Fragen zur Ehe
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stefan1800
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danke für Deine Antwort. Um präzise zu fragen:
1. Weshalb ist in der orthodoxen Kirche überhaupt die Ehescheidung unter bestimmten Bedingungen erlaubt ?
2. Sollte, falls ja, nicht der Ehebruch als einzige Möglichkeit einer Scheidung gelten, weitere Ausnahmen dagegen nicht ?
3. Welche Stellen in der Hl. Schrift gibt es bezüglich meiner Fragen ?
LG, Stefan
- Priester Alexej
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Wenn zwei Menschen auseinandergehen, dann sind sie halt auseinander - das wird von der Kirche nicht irgendwie "fixiert", es gibt ja auch keine Scheidungszeremonie. Selbst wenn es zu einem Ehebruch kam, ein Partner kann den anderen zwar desswegen verlassen, aber er wird kein zweites Mal gekrönt - es wird ihm, den menschliche Schwäche wegen, erlaubt eine von der Kirche gesegnete "Lebenspartnerschaft" einzugehen. Wenn die Kirche das nicht erlauben würde, könnte der Mensch in bestimmte andere Sünder verfallen.
Was Zitate angeht, bekommen wir bestimmt bald was von Alexander
Herzliche Grüße,
Alexej
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stefan1800
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die Unterschiede sind doch etwas größer. Unsere orthodoxe Kirche kennt neben dem Kirchenrecht auch die Ikonomia, die Barmherzigkeit, wegen der Schwäche der Menschen Gnade vor Recht gehen zu lassen. Unzucht (pornia) oder Ehebruch können ein Scheidungsgrund sein und auch ein Grund, wieder zu heiraten. Das steht ja bereits bei Matthäus. Und Paulus warnt ja davor, vor Leidenschaften "zu brennen".
Wir glauben nicht, daß das Ehesakrament im Ehewillen und Ehevertrag besteht, also im Ja-Wort (in der griechischen Kirche wird das Ja-Wort überhaupt nicht erfragt, die Russen haben es durch westlichen Einfluß im 19. Jahrhundert eingeführt). Die Ehe wird durch den Segen des Priesters als Mysterium (Sakrament) gespendet. (Lateinisch: Die Eheleute spenden sich durch das Ja-Wort das Sakrament selbst, der Priester ist der "Erstzeuge").
Laut Epheserbrief beruht das Mysterium (=Sakrament) der Ehe in der Abbildung der Liebe Christi zur Kirche.
Was ist aber, wenn die eheliche Liebe in Haß umgeschlagen ist und beide sich scheiden wollen. Wo ist da noch das Mysterium, wo ist die Abbildung der Liebe Christi zur Kirche. Diese Ikone ist zerstört, das Bild ist verschwunden, es ist ein Zerrbild geworden. Wenn die Ehe nicht mehr zu heilen ist, wenn sich etwa der eine schon längst anders orientiert hat, vielleicht gar nicht religiös ist und durch die Kirche nicht erreicht wird, was soll der andere machen? Ein Mysterium theoretisch aufrechterhalten, was praktisch gar nicht mehr existiert?
Hier setzt die Ikonomia (Oikonomia) der Kirche ein, die Milde und Barmherzigkeit der Kirche, die einen Neuanfang erlaubt, gewährt, ermöglicht, segnet. Nicht als Lebensgemeinschaft, sondern als Ehe, ja, wieder als Ehe. Und mit Ehesakrament. Wenn auch mit Beichte, Buße, Auflagen ..., aber mit sakramentalem Segen, sakramentaler Gnade. Denn auch wenn die Kirche die Ehe schützt und retten will, sie kann es nicht über die Köpfe der Menschen und gegen die Menschen tun, wenn sie bereits in neuen Verhältnissen leben. Die Kirche muß die Lebenssituation der Menschen ernstnehmen, pastoral, seelsorglich sein. Alles andere ist weltfremd, menschenfremd, sogar menschenverachtend, wenn ihr freier Wille nicht mehr geachtet wird.
Eine junge Frau mit zwei Kindern wird von ihrem Mann verlassen, weil er eine andere Frau gefunden hat, die ihn vielleicht sogar sehr unter Druck gesetzt hat. Soll da die Kirche kommen und der unschuldig verlassenen Frau ihre nur noch fiktive Ehe aufzwingen, eine Ehe, die überhaupt kein Abbild der Liebe Christi zu seiner Kirche mehr ist? Soll sie den Rest des Lebens in verbotenen Sehnsüchten und gar Leidenschaften "brennen". Soll sie ohne Berufung dazu den Rest ihres Lebens wie eine Nonne leben? Wenn sie es kann, ist das wunderbar. Die Prophetin Hanna im Lukasevangelium konnte es. Aber das kann die Kirche nicht entscheiden. Und vor allem nicht den Segen verweigern. Gott wird richten, nicht wir. Die Kirche muß für die Menschen sorgen und nicht gegen die Menschen stehen.
Wenn die Frau ihren Mann umgebracht hätte, dürfte sie katholisch heiraten. Eine Beichte genügt. Wenn der Mann weggelaufen ist, muß sie die weiteren 50 Jahre ehelos leben? Man sollte meinen, so grausam können nur die Taliban sein, ist aber Realität der römisch-katholischen Kirche. Gut, darüber reden wir nicht, ich wollte die Ikonomia unserer Kirche erklären und durch die Gegenüberstellung das Problem verdeutlichen wollen. Uns eint zumindest die Sorge um die Ehe, und möglichst die Einehe. Wer er fassen kann, der fasse es, wie der Herr sagt.
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stefan1800
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Natürlich halten wir an der Ein-Ehe - und zwar über den Tod hinaus - fest.
Aber ich frage mich, wieso die Katholiken die Wiederverheiratung von Verwitwerten erlauben, und zwar unendlich oft!!
Denn sowohl die Verwitwerten wie auch die Geschiedenen, beide brechen die Ein-Ehe und sind nicht treu demjenigen, mit dem sie ein Fleisch wurden. Nur nicht in gleicher Weise schuldhaft.
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Anaklet
Ich bin es von Kind auf gewohnt, die Ehedauer als "bis zum Tod" zu sehen.
Nachdem ich nun durch Euch gelernt habe, dass die westliche Haltung aus Markus 12,18-27 (diese Stelle meinte ich, nicht Mt.19! - Ich bitte um Entschuldigung.) nicht zwingend zu folgern ist, muss ich nochmal neu darüber nachdenken.
Aber gehören nicht die Sexualität und die Ausschließlichkeit der Ein-Mann-eine Frau-Beziehung notwendig zum Wesen der Ehe?
Und wenn es im Jenseits keine Sexualität mehr gibt und auch nach orthodoxer Anschauung mehrere Ehegatten möglich sind, was bedeutet dann dort die Ehe?
Das Beispiel mit der Mutterschaft finde ich unpassend. Schließlich ist sie unveränderliche Tatsache, die niemals aufgehoben werden kann, auch nicht durch das größte Zerwürfnis zwischen Eltern und Kindern.
Ich kann also immer noch keinen Grund erkennen, warum man nicht nach Verwitwung unbegrenzt oft wiederheiraten dürfen sollte.
Dass man nur einmal verheiratet gewesen sein sollte, kann aus der Heiligen Schrift nur für Bischöfe (Tit.1,6) und "Gemeindewitwen" (1.Tim.5,9) abgeleitet werden.
Paulus schreibt 1.Tim.5,14: "So will ich nun, dass die jüngeren Witwen heiraten..."
Kein Wort davon, dass das eigentlich Sünde sei!
Die orthodoxe Oikonomia bzgl. der Wiederheirat Geschiedener finde ich dagegen durchaus nachdenkenswert.
Liebe Grüße,
Anaklet
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christodoulos
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Es gab Väter die waren strikt gegen eine Wiederverheiratung - andere waren milder..
Aber grundsätzlich gibt es in der Orthodoxen Kirche "keine Scheidung" - keine Trennung wird gesegnet oder so..es wird halt mit Trauer zur Kenntnis genommen und versucht diese Menschen trotz dieser Trennung nicht von der Hl. Kirche auzuschließen. Darum die Bußzeit usw...keine Krönung....
Der Hl. Basilius sagt: Eine zweite und dritte Ehe ist zwar eine Schande für die Kirche aber es ist besser als wenn diese Menschen in offener Hurerei leben (wilde Ehe)- getrennt von der Kirche.
Das heißt es ist eine Ausnahmeregelung und nicht eine Norm! DAs sollte man nie vergessen und nicht so tun als könne man dir nichts mir nichts 2 - 3 mal heiraten.
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Anaklet
- Priester Alexej
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Der Apostel betont grade das, was Vater Martinos geschrieben hat – er moechte nicht, dass es zu schlimmerem kommt. Ob das jedoch weniger suendhaft ist, oder garnicht suendhaft, davon spricht er nicht. Gibt das nun einen Unterschiede gegenueber der orthodoxen Oikonomia, oder nicht?Der jungen Witwen aber entschlage dich; denn wenn sie geil geworden sind wider Christum, so wollen sie freien 12und haben ihr Urteil, daß sie den ersten Glauben (Treue) gebrochen haben. 13Daneben sind sie faul und lernen umlaufen durch die Häuser; nicht allein aber sind sie faul sondern auch geschwätzig und vorwitzig und reden, was nicht sein soll. 14So will ich nun, daß die jungen Witwen freien, Kinder zeugen, haushalten, dem Widersacher keine Ursache geben zu schelten. 15Denn es sind schon etliche umgewandt dem Satan nach.
Lieber Stefan, es geht oft nicht um den Buchstaben, sondern um das, was dahinter steht. Z.B. "Unbefleckte Empfaengniss" heisst auch bei uns genauso, und das Dogma "Mariä Himmelfahrt" hat den selbsen Inhalt, das, was jedoch dhintersteht macht einen kardinalen Unterschied zwischen katholischer und orthodoxer Auffassung.
Liebe Anaklet, die Sexualitaet gehoert wirklich zur Ehe, ist aber nicht zu verwechseln mit der Kinderzeugung. Die Sexualitat ist ein Ausdruck der gegenseitigen von Gott gesegneten Liebe, das Verschmelzen zu einem Fleisch. Desswegen wird sie in der Orthodoxie auch dann erlaubt, wenn es zu keiner Zeugung kommen kann. Und dass diese Liebe nach unserer Verklaerung auch anders asgedruekt werden koennen wird, kann doch kein Problem sein.
Und, wenn ich mich nicht irre, ist hier die katholishe Auffassung anders, die Ehe (bzw. Sexualitaet) ist nur der Kinder wegen, keine Kinder - keine Sexualitaet.
Das Wort "Schande" ist natuerlich etwas hart, gemeint ist aber: Jeder Mensch ist zur Perfektion berufen. Gott fuehrt in dem Sakrament der Ehe zwei Menschen fuer immer zusammen. Wenn diese Menschen christliche, nach den Geboten Gottes leben, wird Gott ihnen auch die Liebe geben, denn (!) Liebe ist nicht etwas, was von dem Menschen abhaengt, und gehoert auch nicht dem Menschen. Der Mensch kann sich um jemanden Sorgen, treu sein, beten, etc., aber die Liebe ist etwas goettliches, was nur Gott schenken kann.
Guckt euch das Bild im Anhang an - je naeher Mann und Frau an Gott kommen, desto naeher kommen sie einander, und desto mehr Liebe gibt es zwischen ihnen. Verfallen die Eheleute jedoch in Streit, gehen sie auseinander, ist es ihr eigenes, bzw. gemeinsames Leben, was sie nicht gotttreu feuheren.
Herzliche Gruesse,
Alexej
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- a.JPG (5.72 KiB) 19823 mal betrachtet
jetzt muss ich doch mal dumm fragen...du schreibst, je naeher Mann und Frau an Gott kommen, desto naeher kommen sie einander, und desto mehr Liebe gibt es zwischen ihnen...was ist aber, wenn einer die Liebe zum Partner verliert? Distanziert er sich dann von Gott? Oder wenn einer sich in jemand anderes verliebt...
LG Sparta
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Johaennschen
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Nicolás Gómez Dávila
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Die Wahrheit ist aber, dass die Liebe bei der Tat anfängt. Wenn ich für meine Familie sorge, Zeit meinen Kindern widme, und dabei auch Gott nicht vergesse, dann schenkt mir Gott eine Liebe zu meiner Frau und meinen Kindern, die alles übersteigt. Und diese vergeht nicht einfach so.
Und das Beispiel mit dem Bruder und Gott drückt diesen Gedanken noch mehr aus. Warum kannst du nicht Gott lieben, denn du nicht siehst, wenn du deinen Bruder nicht liebst, den du siehst? Gott kannst du nichts tun, nicht seine Last tragen. Deinem Bruder kannst du aber schon zur Seite stehen. Denn der Glaube, wie alles andere, wie auch die Liebe, ist ohne die Taten tod.
Und verlieben und lieben sind verschiedene Sachen.
Alexej
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Anaklet
ich deute die Tiomotheus-Stelle (nach alter Gewohnheit) so:
Es gab in der Urkirche das Amt der "Witwen", die von der Gemeinde zur Armenpflege berufen und von dieser wiederum versorgt wurden. Sie waren offenbar zum Zölibat verpflichtet. Junge Witwen, bei denen noch mit dem Wunsch nach einer weiteren Ehe gerechnet werden musste, wurden nicht als "Gemeindewitwen" angenommen, damit sie ihr Zölibatsversprechen nicht "wider Christum" brechen. Nicht, weil es eine zweite Ehe wäre, wäre es Sünde, sondern weil sie den Zölibat versprochen haben (vielleicht im Sinne der Brautmystik als Braut Christi?).
Wenn es Sünde wäre, wieder zu heiraten, könnte Paulus das nicht so einfach fordern - auch nicht, um schlimmere Sünden zu verhüten.
Ich könnte meinetwegen zugeben, dass die Beschränkung auf eine Ehe in besonderer Weise das Mysterium der Beziehung Christi zur Kirche ausdrückt und deshalb ein Ideal für die Christen ist.
Aber nicht, dass die Wiederheirat nach Verwitwung eine Sünde ist.
Übrigens:
Die katholische Lehre bejaht (heute) ausdrücklich die Sexualität als Ausdruck der Liebe der Gatten, nicht nur zum Zweck der Kinderzeugung!
Liebe Grüße,
Anaklet
- Priester Alexej
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Ja, richtig. Aber der Apostel spricht hier doch nicht von Sünde - nicht Sünde. Und wenn man seine allgemeine Einstellung bedenkt, würde er es bestimmt besser finden, wenn die Witwen nicht heiraten würden, oder? Wenn er doch von der Heirat ganz abrät "Ich sage aber den Unverheirateten und den Witwen: Es ist gut für sie, wenn sie bleiben wie auch ich. " Und weil es im Gegenfall zu schlimmerem kommt, dürfen sie es doch "Wenn sie sich aber nicht enthalten können, so laßt sie heiraten, denn es ist besser zu heiraten, als Brunst zu leiden. " Übrigens - Witwen werden auch nur angenommen, wenn sie nur in einer Ehe waren (wohl auch nicht, wenn der erste Mann verstorben war). Warum wohl??Anaklet hat geschrieben: Nicht, weil es eine zweite Ehe wäre, wäre es Sünde, sondern weil sie den Zölibat versprochen haben
Ob es eine Sünde ist, oder nicht, weiss in dem Einzelfall nur Gott. Ich persönlich verwende den Begriff so selten wie nur möglich - er ist für mich zu juristisch. Für mich kann man im Einklang mit Gott leben - dann sündigt man ehe nicht, oder nicht im Einklang mit Gott. Nach einer Liste die Sünden bis ins Detail aufzuzählen - das ist keine Beziehung zu einem liebendem Vater. Kann sich jemand vorstellen, dass ein Kind zu seiner Mutter kommt und sagt: Mama, ich habe über dich schlecht gedacht, Mama, ich habe 2 Bonbons ohne erlaubniss genommen, Mama, ich habe...Aber nicht, dass die Wiederheirat nach Verwitwung eine Sünde ist.
Das orthodoxe Verständniss von der Sünde und ihrer Vergebung unterscheidet sich stark von dem katholischen... Es ist kein Schuldspruch, der über dem Kopf gehängt wird.
Übrigens:
Die katholische Lehre bejaht (heute) ausdrücklich die Sexualität als Ausdruck der Liebe der Gatten, nicht nur zum Zweck der Kinderzeugung!
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Das zu hören ist sehr erfreulich!