.
Sicherlich fühle ich einen Einwand: vielleicht bringt jemand vor, dass die orthodoxe Kultur keinen Respekt beanspruchen kann, da sie selber „intolerant“ gegenüber den Häresien und verschiedenen Religionen ist. Selbst wenn das stimmen würde, gibt es Raum für alle im postmodernen Universum – also auch für uns – Hauptsache niemand verübt hier und jetzt Verbrechen. Aber abgesehen davon, steht dieser Einwand nicht. Die Orthodoxie ist nicht intolerant gegenüber den Irrlehren und den Religionen, sondern ihre Beziehung entspricht der Beziehung der wissenschaftlichen Medizien zu den empirischen und magischen therapeutischen Techniken (hach, wie intolerant ich doch bin! Schnell zum nächsten Verweis: )

Unseren zweiten Brüdern antworte ich, dass ihre Brüskierung rein religiöser Natur ist. Sie fühlen, dass ihre Religion (also das, was sie als Wahrheit erleben) von einer anderen Religion angegriffen wird. Es sein angeführt, dass der Marxismus eine Religion ist (mit konkreter Ontologie und Ansicht der Rettung der Menschheit betreffend, sogar eschatologisch!) und der real existierende Sozialismus jeder Art wies klare religiöse Eigenschaften auf. Dennoch können wir die geschichtlichen Ereignisse nicht übersehen, die uns zu konkreten Schlüssen führt, auch wenn nur die ideologischen und generell gesehen die geistlichen Voraussetzungen jedes einzelnen betrachtend.

Letztendlich sage ich den dritten Brüdern, dass jeder orthodoxe Heilige ein Heiliger für die gesamte Menschheit ist, aus welcher Nation oder Rasse er auch immer stammen mag, und dass es nicht angeht uns aus politischen Gründen (was wir ja auch nicht tun) einen Heiligen „zusammenzustellen“, wie es auch nicht angeht, aus denselben Gründen jemandes Heiligkeit zu verbergen. Wenn wir als Griechen den Vorsitz in der Orthodoxie haben wollen (weil wir Christus und unseren Mitmenschen lieben und nicht aus Gründen nationaler Arroganz, die verwerflich sind), was bedeutet, dass wir uns um so mehr für sie anstrengen und kreuzigen müssen, dann müssen wir uns Sorgen um die geistliche und heiliggeistliche Ausbildung unserer Priester und unseres ganzen Volkes machen und uns darum kümmern im neptischen Kampf geistliche Väter aufzuweisen, den wichtigen russischen Vätern der letzten Jahrhunderte ebenbürtig, vom Heiligen Paisius Velichkovsky bis zum heiligen Altvater Sophroni von Essex, und große heilige Märtyrer gegen den kapitalistischen Atheismus und der Überschwemmung des neutzeitlichen synkretistischen Paganismus, ebenbürtig den heiligen Neumärtyrern der Russen gegen den kommunistischen Atheismus. Meiner Meinung nach, wird uns das und nicht die religiös-politischen Beunruhigungen auf den Weg in das Königreich der Himmel bringen, der größtes Verlangen und ewiges Gut ist, während die politischen Sachen verfließend und vorläufig sind.

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Re: Nikolaj Alexandrowitsch Romanow

Beitrag von Igor »

Lieber Nassos,

herzlichen Dank für die Riesenarbeit der Übersetzung dieses sehr umfassenden Artikels zu diesem Thema!

:danke:

In Christo
Igor
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Als der Höchste hernieder fuhr, verwirrte Er die Sprachen, zerteilte Er die Völker, nun, da Er Feuerzungen ausgeteilt, ruft Er alle zur Einheit: Einmütig preisen wir deshalb den Heiligen Geist. (Pfingstkondakion im 8. Ton)
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