Erst ein mal wünsch ich meinen lieben Brüdern und Schwestern die nach dem gregorianischen Kalender Feiern einen schönen Nikolaustag.
Die Frage über die liturgischen Änderungen oder wechsel zu den Wurzeln sind in der SOK nicht mehr so aktuell. GOTT SEI DANK! Diese Streitigkeiten (leider ist dieses Wort nicht übertrieben gewählt) haben die Kirche stark in den Meinungen geteilt. Vor allem solche gegenseitige Anschuldigungen (griechophyl [pro Änderungen] oder russophyl [contra Änderungen]) sind beweis solcher Streitigkeiten. Man darf auch nicht vergessen, dass genau nach diesen Streitigkeiten der Fall des bisch. Artemije zum Tagespunkt wurde. Obwohl die kirchliche Gemeinschaft ein neues Streitthema bekamen, wurde die hier diskutierte Frage nie beantwortet.
Solche Streitigkeiten ob man die Gebete laut lesen solle, oder ob die Königstüren die gesamte Liturgie offen sein sollen sind Kleinigkeiten und verdienen keinen Streit in solch einem Ausmaß. Die liturgischen texte an sich, die Handlungen und die Eucharistie wurden nicht verändert. Kurz um: Das Fundament steht immer noch! Es wurde um Kleinigkeiten gestritten und diesen Kleinigkeiten theologisch Wichtigkeit zugeschrieben. Schlimmer noch, sie wurden als wichtigste dogmatische Fundamente bezeichnet. Die Anhänger der pro Änderungen werden sogar der Häresie und Schisma beschuldigt. Spätestens hier muss deutlich werden, dass diese Diskussion enorme Ausmaßen annahm. Doch dieser Streit ähnelt ein wenig der Reformen des patr. Nikon (ROK) und auch ihren Folgen. Auch ihm wurde damals gesagt (vom jerus. patr.) dass man nichts ändern braucht, was keine theologische Bedeutung hätte.
Doch kurz zu deinen Beiden Beispielen:
1.
Königstür: Hier muss ich zunächst Nikolajs Worte zitieren:
Man muss auch bedenken, dass früher - in den Zeiten als die Liturgie entstand - die Ikonostas viel kleiner war. Sie hat sich ja eher aus einer Schranke, die eine Abtrennung (oder eigentlich Verbindung) zum Altarraum war
Zu apostolischen Zeiten und zu Zeiten, wo die Liturgie in Katakomben stattfand gab es überhaupt keine Abtrennungen. Danach folgte eben die o. g. "Schranke", welche auch im Laufe der Zeit höher wurde und auch mithilfe von Ikonen den Altarraum abdeckte. Es gab auch Zeiten wo die Ikonostase auch komplett abgebaut wurde und danach wieder da war. Sie wandelte mit der Zeit und wohlmöglich ist auch die heutige Ikonostase nicht der letzte Version ihres gleichen. Vor allem in der Diaspora (dabei können wir in Deutschland bleiben) gibt es in vielen orth. Kirchen keine Ikonenwänder, oder sie werden provisorisch mithilfe von Ikonen symbolisiert. Das liegt aber nicht daran, dass diese Bischöfe, Klerus und/oder Gläubige zu den pro Änderungen übergingen, sondern dass solche Kirchengemeinden noch sehr jung sind, oder diese Kirchen mieten um an bestimmte Tage zu zelebrieren. Dies ist beweis Genug um zu zeigen, dass die Ikonostase und die Königstür kein theologisches Fundament bilden. Sie sind (wunder-)schön und manchmal praktisch um eben den Altarraum vor Neuankömmlingen zu schützen, aber das ist nicht Grund genug um eine Schisma anzufangen.
[
hierzu eine Anekdote: Bei einer Vesper an Heiligabend in einer Kirche wo es keine Ikonostase gab, sondern nur zwei provisorische Ikonen von Pantokrator und Maria kam eine Frau in die Kirche. Sie war nicht sehr gläubig sondern kam eher aus traditionellen Gründen in die Kirche. Der Beweis für diese Behauptung war, dass sie nicht nur die Ikone im Zentrum der Kirche küsste. Sie ging ebenfalls hoch zum Altartisch und küsste das Evangelium und das Kreuz.]
2.
Das Lesen der Gebete:
Aber erlaubt den Propheten (=dem Klerus) zu danken so viel sie wollen
(Didahe X, 7)
In der apostolischen Zeit gab es nicht so prunkvolle Zeremonien wie heute. Selbst die Texte wurden noch nicht unifiziert. All das geschah lange Zeit danach. Die ersten Liturgien waren eher Abendessen mit Dankesgebeten und moralisch-theologischen Gebeten. Da waren solche Formen von leisen Gebeten und Kirchenmusik noch fremd. Mit der Zeit änderte sich das. Die Dankesgebeten wurden theologisch umgeschrieben, verfeinert und unifiziert und sie bekamen den Namen Eucharistie Kanon. In der "Blütezeit" der Kirche wurde dieses Dankesgebet höchstwahrscheinlich als ein langes Gebet gelesen. Nach dem Ikonenstreit kam es auch zur liturgischen Reform, welche auch Auswirkung auf unsere heutige Liturgie hatte. Heute wird das Dankgebet (Eucharistie Kanon) durch verschiedene liturgischen Liedern, die der Chor singt übertönt. Dies führt heute dazu, dass man meint die Gebete wären nicht ein ganzes sondern verschiedene, von einander unabhängige. Doch wenn man die Eucharistiekanons liest ohne solche Unterbrechungen, so merkt man, dass sie doch ein gesamtes Gebet darstellen.
Solle man die Gebete laut oder leise lesen?
1. Liest man sie leise während der Chor singt, so hört man den Chor, doch das eigentliche Gebet bleibt unbekannt. Man könne sogar zum falschen Schluss kommen, diese Gebete seien kein Dank und Bitte zur Erlösung an unseren Herren, sondern eine Art Zaubersprüche, welche nur durch einen Priester gesagt werden dürften.
2. Liest man die Gebete laut während auch der Chor singt, so versteht man wahrscheinlich weder das Gebet, noch das Lied. Solch eine ähnliche Situation gab es auch in Russland worauf die Nikon Reformation folgte.
3. Singt man erst das Lied und liest dann das Gebet laut vor, so dauert die Liturgie an sich viel länger. Sowohl Lieder als auch Gebet sind von theologischem Inhalt und erklären dem Gläubigen den Glauben. Dennoch dienen diese Lieder eher dazu die Zeit während der Priester diese Gebete liest zu überbrücken. Auch solch eine Methode teilt also das Gebet an sich.
Was soll man also machen? Egal wie man es macht, es kommt zum gleichen raus. Dennoch muss ich noch mal unseren Bruder Nikolaj zitieren:
Aus missionarischer Sicht kann es also von Vorteil sein, dass der Priester die Gebete laut spricht.
Um nicht noch weiter diese Frage auszuarbeiten mach ich nur ein kurzes Fazit: Die Methode des Lesens ist nicht ausschlaggebend, sondern der Inhalt. Egal ob laut oder leise, gesungen oder gelesen, ... wichtig ist der Inhalt. Dazu muss ich wieder die Didache zitieren:
Wenn zu euch doch einer kommt und so lehrt wie oben beschrieben, so nehmt ihn an. Wenn aber er von dieser Lehre abkommt und euch eine andere Lehre lehrt um (diese Lehre) zu bespotten, so hört ihn euch nicht an
(XI, 1-2)
Es gibt aber noch viele weitere Fragen bei diesen Änderungen, welche wichtiger wären um zu Diskutieren, wie z. B.: Ob man vor der Eucharistie Fasten und die Beichte ablegen muss. Wenn man vor der Eucharistie fasten muss, wie lange? Wie man (körperlich) Fasten muss? u. Ä. Doch auch diese Fragen sind in erster Linie persönliche Fragen zwischen einem Gläubigen und seinem Priester. Man versucht also den asketischen Weg eines Individuum anhand von Regeln zu konzipieren ohne eine Lücke für die persönlichen Eigenschaften und den freiem Willen zu lassen.
Gründe für solch einen Streit in der SOK ist vor allem dadurch zu begründen, dass wir keine autoritären Bücher und Quellen dafür haben (im Gegensatz zu der ROK). Das beste Beispiel ist, dass selbst die Überarbeitung des Typikons vom Aussterben bedroht ist. Über das Original muss ich nicht mal sprechen.
Zu der Frage der Literatur speziell über diesen Streit kann ich dir nur Aufsätze auf der Internetseiten verujem.org (pro), svetosavlje.org (contra) und pouke.org (pro) empfehlen, sowie die Diskussionen zwischen den Bischöfen Jefrem und Atanasije in der SOK Zeitschrift Pravoslavlje. Alle sind jedoch auf serbisch.