Den Glauben verloren

Neu in der orthodoxen Kirche - Wie lebe ich als orthodoxer Christ? Alle allgemeinen Fragen rund um die Orthodoxie.
Forumsregeln
Forumsregeln Impressum
Antworten
sarah.m
Beiträge: 8
Registriert: 02.04.2023, 18:56
Religionszugehörigkeit: katechumen

Den Glauben verloren

Beitrag von sarah.m »

Vorab möchte ich darum bitten dass keiner mir den Tipp gibt mit einem Priester PERSÖNLICH zu reden. Ich bin gerade in einer Lage in der es mir leider nicht möglich ist, aber ich möchte nicht genauer darauf eingehen.
-
Hallo,
ich bin gläubig erzogen worden und bin auch oft (damals in die katholische) Kirche gegangen. Als ich älter wurde fing ich an in die orth. Kirche zu gehen und da hatte ich eine Zeit in der ich sehr stark im Glauben war. Natürlich hatte ich oft auch zweifel und Zeiten in denen ich tagelang nicht die Bibel geöffnet habe etc und da ich erst in meinen Anfang 20er bin ist es irgendwie noch schwieriger. Dieses mal habe ich wieder aufgehört dir Bibel zu lesen und zu beten und ich habe ehrlich gesagt nichts dagegen getan, weil ich mir dachte dass es eh wieder besser wird mit der Zeit (so wie immer), aber dieses mal ist es anders. Ich iese nun seit Monaten nicht mehr die Bibel und ich bete auch überhaupt nicht mehr. Ich habe auch kein Verlangen mehr danach und ich lebe mein Leben mittlerweile wie ein Atheist und es stört mich nicht einmal mehr, es ist mir einfach egal. Ich fühle nichts mehr wenn ich an Gott denke oder an meine Sünden. Ich spüre keine Reue mehr und ich weiß langsam auch nicht mehr ob ich überhaupt noch an Gott glaube. Etwas in mir will aber nicht dass ich meinen Glauben vergesse und versucht mich mit aller Kraft zurück zum Glauben zu führen, aber es klappt nicht. Da ich mit dem Glauben erzogen wurde habe ich auch nie irgendwas getan: club, alkohol, daten,.. alle diese weltlichen Dinge und mein Verlangen danach etwas zu erleben wird immer stärker. Ich weiß nicht mehr was ich tun soll, etwas in mir sagt mir dass es Gott gibt und ich einen großen Fehler begehe, aber ich will einfach nicht mehr an Gott glauben. Ich habe auch immer das Gefühl dass ich im Glauben geblieben bin, weil meine Eltern mir immer gesagt haben ,,Gott kennt den richtigen Weg für dich‘‘ ,,Gott wird dir helfen‘‘ usw. dadurch habe ich das Gefühl dass ich nur noch glaube, damit ich durch GOTT den richtigen Weg gehe und durch ihn den richtigen Mann finde, den passenden Job etc. Aber das kann doch nicht mein einziger Grund sein gläubig zu sein? Ich fühle einfach nichts mehr und ich will nicht mehr gläubig sein, nicht mehr in die kirche gehen, nicht mehr beten, nicht mehr mein Leben nach der Bibel leben,.. aber das ist doch falsch?
Marian
Beiträge: 276
Registriert: 11.05.2016, 11:28
Religionszugehörigkeit: russisch orthodox

Re: Den Glauben verloren

Beitrag von Marian »

Grüß Gott,
Milliarden Menschen geht es wie dir. Milliarden Berufene, vereinzelt Auserwählte.
Viele, die aus dem bloßen schlechten Gewissen rausfinden wollen, umgeben sich einfach mit Gläubigen. Manchen davon hängt aber der Anblick der normalen Kirchgänger zum Hals raus und sie gehen einfach nie wieder hin (zumindest bis sie krank werden oder der Tag des Ablebens in Sichtweite kommt). Da ist es aber gut, dass wir orthodox sind. Denn die Heiligen sind durch alle Versuchungen durch und es gibt 1000 Bücher darüber. So hat auch der Abgefallene immer zu seinem Engel eine ganze Menge unsichtbarer Helfer mit auf dem Weg, die je nach Belieben Gott erweichen dem Abgefallenen wieder die Umkehr zu schenken.
Also, wenn du auch Gott vergessen hast, such dir einen Heiligen dem das Gleiche passiert ist und behalt ihn bei dir indem du ihn verehrst. Ganz genau so wie du deine Mutter, Vater oder Geschwister immer bei dir hast und für irgendwas verehrst.

Ein Versuch des Zuspruches.

Marian
sarah.m
Beiträge: 8
Registriert: 02.04.2023, 18:56
Religionszugehörigkeit: katechumen

Re: Den Glauben verloren

Beitrag von sarah.m »

Welche heilige haben den Gott vergessen und zb jahrelang ohne ihn gelebt?
holzi
Beiträge: 1352
Registriert: 17.12.2008, 08:29
Religionszugehörigkeit: röm. katholisch
Wohnort: Regensburg

Re: Den Glauben verloren

Beitrag von holzi »

sarah.m hat geschrieben: 18.03.2024, 19:06 Welche heilige haben den Gott vergessen und zb jahrelang ohne ihn gelebt?
Ein Beispiel, das mir spontan einfällt ist der Hl. Augustinus von Hippo, er hatte zwar eine christliche Erziehung durch seine Mutter, lebte aber als Rhetoriklehrer und Anwalt in einer heidnischen Welt, hatte wechselnde Liebschaften und mindestens einen unehelichen Sohn namens Adeodatus. Augustinus bekehrte sich erst im Erwachsenenalter nach einer Krise - heute würde man dazu wohl Burnout sagen. https://de.wikipedia.org/wiki/Augustinu ... gserlebnis
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll. (Adolph Kolping 1813-1865)
Augusta
Beiträge: 22
Registriert: 09.05.2021, 12:16

Re: Den Glauben verloren

Beitrag von Augusta »

Liebe Sarah,

ich glaube, da muss jeder durch.

Ob man den Glauben wirklich ganz verlieren kann, wenn man ihn kennt? Mein Leben (und ich bin schon recht alt) war von lauter solchen Kämpfen und Scheidewegen gekennzeichnet. Der Glaube kam immer wieder, auch wenn ich dachte, die Tür wäre schon lange zu.

Man kann es als Wachstumsschmerzen, als Anfechtungen, als geistlichen Kampf, als Suche oder als die dunkle Nacht der Seele sehen. Wenn man mittendrin steckt, fühlt sich das alles nicht gut an. Und man ist meist alleine damit.

Doch am Wegrand stehen auch viele kleine Hilfen. Nicht unbedingt das, was man will, aber etwas, das einen einen Schritt weiterbringt. Ich stand z. B. am Rande einer Schlange von Menschen und war verzweifelt. Da zog mich eine alte Frau (so ein richtiges altes Muttchen, wie aus früheren Zeiten) an der Hand vor sich in die Schlange und lächelte, und plötzlich gehörte ich dazu. Und die Freude darüber gab mir Kraft für ein paar weitere schwierige Schritte.

Und sehr oft sind Ratschläge Schläge. Daher höre ich jetzt auf.

Aber noch ein Dankeschön für deinen Beitrag. Als ich ihn gelesen hatte, bekam ich einen Anstoß, mich wieder nach dem auszurichten, was mir früher geholfen hat.

Meine Fußzeile von Goethe bezieht sich nicht auf die Nachricht an dich.

Viele Grüße
Augusta
"Es hört doch nur jeder, was er versteht."
Goethe
sarah.m
Beiträge: 8
Registriert: 02.04.2023, 18:56
Religionszugehörigkeit: katechumen

Re: Den Glauben verloren

Beitrag von sarah.m »

Wieso fühlt es sich dann so an als wäre es für immer vorbei? Wieso habe ich keine Sehnsucht nach Gott und wieso ist es so als hätte er mich verlassen? Ich finde es unfair wie vielen Menschen er Zeichen gibt und ich warte so ewig und bekomme keines. Ich weiß nicht wie ich bei sowas wachsen soll umso öfter ich sowas durchmache umso mehr distanziere ich mich von Gott. Ich will keine Verpflichtungen mehr gegenüber Gott. Ich will nicht beten, ich will nicht in der Bibel lesen und ich will den Menschen nicht helfen Gott zu finden. Dabei war mein Leben so viel besser mit ihm. Aber er gab mir nie Zeichen und langsam wird mein Hass größer, als meine Liebe
Benutzeravatar
Igor
Diakon
Beiträge: 2307
Registriert: 15.01.2010, 21:02
Religionszugehörigkeit: (russisch-)orthodox
Wohnort: Nordrhein-Westfalen
Kontaktdaten:

Re: Den Glauben verloren

Beitrag von Igor »

Grüß Gott!

Willkommen im Forum, Sarah.m!
sarah.m hat geschrieben: 18.03.2024, 00:03 Vorab möchte ich darum bitten dass keiner mir den Tipp gibt mit einem Priester PERSÖNLICH zu reden. Ich bin gerade in einer Lage in der es mir leider nicht möglich ist, aber ich möchte nicht genauer darauf eingehen.
Mir steht es nicht zu, geistliche Ratschläge zu geben, doch genau dieses Ansinnen macht mich bei dem von Dir geschilderten stutzig:

Wenn jemand im See ertrinkt und er ruft denen am Ufer zu, dass diese ihm keinesfalls einen Rettungsschwimmer schicken, der dann den Rettungsring dabei hat und die auch Kraft und Fähigkeiten, vor dem Ertrinken zu bewahren und ans rettende Ufer den/die Ertrinkende zu bringen – ist das nicht mehr als seltsam?

Ich hätte folgende einfache Frage an Dich, die Du nicht öffentlich, sondern für Dich selbst beantworten solltest:
Ich gehe davon aus, dass Du getauft bist, wann warst Du das letzte Mal zur Eucharistie und hast die heilige Kommunion empfangen?

Denn: Wer, wenn nicht Gott selbst, sollte in der Lage sein, Dir Stärkung zu geben?

Also, gib Dir einen einzigen Impuls, bereite Dich darauf vor, geh‘ zu Beichte und zur Kommunion.

Das Psalmengebet hilft oft auch unterstützend, hier sind die Psalmen 122 und 124 sicherlich geeignet.

Gottes Beistand und Hilfe für Dich!

In Christo
Diakon Igor
Bild
Als der Höchste hernieder fuhr, verwirrte Er die Sprachen, zerteilte Er die Völker, nun, da Er Feuerzungen ausgeteilt, ruft Er alle zur Einheit: Einmütig preisen wir deshalb den Heiligen Geist. (Pfingstkondakion im 8. Ton)
Hetairos
Beiträge: 97
Registriert: 07.05.2014, 15:15
Religionszugehörigkeit: orthodox

Re: Den Glauben verloren

Beitrag von Hetairos »

sarah.m hat geschrieben: 19.03.2024, 16:02 Wieso fühlt es sich dann so an als wäre es für immer vorbei? Wieso habe ich keine Sehnsucht nach Gott und wieso ist es so als hätte er mich verlassen? Ich finde es unfair wie vielen Menschen er Zeichen gibt und ich warte so ewig und bekomme keines. Ich weiß nicht wie ich bei sowas wachsen soll umso öfter ich sowas durchmache umso mehr distanziere ich mich von Gott. Ich will keine Verpflichtungen mehr gegenüber Gott. Ich will nicht beten, ich will nicht in der Bibel lesen und ich will den Menschen nicht helfen Gott zu finden. Dabei war mein Leben so viel besser mit ihm. Aber er gab mir nie Zeichen und langsam wird mein Hass größer, als meine Liebe
Hallo Sarah,

mir geht es ab und wann auch so und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: ich lese die Sehnsucht aus Deinen Fragen heraus.
Aber "beten müssen, verpflichten müssen" und und und....?
Gott, heißt es, braucht unser Gebet nicht, sondern der Mensch.
Eine Frage, die mir in diesen Augenblicken hilft: "Welches Bild habe ich von Gott und welches habe ich von mir als Mensch?"
Ist ein Gott, den man anfängt zu hassen, vielleicht ein Abbild von etwas anderen? Wen ich als Menschen liebe, zu den habe ich Vertrauen und manchmal hilft etwas Abstand - vor allem zu meinen eigenen Erwartungen.

... nur ein paar Gedanken!

Vielleicht hilft es, wenn andere in solchen Momenten für Dich beten...

In diesem Sinne und im Vertrauen,

Hrístos
Aν πεθάνεις, πριν πεθάνεις, δεν θα πεθάνεις, όταν πεθάνεις!
Marian
Beiträge: 276
Registriert: 11.05.2016, 11:28
Religionszugehörigkeit: russisch orthodox

Re: Den Glauben verloren

Beitrag von Marian »

Ich gebe oft den Ratschlag, der nach meiner persönlichen Erfahrung tatsächlich stimmt.
Erbitte und erbete niemals etwas für dich selbst, auch keine Zeichen. Wenn du für jemanden anderen bittest, trifft es oft ein. Nicht immer so wie man denkt, doch mit hoher Wahrscheinlichkeit. In meinem eigenen Leben sind da schon die größten Wunder passiert. (und nicht selten sind sie mir auch zu Gute gekommen)
Ich stelle mir vor, wenn ich für mich auch nur den allerfrommsten Wunsch erflehe, ist ja doch immer der Egoismus, also die Schlange, mit im Spiel. Das kotzt Gott an und die Schlange gewinnt.

Gott segnet, die die Ihn (im Nächsten) segnen.

M

Verbessert mich, wenn es Not tut. Danke.
Antworten