Russisch-Orthodoxe Wiedervereinigung

Nachrichten
Forumsregeln
Forumsregeln Impressum
Walter
Beiträge: 443
Registriert: 01.06.2006, 18:53

Beitrag von Walter »

BratIvan hat geschrieben:Walter hat Geschrieben
Die ROKA war bislang unkanonisch, nicht wegen irgendwelcher Häresien, sondern weil sie sich eigenmächtig aus der kanonischen Gemeinschaft der orthodoxen Kirchen losgelöst hatte. Dass sie erst jetzt wieder in die kanonische russische Kirche aufgenommen wurde, lag weniger am Widerstand des Moskauer Patriarchats, sondern am Unwillen weiter Teile innerhalb der ROKA. Die ROKA stellte auf mehr Vorbedingungen für die Verhandlungen zur Einigung.
Hier muss ich als Mitglied der ROKA heftigst protestieren! Wer die historischen Hintergründe der Trennung nicht kennt, sollte nicht solche Unterstellungen machen!
Lieber Br. Johannes,

mir sind die historischen Hintergründe durchaus bekannt, auch Deine Version der Geschichte. Trotzdem sei Dir für Deinen langen Beitrag gedankt. Er macht einiges klar:
BratIvan hat geschrieben:Einge Kirchen wurden geöffnet, die Orthodoxen Christen mussten teilweise anfangs gezwungen werden, zu den Gottesdiensten der "Bolschewikenkirche" zu gehen. ... In den 40er Jahren (glaub ich) stellten sie jedoch erstmals die Forderung, dass alle russischen Bischöfe im Exil sich dem Patriarchat unterstellten. Man wollte (Im Rahmen des bolschewistischen Planes, die Welt durch den Kommunismus zu vereinen) die Auslandskirche ebenfalls zum politischen Werkzeug der Kommunisten machen.
Damals entschied unser Synod, dass er keinen offiziellen Kontakt mit dem MP aufnehem und dessen Forderung besten Gewissens nicht nachkommen werde, da die Kirche in Russland nicht "frei" sei. Daher blieb die Trennung bis in unsere Tage bestehen.

Was unsere Beziehung zu anderen Kirchen betrifft, sollte es verständlich sein, dass die anderen Kirchen sich der Drohung Moskaus ? entweder ihr erkennt uns an oder die ROKA ? fügte (bis auf die Serbische Kirche, die versuchte beide anzuerkennen und mit der wir lange konzelebrierten) und uns ignorierte. Wir haben zum Glück auch nicht versucht, uns unsere Legitimation von den Herrschsüchtigen Patriarchen von Istanbul zu hohlen, die seit dem unseligen Meletios Metaxakis versuchten, russische und slavische Kirchen aus ihrer Verbindung mit der Russischen Kirche zu lösen und unter ihr Zepter zu unterwerfen.
Was Du hier schreibst, Johannes, ist genau das, was ich oben versucht habe auszudrücken: Gerade in der ROKA gibt es (noch immer) große Vorbehalte gegen die eucharistische Gemeinschaft mit den kanonischen Kirchen!

Das erste unter den kanonischen Patriarchaten wird von Dir als herrschsüchtig bezeichnet, ein Patriarch von Konstantinopel und Alexandria (implizit auch alle Nachfolger) gar als unselig(!), mit dem Moskauer Patriarchat springst Du nicht besser um: Bolschewikenkirche, unfrei bis in unsere Tage? Alle anderen kanonischen Kirchen fügen sich nur den Drohungen dieser Patriarchate? Vom Wunsch nach eucharistischer Einheit ist (falls Du wirklich für die ROKA sprichst) hier auch nach dem formalen Beschluss leider immer noch wenig zu spüren. :roll:

Wir müssen zu Gott beten, dass die auf dem Papier beschlossene Einheit sich wirklich auch bis in die Herzen der beiden Kirchen-Teile (wie Du es nennst) ausweitet. Alles andere wäre für die Gesamtheit der (kanonischen) Orthodoxie sehr unerfreulich. :cry:

Gruß
Walter
γενηθήτω το θέλημά σου·
Ehre sei Dir oh Herr

Beitrag von Ehre sei Dir oh Herr »

Hallo, Ihr Lieben,

also die Praxis in der Gemeinde die ich kennenzulernen das Glück hatte sieht es, wenn ich das so sagen darf, sehr christlich aus. Man wußte, dass ich Christ des MP bin und ich hatte kein Gefühl nicht willkommen zu sein.
Ebenso kann ich nur positiv von meinen Kontakten mit den Brüdern in München (einschließlich unseres Mitbruders im Herrn, Br. Johannes!) und Schwestern bei München berichten.
Höflich, zuvorkommend und wenn ich eine Frage hatte, wurde mir diese auch gerne beantwortet, dass ist für mich Orthodoxe Praxis.
Ich hatte schon kurz nach meiner damaligen Taufe den ersten Kontakt und mir wurde gleich auf das herzlichste gratuliert (ich hatte da ein bestimmtes Anliegen), ohne auch nur zu fragen, ob ich der ROKA oder dem MP angehöre.

Natürlich gibt es kritische Stimmen, nach so einer langen Zeit auch normal.
Allerdings, wenn man den "Boten" liest, wo in dieser Frage gerade in den letzten Ausgaben viele Beiträge zu diesem Thema zu finden waren, kann man nur Demut über gemachte Fehler und die Hoffnung auf eben diese Einheit der beiden Teile der Russischen Kirche in der Liebe unseres Herrn herauslesen. Es wird auch durchaus nicht an Selbstkritik gespart.

Ich persönlich kann nach meinen Erfahrungen und Gesprächen also nicht davon sprechen, dass die Wiedervereinigung kein Herzenswunsch wäre.

In der Liebe unseres Herrn
Euer René
Zuletzt geändert von Ehre sei Dir oh Herr am 09.11.2006, 15:36, insgesamt 1-mal geändert.
protopeter
Priester
Beiträge: 698
Registriert: 24.07.2006, 21:21
Wohnort: Salzburg

Beitrag von protopeter »

Liebe Brüder im Herrn !

Ich muß ehrlich gestehen, daß mich die an dieser Stelle doch mit einigem polemischen Ton geführte Diskussion über die Stellung der ROKA in nicht gerade angenehmer Weise berührt. Wenngleich auch - um wieder einmal ein Wort von Archimandrit Justin (Popovic) einzubringen - die Kirche eine "Werkstätte des Heiligen Geistes" ist, so wird sie unter irdischen Bedingungen eben auch von Menschen vertreten; von Menschen, die allzu oft schwach und verblendet waren, folglich irregeleitet oder verantwortungslos handelten. Zu diesen mochten nun durchaus Hierarchen des Moskauer Patriarchates zählen; doch sind auch Beispiele von Vertretern der ROKA bekannt, die zur Zeit der NS-Gewaltherrschaft in Europa danach trachteten, mit den damaligen Machthabern im guten Einvernehmen zu stehen und solchermaßen vielleicht auch nicht immer nach den ihnen ursprünglich aufgetragenen ethischen Prinzipien handeln konnten.

Dies alles sind historische Gegebenheiten, die es sicherlich wahrzunehmen und entsprechend zu bewerten gilt; doch sollte bei all dem nicht das wesentliche Ziel - gemeinsame Zeugenschaft für die Heilige Orthodoxie abzulegen - aus den Augen verloren werden. Darüberhinaus sei man sich einer Tatsache bewußt: Die Wiederaufnahme der umfassenden kirchlichen Gemeinschaft darf in keinem Fall als rein juristischer Akt begriffen werden; wenngleich es - gerade auf menschlicher Ebene - auch noch zahlreiche Schwierigkeiten geben mag, so ist die eucharistische koinonia die absolut notwendige Basis, auf der eine Gemeinschaft, die sich "in Gottesfurcht, Glauben und Liebe" begegnet, ruht.

Die Gnade Unseres Menschenliebenden Gottes sei mit uns allen !

Es grüßt brüderlich
Erzpr. Peter
Benutzeravatar
BratIvan
Beiträge: 23
Registriert: 25.10.2006, 08:55

Beitrag von BratIvan »

Lieber Walter,
Es tut mir leid, wenn ich irgendjemanden mit meinem historischen Aufriss verletzt habe!
Die Kirche Christi ist und bleibt die makellose Braut Christi, woran auch das Fehlverhalten der Kirchenführer nichts ändern kann, auch wird sie vom Hl. Geist gelenkt und beschützt, so dass die persönlichen Fehler der Menschen ihr nicht ewigen und vernichtenden Schaden zufügen können.
Ich habe in meinem Bericht durchaus nicht alles gesagt, besonders die positiven Entwicklungen im Moskauer Patriarchat in jüngster Zeit oder Fehltritte der Hierarchen der ROKA, es kam mir ja gar nicht auf einen "Sündenkatalog" des MP an, sondern vielmehr darauf, wie schwer es damals wahr, zu erkennen, dass das MP tatsächlich ein Teil der Russischen Kirche war.
Die Zeiten waren voll von großen Versuchungen für alle Beteiligten und ich will hier nicht behaupten, dass nur einer Recht gehabt hat.
Die Zeiten haben sich natürlich geändert, doch schiene es mir fatal zu meinen, man könne nun alles vergessen. In Russland gibt es noch viel zu tun, in Zukunft werden wir das mit Gottes Hilfe zusammen tun.

Die ROKA als "unkanonisch" zu bezeichnen, halte ich für eine Sünde wieder den Hl. Geist, der uns in unserer schweren Zeit nie verlassen hat!

Was meine vielleicht ebenfalls verletzenden Bemerkungen über das Ökumenische Patriarchat betrifft, kann ich mich zunächst auf die Position des Moskauer Patriarchat sowie der Serbischen Kirche berufen, die ebenso Meletios Metaxakis, den Patr. und Erzb. dreier Kirchen, aktiven Freimaurer und Spalter der orthodoxen Christenheit aufs schärfste verurteilen.
Sein politisches Konzept (z.B.: Alle Kirchen in den "barbarischen Ländern" müssen dem ÖP unterstellt werden, d.h. auch alle Diasporakirchen!!!) wurde von seinen Nachfolgern übernommen. Die Kirchen von Finnland, Estland, Litauen - Kirchen die traditionell dem MP unterstellt waren wurden ohne jede kirchenrechtliche Basis dem ÖP angeschlossen. Auch in der Russischen Diaspora hat das ÖP für Spaltung gesorgt: die sogenannte Pariser Jurisdiktion hat sich dem ÖP unterstellt und hat sich so der Russischen Kirche entzogen. Es gibt unzählige solcher Vorfälle, erst vor wenigen Monaten, hat das ÖP einen Bischof des MP, der in England diente und wegen einiger Probleme von der Moskauer Synode in den Ruhestand versetzt worden war, zwei Tage nach der Entscheidung aus Moskau in die Pariser Jurisdiktion eingegliedert, und zwar unter Berufung auf einen umstrittenen Kanon, der angeblich (Meletios' Interpretation) den ÖP berechtigte, im einem Streitfalle, einem abgesetzten Bischof eine Berufung zu gewähren.
Selbst wenn man diesen Kanon so akzeptiert, gibt er dem ÖP noch nicht das Recht dazu, selber eine Entscheidung zu fällen, er könnte bei der Synode der betreffenden Kirche eine erneute Untersuchung des Falles fordern.
Dies seien nur ein paar Beispiele für die neue Politik.

Noch mals will ich mich deutlich ausdrücken: Die ROKA hat niemals willentlich irgend einer Kirche die Gemeinschaft aufgekündigt oder verwährt, umgekehrt wollte bislang niemand mit uns (offiziell) etwas zu tun haben, weil das dem MP gar nicht gefallen hätte. Das war so ähnlich, wie anfangs mit der DDR und der Bundesrepublik, entweder man erkennt die eine an oder die andere.
Hinter dem MP stand die Sovietmacht, übrigens auch hinter der Rumänischen, der Bulgarischen, der Serbischen und der Georgischen Kirche. Dass diese Kirchen "nicht frei" waren lässt sich nicht abstreiten, das war eine Realität, die auch du, lieber Walter, ernst nehmen solltest. Hinter jedem Bischof stand ein Staatssekretär, der Befehle von oben an den Bischof delegierte. des Weiteren behielt sich die Sovietregierung die Auswahl der Kandidaten für die Bischofsweihe vor. Absetzungen, Versetzungen und dergleichen standen bei "Ungehorsam" ann der Tagesordnung.
Ich kenne sowohl Zeugenberichte von Bischöfen, als auch wissenschaftliche Studien über die Protokolle der regierungsarbeit. Heute wird (langsam) alles aufgedeckt.

So genug für Heut.
Alles Gute Allen!
S.N.J.
Walter
Beiträge: 443
Registriert: 01.06.2006, 18:53

Beitrag von Walter »

Lieber Johannes,

dass die russische Auslandskirche nicht vom Hl. Geist gelenkt oder geschützt wurde oder wird, hat hier niemand behauptet. Auch sollten wir nicht, wie Vater Peter schrieb, weiter über Trennungsgründe streiten, die Gott sei Dank (hoffentlich endgültig) aus der Welt geschafft wurden (s. unten).

Ich hoffe, dass auch die anderen orthodoxen Gemeinschaften, deren Status momentan "kanonisch nicht geklärt" ist, bald in die kanonische Gemeinschaft der Orthodoxen Kirchen zurückfinden werden.

Hier noch einige Passagen, mit denen Erzpriester Nikolai Artemoff den Gläubigen der Auslandskirche im Boten anlässlich des IV. Gesamtkonzils der Russischen Auslandskirche, welches im Mai diesen Jahres stattfand, die Bedeutung der neuen kanonischen Gemeinschaft zu erklären versuchte.
Erzpriester Nikolai Artemoff hat geschrieben:Was bedeutet für uns die kanonische Gemeinschaft?

... Das Bischofskonzil des Moskauer Patriarchats hieß die Arbeit der Kommissionen gut und beauftragte den Synod, die Arbeit zu Ende zu führen, und schließlich ?einen kanonischen Akt zu vollziehen, durch den die eucharistische Gemeinschaft und die Einheit wiederhergestellt wird".

... Wie bisher werden ihre Bischöfe aus unserer eigenen Mitte gewählt, das Bischofskonzil bleibt bestehen, ebenso wie die Wahlordnung unseres Synods und entsprechend die des Ersthierarchen der Russischen Auslandskirche. Die Wahl des Metropoliten wird auf kanonischer Grundlage durch den Patriarchen von ganz Russland bestätigt, ebenso wie die Wahl der Bischöfe. Unsere Gläubigen wollen wissen: Was passiert, wenn die Bestätigung des neu gewählten Ersthierarchen verweigert wird? Die Bestätigung geschieht auf kanonischer Grundlage und ist durch die Kanones bedingt, folglich muss eine Ablehnung der Bestätigung kanonisch begründet werden.

... Heute jedoch gibt es keine Ausnahmesituation mehr und die kirchlichen Gründe für unsere Trennung sind entfallen (s. unten). Daher muss man sich nach der Ordnung richten, die in der gesamten Orthodoxen Kirche gilt.

... Deshalb ist es wichtig, die angesammelten Vorurteile und wechselseitigen Vorwürfe zu beseitigen, den neuen Kontext gemeinsam zu entdecken. Das kann letztlich nur im Rahmen der kanonischen Gemeinschaft gelingen, die jetzt entstehen soll.
Schönen Gruß
Walter
γενηθήτω το θέλημά σου·
Benutzeravatar
BratIvan
Beiträge: 23
Registriert: 25.10.2006, 08:55

Beitrag von BratIvan »

Liebe Brüder,

Ich wollte noch einen Link zur Geschichte anbieten. Wer sich über die mit Meletios Metaxakis zusammenhängende Geschichte des 20. Jh. und über dessen Lebensweg informieren will, dem kann ich einen Artikel in Englisch empfehlen:
http://www.orthodoxengland.btinternet.c ... letios.htm

Übrigens, ich vergaß zu erwähnen, dass mit dem englischen Bischof sich natürlich einige Gemeinden vom MP abgespalten haben, ich kann solche Spaltereien als Mitglied der Kirche nur mit großem Bedauern betrachten!

Wahrlich es gibt nichts, was einer Einheit der Russischen Kirche noch im Weg stünde (außer der Widersacher), noch einer Gemeinschaft der ROKA mit den anderen Kirchen inklusive dem Patriarchat von "Konstantinopel". Natürlich wird unsere Außenpolitik in Zukunft von der Linie der einen Russischen Kirche bestimmt werden.

Was den Begriff des Kanonischen betrifft, möchte ich nur anmerken, dass er von Walter so verwendet wurde, wie es das ÖP heute tut, d.h. kanonisch bedeutet in der Gemeinschaft mit den "kanonischen Kirchen", sprich mit den Kirchen, die letztlich Gemeinschaft mit Konstantinopel haben. Die orthodoxe Ekklesiologie verlangt natürlich Eintracht unter den Kirchen, jede Kirche ist jedoch selbstständig und ihre "Kanonizität" hängt nicht vom Wohlwollen der Oberhäupter der Nachbarkirchen ab, sondern vom rechten Glauben, der Bewahrung der Kanones und der christlichen Liebe! Ja, hier müssen wir alle (ich meine die Mitglieder aller Kirchen) uns schämen für den Zustand der Kirche Christi im 20. und 21. Jh.. Die heiligen Kanones werden regelmäßig vernachlässigt, Spaltungen und Machtkämpfe, Streit und Zwietracht bedrängen die Kirche wie nie zuvor!

Lasst uns alle Beten und Hoffen, dass nun, nach dem der Kommunismus seine Kraft verloren, die totalitären Staaten zerbrochen und viele orthodoxe Kirchen wieder auferstehen, die Kirche wieder stark wird und ihre Heiligkeit dem Menschengeschlecht wieder hell aufstrahlen wird!

Noch mal alles Gute
holzi
Beiträge: 1354
Registriert: 17.12.2008, 08:29
Religionszugehörigkeit: röm. katholisch
Wohnort: Regensburg

"Wiedervereinigung" - Ukraine

Beitrag von holzi »

Hallo,

ich möchte Euch einen Beitrag - wieder mal von Radio Vatikan - zur Kenntnis geben: Ukraine: Wiedervereinigung per Dekret?. Weitaus interessanter ist allerdings der dazugehörige Audiobeitrag: http://62.77.60.84/audio/ra/00068300.RM

Grüße
Konrad
bph
Beiträge: 1
Registriert: 23.01.2007, 19:32

Zur Diskussion

Beitrag von bph »

Seid alle gegrüßt, liebe Brüder in Christo!

Die bisherige Diskussion über die angestrebte Vereinigung des Moskauer Patriarchat mit der Auslandskirche bringt mich dazu über einige Dinge nachzudenken. Da ich hoffe, daß Ihr mir mit diesen Fragen weiterhelfen könnt, möchte ich Euch einige von ihnen hier ausführen.

Zuerst möchte ich sagen, daß ich zur Auslandskirche gehöre, und mit Bestimmtheit für die Vereinigung mit dem Moskauer Patriarchat bin. Das bin ich vor allem, weil ich glaube, daß eine weitere Existenz eines Schismas zwischen der Auslandskirche und dem Moskauer Patriarchat für beide von großem Schaden wäre. In der Tat glaube ich, daß die Ereignisse der Russischen Revolution und die nachfolgenden Entwicklungen der Kirche nicht einfach geschadet haben, sondern mit ihr aufs engste verbunden sind und bleiben. Die Russische Kirche litt bereits vor der Revolution an vielen Gebrechen, die einer baldigen Heilung bedurften. Als die Revolution ausbrach, empfanden viele diese als eine gerechte Strafe Gottes, die das Volk, vor allem aber die Oberen der Kirche über sich gerufen haben. Heute aber, wenn durch eine Vereinigung zweier in Eucharistie und Jurisdiktion getrennter Teile der Kirche auch die Geschehnisse jener Zeit der Wirren wieder in das Blickfeld geraten, ist eine richtige Einschätzung von großer Bedeutung. Denn es fragt sich dann nicht mehr, wo die anderen etwas verbrochen haben, sondern worin wir gesündigt haben.

Glaubt Ihr denn, liebe Mitbrüder, das es bei der Vereinigung tatsächlich um die Behebung einer einseitigen Mißbildung geht, nicht aber um eine Stärkung für den Kampf gegen eigene Krankheiten? Wenn die alleinige Rechtfertigung der Auslandskirche darin besteht, daß sie zum MP "zurückkehrt" dann sind die Gründe ihrer "eigenwilligen Loslösung" nichtig. Das würde allerdings zur Folge haben, das damit auch viele Handlungen des Sowjetstaates sich als gerechtfertigt erwiesen, was, wie ich meine, zur Folge hätte, daß sie sich auch in unserer Zeit rechtfertigen ließen. Gott sei Dank, daß es sich bei den Sowjets um Atheisten, und nicht um Häretiker gehandelt hat, denn das würde den kanonischen Status der Auslandskirche erst recht erschweren.

Ich bitte um Eure Rückmeldung.

Allen wünsche ich Gottes Segen.

Euer Mitbruder, s. N. Philipp
protopeter
Priester
Beiträge: 698
Registriert: 24.07.2006, 21:21
Wohnort: Salzburg

Beitrag von protopeter »

Lieber Philipp !

Ich stimme Ihnen vollkommen zu - das entscheidende "Kriterium", damit die Wiedervereinigung der beiden Teile der Russischen Orthodoxen Kirche nicht nur als Rechtsakt besteht, sondern es im umfassenden Sinne zu einer koinonia kommt, ist die metanoia - das wirkliche Um-Denken auf allen Seiten. Dies ist gerade aufgrund der leidvollen Erfahrung dieser Kirche von umso größerer Bedeutung; die Auseinandersetzung mit der Wahrheit muß ein wesentlicher Bestandteil dieses Neubeginns sein; er sollte in erster Linie wirklich dazu dienen, der Heilung - wie Sie so richtig sagen - eigener Krankheiten Vorschub zu leisten.

Dies jedoch ist besonders im Hinblick auf die Erfüllung eines gemeinsamen orthodoxen Zeugnisses in der Welt von zentraler Wichtigkeit; dabei sind Vertrauen und Glaubwürdigeit von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Zu Recht weisen Sie darauf hin, daß die Situation der Orthodoxen Kirche Rußlands schon vor der Revolution (ich würde sogar sagen, teilweise zurück bis zum 18. Jahrhundert) schwierig war - zu einem Gutteil verursacht durch eigene Unterlassungsfehler. Auch das ist natürlich zu bedenken, um eben nicht die Zeit der Monarchie und des Staatskirchentums a posteriori zu romantisieren (wie es allerdings allzu oft geschieht !) - für die Orthodoxie Rußlands wäre in diesem Sinne ein "geistesgeschichtliches Anknüpfen" an die Zeit vor 1917 mehr als problematisch.

Es ist nunmehr fraglos die Chance eines neuen Aufbruchs gegeben, der sich selbstverständlich auf die Heilige Tradition stützen muß; dies sollte allerdings bedeuten, daß sich die Kirche - ohne an gewissen historischen Belastungen allzusehr festzuhängen - ihrer ureigensten und wesentlichsten Aufgaben bewußt ist, um so ihrer Mission vor Gott und in der Welt gerecht werden zu können.

Mit besten Segenswünschen grüßt
Erzpr. Peter
Antworten