Juden und Judentum

Beziehung zum nichtorthdoxen Christentum
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gerhardt
Beiträge: 15
Registriert: 07.03.2007, 21:09

Juden und Judentum

Beitrag von gerhardt »

Dem Herren musst du trauen, wenn dirs soll wohl ergehn

Gibt es eine einheitliche Position oder Stellungnahme der Orthodoxen Kirche zu Juden oder Judentum?

Falls das Thema hier schon eroertert wurde, reicht mir auch ein passender Link.
Gruss Gerd
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Sebastian
Beiträge: 956
Registriert: 16.12.2008, 13:46
Religionszugehörigkeit: Orthodox (MP)

Re: Juden und Judentum

Beitrag von Sebastian »

gerhardt hat geschrieben: Falls das Thema hier schon eroertert wurde, reicht mir auch ein passender Link.
In dieser Hinsicht mit solchem Umfang noch nicht. Ich persönlich freue mich über deinen Themenvorschlag und bin gespannt, was die anderen dazu zu sagen haben.
Allerdings würde mich interessieren, ob du deine Frage etwas konkretisieren könntest in Bezug auf "Stellungnahme" zu den Juden. Meinst du zu den heutigem jüdischen Volk, dem jüdischen Staat, die Historie der Kirche, die mit dem Alten Bund verknüpft ist?

In Christo

Sebastian - Stephanus

p.s. Dein Einleitungssatz gefällt mir :)
protopeter
Priester
Beiträge: 698
Registriert: 24.07.2006, 21:21
Wohnort: Salzburg

Beitrag von protopeter »

Lieber Gerd !

Wie schon gesagt wurde, wäre es tatsächlich entscheidend notwendig, die Fragestellung zu differenzieren - auch im Hinblick darauf, daß natürlich dieser Komplex vom kirchlichen Standpunkt aus entsprechende Akzentuierungen in sich trägt.

Es sei allerdings a priori schon an dieser Stelle erwähnt, daß diverse antisemitisch gefärbte Äußerungen einzelner (sich selbst als "orthodox-patriotisch" bezeichnender) Personen und Kreise in mehrheitlich orthodoxen Ländern - wozu beispielsweise auch die russische Bewegung "Pamjat´" zählt(e) - keinesfalls repräsentativ für die Orthodoxe Kirche sind.

In diesem Sinne freue ich mich auf einen fuchtbringenden Dialog und grüße mit Segenswünschen,
Erzpr. Peter
gerhardt
Beiträge: 15
Registriert: 07.03.2007, 21:09

Beitrag von gerhardt »

Dem Herren musst du trauen, wenn dirs soll wohl ergehn

Aus der Antwort von Petre schliesse ich, dass es keine einheitliche Aufffasung der Orthodoxen Kirche zum Judentum gibt.

Wie es auf protetantischer Seite aussieht, kann ich auch nicht sagen. Luther war bekanntlicher der erste Deutsche,der die Vernichtung des juedischen Volkes verlangte - und das 500 Jahre vor Hitler! Die allermeisten Protestanten wissen nicht darum.
In den Evangelien, besonders im Johannesevang. gibt es auch manche antijuedische Aesserung. Leider ist das den meisten gar nicht bewusst.

Ich persoenlich meine, dass die Zuagen Gottes an das juedische Volk immer noch gelten.
Gruss Gerd
protopeter
Priester
Beiträge: 698
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Wohnort: Salzburg

Einige Anmerkungen zum Thema

Beitrag von protopeter »

Lieber Gerd !

Zunächst einmal trifft es zu, daß es keine "offiziell-lehramtliche", sämtliche Gesichtspunkte berührende Stellungnahme der Orthodoxen Kirche zu den Juden gibt; dabei ist allerdings eines klarzustellen: Zu keiner Zeit wurde kirchlicherseits ein Aufruf zur Vernichtung der Juden unterstützt oder gar erlassen. Was nun die von Ihnen apostrophierten vorgeblichen "antijüdischen Äußerungen" in den Evangelien anbelangt, so waren diese - gerade auch unter Voraussetzung einer (vorsätzlich) fehlgeleiteten Interpretation - natürlich dazu angetan, das Phänomen des sogenannten "christlichen Antijudaismus" in allen seinen Erscheinungsformen, dem eben auch Luther verfiel, hervorzubringen.

Demgegenüber findet sich allerdings bei Jo 4,22 die klare Aussage Christi: "...denn die Erlösung kommt von den Juden". Zur Erläuterung orthodoxer Grundauffassungen seien nun drei Beispiele aus der Schriftinterpretation genannt - so kommentiert der Kirchenvater Kyrillos von Alexandria (+ 444): "Christus war dem Fleische nach aus dem Samen Davids, David aber stammte aus dem Stamme Juda"; der byzantinische Dogmatiker und Apologet Euthymios Zigabenos (+ um 1120) ergänzt dazu: "Christus wurde Mensch aus den Juden". Der bedeutende orthodoxe Theologe und zugleich auch Kirchenvater der Moderne, Archimandrit Justin Popovic (+ 1979), erläutert zu dieser Schriftstelle: "Die Erlösung kommt von den Juden, denn der Erlöser stammt aus ihnen. Aus ihnen - diese kommt jedoch nicht nur für sie, sondern für alle Menschen".

Au den genannten Zitaten geht nun zuallererst das deutliche Bewußtsein für die Wurzeln des Christentums hervor; für die Orthodoxe Kirche ist der Zusammenhang von alttestamentlicher Heilszusage und neutestamentlicher Verwirklichung von äußerster Bedeutung. Wenn es in der (frühen) kirchenväterlichen Literatur nun Polemik gegen jüdische Positionen gab, so wäre es jedoch keinesfalls angebracht, diese im Sinne des "modernen" Antisemitismus mit seinen katastrophalen Auswirkungen zu interpretieren - in diesen Werken ging es (gerade auch zur Zeit der endgültigen Verwurzelung des Christentums in der Gesellschaft ab dem 4. Jahrhundert) in erster Linie um eine Klarstellung der eigenen Positionen und die Vermeidung eines jeglichen glaubensinhaltlichen Synkretismus.

Herzliche Grüße sendet
Erzpr. Peter
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